Das Jahr neigt sich dem Ende und damit ist es Zeit für Auswertungen. Nach den vorläufigen Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) werden in diesem Jahr die Erneuerbaren gut 55 Prozent des Bruttostromverbrauchs decken. Dies ist eine Steigerung um zwei Prozentpunkte im Vergleich zu 2023, wozu vor allem die Photovoltaik-Anlagen und Offshore-Windparks beitrugen. Der Bruttostromverbrauch stieg dabei im Jahresvergleich von 507,8 auf knapp 512 Milliarden Kilowattstunden leicht an.
Dabei war es ein unterdurchschnittliches Sonnenjahr, wie ZSW und BDEW erklärten. Dennoch sei dank des Photovoltaik-Zubaus ein neuer Erzeugungsrekord der Anlagen von 72 Milliarden Kilowattstunden (2023: 59,8 Milliarden Kilowattstunden) Solarstrom erzielt worden. Der Anteil der Photovoltaik am Bruttostromverbrauch stieg damit im Jahresvergleich von 12 auf 14 Prozent. Dabei habe die Einspeisung der Anlagen zwischen Juni und August diesen Jahres erstmals durchgängig bei mehr als 10 Milliarden Kilowattstunden gelegen. Beim Photovoltaik-Zubau rechnen ZSW und BDEW mit einer neu installierten Leistung von rund 17 Gigawatt in diesem Jahr. 2023 lag der Zubau bei 15,3 Gigawatt.
Die Windkraft an Land bleibt weiterhin die stärkste Energiequelle im deutschen Strommix und erreichte in diesem Jahr 115 Milliarden Kilowattstunde. Dies sei ein Rückgang um knapp drei Prozent gegenüber dem Vorjahr, so die Auswertung von ZSW und BDEW. Besonders im vierten Quartal hätten dabei eher schwache Windbedingungen zu einem deutlichen Rückgang gegenüber dem windreichen Vorjahresquartal geführt.
Allerdings legte die Windkraft auf See deutlich zu und steigerte die Erzeugung um mehr als 11 Prozent auf fast 27 Milliarden Kilowattstunden. Das verbesserte Ergebnis resultiert aus dem Zubau neuer Anlagen sowie einer reduzierten Abregelung bestehender Windparks, so ZSW und BDEW. Auch die Wasserkraft verzeichnete aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in diesem Jahr einen Zuwachs um zehn Prozent. Die Biomasse trug ebenfalls etwas mehr zur Stromerzeugung bei.
„Dass wir mit einem erneuten Rekordwert eine derart hohe Quote erreichen konnten, zeigt, wie erfolgreich der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland verläuft“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Erfreulich ist, dass die Erneuerbaren mittlerweile fast durchgängig mehr als die Hälfte des Stromverbrauchs decken.“ Großen Handlungsbedarf sieht Andreae aber beim weiteren Netzausbau sowie bei Regelungen, um bei einer hohen Erzeugung der Photovoltaik-Anlagen die Einspeisespitzen zu kappen, ohne den Erneuerbaren-Zubau auszubremsen.
Frithjof Staiß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, weißt in seinem Statement auf die große Abhängigkeit bei den Photovoltaik-Komponenten von China hin. „Hier bietet der jüngst im Rahmen des Innovationsfonds von der neuen EU-Kommission veröffentlichte 3,4 Milliarden Euro umfassende Förderaufruf für Projekte in den vom Net Zero Industry Act adressierten Themenschwerpunkten unmittelbar die Chance, mit dem Aufbau von Produktionskapazitäten für die Photovoltaik ebenso wie für Windenergie-Anlagenkomponenten höhere Wertschöpfungsanteile zu generieren und den Industriestandort Deutschland zu stärken. Diese Chance sollte nicht vertan werden“, so Staiß.
Neben den Zahlen der Stromerzeugung aus Erneuerbaren veröffentlichen ZSW und BDEW weitere Daten. So werde der die Erzeugung insgesamt in diesem Jahr nach den vorläufigen Berechnungen bei knapp 489 Milliarden Kilowattstunden liegen und damit 2,4 Prozent niedriger als noch 2023. Die Erneuerbaren trugen dazu 284 Milliarden Kilowattstunden bei und damit mehr als die 269,9 Milliarden Kilowattstunden 2023. Bemisst man den Anteil der Erneuerbaren an der Bruttostromerzeugung, die die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge umfasst, also inklusive exportierter Strommengen, dann stieg dieser von 54 auf gut 58 Prozent binnen Jahresfrist.
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Um mal hier wieder ordentlich Wasser in den Wein zu gießen:
Der Brutto-Stromverbrauch betrug 2017 noch 600 TWh. Wir bejubeln also mehr oder weniger das Wegbrechen der Industrieproduktion, das Co2 wird halt anderswo produziert.
Die Co2-freie Strommenge (Kernkraft + EE) ist in Summe im Vergleich zu den Vorjahren gesunken. Das mag zwar hier in Deutschland niemand hören, aber im Ausland und für das Klima wird so gerechnet.
@Enegetiker
Kernenergie und EE haben von 2019 an zusammen recht genau 50% der Stromerzeugung bedient, schon 2023 haben die EE mit 52% dominiert, nach Abschaltung der Kernkraftwerke.
vg
Heiner Mosch
Ob man die Kernkraftwerke oder die Kohlekraftwerke zuerst abgeschaltet hat, wird aus der Rückschau in ein paar Jahren völlig unerheblich sein. Kernkraftwerke sind wie Braunkohlekraftwerke besonders unflexibel, und wären damit für den Strommarkt, der sich in den nächsten Jahren entwickelt, eine Belastung.
Zur Zeit wird Jahr für Jahr etwa die Jahresstromproduktion eines Viertel-Kernreaktors zugebaut.
Und diese Zubauzahlen sollen noch gesteigert werden, während die letzten KKW längst weg sind.
Christian Lindner nannte Wind und PV mal „Freiheitsenergien“. Da zitiere ich ihn gerne.
Und weil der Energistiker Halbwahrheiten so sehr liebt: Ja, es stimmt, dass Deutschland seit der Abschaltung der letzten KKW zum Netto-Stromimporteur geworden ist. Allerdings nur zur Hälfte wegen des Wegfalls der KKW: Deren Abschaltung hätte nur bewirkt, dass die Stromhandelsbilanz genau ausgeglichen gewesen wäre. Gleichzeitig fuhr Frankreich seine Kernreaktoren wieder hoch und verkaufte den Strom daraus billiger als unsere Kohlekraftwerke produzieren. Ob das Dumpingpreise sind, die von Frankreich bewusst eingesetzt werden, um als Fake-News ausschlachtbare Halbwahrheiten zu produzieren?
Die Zukunft wird jedenfalls erneuerbar sein, ohne Uran aus Niger oder Russland, Gas aus Russland, Öl aus Saudiarabien, etc.
@Heiner Mosch: Man beachte % ist nicht Menge!
Es ist sowieso erbärmlich, das seit der Jahrtausendwende die Co2-freie Strommenge sich kaum gesteigert hat, wenn man bedenkt was für ein irrer Aufwand/Geld dahinter steckt.
Aber wie schon öfters gesagt: Die Deutschen haben zwischen Kohle und Atom gewählt und die Kohle genommen.
@JCW betr. Dumpingpreise von franz. Atomstrom:
EdF is mal wieder pleite,kaum wahrgenommen weil jetzt ein Staatsbetrieb.Investitionen in den neuen EPR (der wievielte …) und seine 3 geplanten Baustellen werden eingefroren:
https://www.journaldunet.com/business/1537439-nucleaire-francais-pourquoi-edf-temporise-sur-ses-investissements/
https://www-journaldunet-com.translate.goog/business/1537439-nucleaire-francais-pourquoi-edf-temporise-sur-ses-investissements/?_x_tr_sl=auto&_x_tr_tl=en&_x_tr_hl=en-US&_x_tr_pto=wapp
Weil dort EE marktfaehig sein duerfen drohen EdF und Total mit Abwanderung nach Deutschland:
https://www.lesechos.fr/industrie-services/energie-environnement/nucleaire-en-attendant-lengagement-de-letat-edf-temporise-sur-ses-nouveaux-reacteurs-2137304
(pay wall)
Ich frag mich wem dann die franz. AKWs gehoeren wenn der Staatsbetrieb EdF nach D abwandert?
@JCW PS
https://montelnews.com/news/1cfd3909-df16-47ad-9bf0-c56f3f5d3745/france-postpones-financing-decision-of-6-new-reactors-report
Quelle natürlich dazu vom statistischen Bundesamt:
https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Energie/Erzeugung/Tabellen/bruttostromerzeugung.html
Es mag zwar niemand hören, aber wir können uns Atomstrom nicht leisten. Wo es hinführt, wenn ein Atomkraftbetreiber verstaatlicht wird sieht man in Frankreich. Nur aus Gründen CO2 zu vermeiden baut niemand mehr eine Technik von vorgestern.
Und weil niemand gerne die Wahrheit hört, wird hier wie in Frankreich die Regierung abgewählt. Dann sitzen die extremen Linken und die extremen Rechten gemeinsam da, und verhindern jede konstruktive Lösung, bis wieder einer kommt, man müsse nur einen Krieg anzetteln, dann wären alle Probleme von heute vergessen.
Ja, 2017 hätten mehr Erneuerbare ausgebaut werden müssen. Warum ein Ministerpräsident wie Söder, der 2017 vehement für die AKW-Abschaltung war, nicht für das Stromvolumen genügend Ersatzkraftwerke in seinem Land baut, ist vollkommen unverständlich. Abgesehen davon sind Ihre Zahlen nicht ganz stimmig. Wenn man den Eigenverbrauch bei Energy-Charts auswählt und bis Ende des Jahres hochrechnet, kommt etwas dieselbe Größenordnung raus. Wenn Sie EU27 wählen, sehen Sie dass der Rest-Europa dieselbe AKW-Strommenge reduziert hat (70 TWh). Erneuerbare aber um 300 TWh gestiegen ist. 2017 hat Deutschland Kohlestrom exportiert, 2024 wird vor allem Erneuerbarer importiert.
Kommse uns nicht mit Fakten 🙂
Aber weil es Leute gibt, die im Artikel die große Linie vermissen: In den ersten 10 Jahren seit Verabschiedung des ersten EEG betrug die jährliche Steigerung der EE-Produktion ca. 1,8%. Der Zubau beschleunigte sich im zweiten Jahrzehnt (in den Merkeljahren!) auf 2,2% pro Jahr. Jetzt sind wir bei etwa 3%. Genau lässt es sich nicht sagen, weil das Wetter auch immer ein Wörtchen mitredet. Besonders die Windproduktion schwankt um +/- 10% pro Jahr. Nach 30 Jahren könnten wir dann 18+22+30=70% Erneuerbar geschafft haben. Das sollte uns doch an Silvester einen Piccolo wert sein, und für 2030 kann man ja schon mal für den Champagner sparen!
Huch – unabhängig von allen Diskussion – ich finde es nicht schön, so etwas zu lesen:
„Milliarden Kilowattstunden“ das ist doch genau eine Terawattstunde und gut ist.
Oder gibt es Gründe für die Verkomplizierung der Einheiten?
Denksport hält fit, Ralf.
Jedem Tierchen sein Blässierchen 😉
Die Diskussion hier über Strom aus Atomkraft ist wirklich weltfremd. Die Gründe, welche gegen AKW angeführt werden, scheinen in vielen Ländern der Welt nicht zu zählen, sonst würden nicht so viele gebaut bzw. geplant. Solarenergie kann nicht für stabile Energieversorgung garantieren, daher ist Atomstrom das Mittel der Wahl, wenn man CO2 Ausstoß verhindern will. Das ist kein grundsätzliches Argument gegen Photovoltaik, als Zusatz ist sie durchaus sinnvoll. In Ägypten oder anderen Ländern nahe des Äquators wird ihr Anteil höher sein, aber in unseren Breiten nicht.
Das Jahr 2024 wird im Artikel als unterdurchschnittliches Sonnenjahr beschrieben. Ist das eine gute Botschaft für den weiteren Ausbau von Photovoltaik? Ich habe Zweifel, denn trotz des unterdurchschnittlichen Sonneneintrags war die Anzahl der Tage mit negativem Strompreis höher als je zuvor. Man kann daraus schließen, dass bei weiterem Ausbau von PVA bereits in naher Zukunft Anlagen abgeregelt werden.
Na und? Jetzt denken Sie mal kreativ und nicht so eindimensional bzw. zweidimensional (These x, Gegenargument Y).
Die Entwicklung der Dinge geschieht auf vielen Ebenen gleichzeitig und unterschiedlich schnell . Und das ist auch gut so.
Schauen Sie z.B. Was mit den Speicherpreisen die letzten 3 Jahre passier ist. Die Zukunft wird super! Danke an die KP und den Fleiß und die Pfiffigkeit der Chinesen. Wir werden noch für unsere Verhältnisse wahre Technikwunder aus dem Land der Mitter erleben die kommenden Jahre inklusive dem Reißen der 30% Effizienzmarke.
Das znd vieles weitere wird alles verändern.
Wir brauchen nur im Tempo der Dinge mitzulaufen und zu staunen, was die Ingenieure aus Fernost uns für technische Wunder bescheren.
Unsere heutigen Selbstbeschäftigungsdiskussionen zB über Flächennutzung oder Attraktivität der Landschaft werden sich 2045 wie ein schnurgebundenes Telefon mit Wählscheibe anfühlen. Anstatt einfach die Chance zu nutzen, haben wir halt lieber uns zu Tode diskutiert, während andere mit 250 Sachen an uns vorbei in die erfolgreichere Zukunft rasen. Machen ist einfach viel geiler als Wollen.
Es gibt keinen Weg zurück zu zentralen „Grundlastkraftwerken“. Der Zug ist abgefahren, nun hilft nur noch mit Vollschub voran überall wo es gerade geht.
Radlcaesar schreibt.
Ich habe Zweifel, denn trotz des unterdurchschnittlichen Sonneneintrags war die Anzahl der Tage mit negativem Strompreis höher als je zuvor. Man kann daraus schließen, dass bei weiterem Ausbau von PVA bereits in naher Zukunft Anlagen abgeregelt werden.
@Radlcaesar
Seit dem 2010 die Erneuerbaren separat an der Börse verramscht werden müssen, können Sie negative Preise an der Börse nicht mehr an der Sonneneinstrahlung festmachen.
An der Börse gibt es nun zwei Möglichkeiten des Verkaufes, Day Ahead und intrady. Nun kommt es drauf an wo sie angeboten werden. Werden die EE Day Ahead dem Vortageshandel prognostizierte verkauft, sind die Fossilen angepasst und negative Preise können lediglich aus Prognoseabweichungen entstehen.Werden sie aber „physisch“ am Tag der Lieferung angeboten, dann werden sie ja zusätzlich angeboten, und entsprechend niedrig oder negativ ist der Preis.
Sie sehen, die EE sind seit 2010 sozusagen Freiwild, man kann mit ihnen nach belieben spielen.
Nicht die Sonne macht negative Preise, sondern die Spieler.. Abregeln tun dann die Schiedrichter bei diesem „Falschenspiel“