Die Corona-Krise kann einerseits mit dem Vorsorge-Gedanken auch den Klimaschutz stärken, andererseits zeigt sie, warum der CO2-Zertifikatehandel und die CO2-Steuer nicht zum Ökostromausbau taugen, so Hans-Josef Fell, ehemaliger Bundestagsabgeordner von Bündnis 90/Die Grünen, Präsident der Energy Watch Group und einer Väter des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes.
Hans-Josef Fell kritisiert, wie die Bundesregierung auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise im Sektor der erneuerbaren Energien reagiert und er erklärt, welche Maßnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Photovoltaik jetzt nötig sind. Das zeigt auch ein kurzer Rückblick auf die Motivation, mir der die Akteure vor 20 Jahren das Erneuerbare-Energien-Gesetz durchgesetzt haben.
Themen im Podcast:
- Was lässt sich daraus lernen, wie vor 20 Jahren das EEG gegen Widerstände durchgesetzt wurde?
- Corona führt zum Konsumverzicht, dieser zu einer Reduktion der Treibhausgase. Doch das ist nicht nachhaltig. Wie nachhaltiger Klimaschutz möglich ist und wie viel Konsumverzicht dafür nötig sein wird.
- Die direkten Folgen der Corona-Krise machen sich schon bemerkbar. Entgegen der eigenen Verlautbarungen der Bunderegierung tut diese nicht alles, um die Folgen für die erneuerbaren-Energien-Branche zu minimieren. Was alles nötig wäre.
- Im Zuge der Corona-Krise sind die CO2-Preise stark gefallen, was erneuerbare Energien im gegenwärtigen System weniger konkurrenzfähig macht. Hans-Josef Fell erläutert, wieso er schon bei der Einführung des Zertifikate-Handels im Bundestag dagegen gestimmt hat.
- Auch der Ölpreis ist stark gefallen und macht die gerade erst verabschiedete CO2-Steuer wirkungslos. Trotzdem sieht Fell in dem gesunkenen Ölpreis eine Chance für die Erneuerbaren. Unter einer Bedingung.
- Die Corona-Krise lehrt, dass Krisen real sein können. Wie das dem Klimaschutz nutzen kann.
- Entgegen auch in der Solarbranche geäußerten Auffassungen sieht Fell auch in der Zukunft eine große Relevanz für das EEG und eine darin festgelegte Einspeisevergütung. Ausschreibungen seien erst für Anlagen größer 40 Megawatt sinnvoll. Er wird bald einen detaillierteren Vorschlag für ein der Zeit angepasstes EEG vorlegen.
Solarwatt ist Initiativpartner für den Podcast. Das Dresdner Unternehmen teilt mit, dass die Produktion von Modulen und Batteriespeichern auch aktuell in der Corona-Krise noch läuft und die Vertriebs-Ansprechpartner erreichbar sind.
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Es ist schon peinlich, wie Fell und Fuhs aneinander vorbeireden: Der erste spricht davon, dass die Ausschreibungen nicht ausgeschöpft werden und zu steigenden Preisen geführt haben, der zweite hält dagegen, sie wären ja immer überzeichnet, und die Preise würden kontinuierlich sinken. Dass der eine von Windausschreibungen redet, der andere von PV-Ausschreibungen: Das wissen natürlich beide, aber der erste hängt an dem vor 20 Jahren erfundenen Konzept der garantierten Einspeisevergütung ohne Mengenbegrenzung, der andere ist Chefredakteur eines Magazins zur Photovoltaik, und die desolate Situation der Windenergiebranche trifft ihn nicht so direkt.
Die Lösung ist natürlich: Eine Situation, wie 2009-2012, als die fehlende Mengenbegrenzung zu einer nicht zu bremsenden Explosion der PV-Installationszahlen geführt hat, wird die Politik nicht nochmal zulassen. Und die Ausschreibungen funktionieren bei der PV recht gut. Sie haben zu einem schnelleren und trotzdem allgemein akzeptierten Absinken der Einspeisevergütungen geführt. Die höheren Kosten, die der Aufwand der Anbieter für die Ausschreibungen bedeutet, schlägt sich nicht sichtbar in den Einspeisevergütungen nieder, und insgesamt haben wir ein flexibles System, das zu marktgerechten Preisen führt. Jedenfalls viel besser, als das System der staatlich festgelegten Einspeisevergütung, das immer wieder zu unnötig hohen Preisen geführt hat, jetzt aber droht, in einen Preisbereich abzugleiten, wo die Einspeisevergütungen nicht mehr kostendeckend sind. Die staatliche Verordnung von Preisen passt in einen totalitären Staat, aber nicht eine freie Marktwirtschaft. Eine solche haben wir zwar auch nicht in jeder Hinsicht (deshalb heißt sie ja „soziale Marktwirtschaft“), aber es herrscht Einigkeit, dass staatliche Eingreifen sich darauf beschränken sollte, dass Ausbeutung verhindert wird, und die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern (Wohnung, Gesundheit, Bildung, Ver- und Entsorgung, Sicherheit) gesichert ist, und im übrigen dem freien Spiel der Kräfte möglichst viel Raum gegeben werden sollte.
Dass die Ausschreibungen auf dem Gebiet der Windenergie nicht funktioniert haben, ist auch unbestritten. Herr Altmaier hat sich rührig gezeigt, und einen Windgipfel einberufen, aber eine Lösung wollte er nicht. Ihm und seinen Lobbyfreunden ist die gegenwärtige Situation, in der die Windbranche in Deutschland niedergerungen wurde, ganz recht. Eine kurzfristige Rückkehr zu einem System mit festen Einspeisevergütungen, das ja beim Wind gut funktioniert hatte, wollte er ebenso wenig, wie ein Ausschreibungsverfahren, das an die besonderen Bedingungen der Windbranche mit langen Planungszeiten und hohen Planungskosten angepasst ist. Stattdessen wird weiter über Erschwernisse (1000m-Regel) nachgedacht, und so wird das auch bleiben, solange diese Parteien, und diese Vertreter am Ruder sind. Und so lange werden wir zu niedrige Installationszahlen und zu hohe Windenergiepreise haben.
@JWC: vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich schätze es sehr, dass Sie sich bei uns so rege und kompetent äußern. In diesem Fall sehe ich das aneinander-vorbei-reden jedoch nicht. Hans-Josef Fell redet im Podcast zwar meist in einem Atemzug von PV und Wind. Er lehnt jedoch auch die Ausschreibungen im Bereich Photovoltaik im Speziellen ab und er erläutert auch wieso. Er ist im Gegensatz zu Ihnen der Auffassung (Ihr 2. Absatz), dass die Preise mit dem Ausschreibungs-Modell nicht stärker gefallen sind als sie mit einem gut durchdachten Modell mit Einspeisetarifen gefallen wären, wie er im Podcast darlegt und auch schon früher in Kommentaren dargelegt hat. Eine der Fragen ist, wie sich die PV-Ausschreibungen entwickeln würden, wenn die Volumen stark vergrößert würden. Das ist der Hintergrund meiner Frage bei Minute 40:44. In deren Anschluss legt er seine Einschätzung bezüglich PV nochmal dar, auch warum er die Ausschreitungen viel mehr für eine Planwirtschaft hält als ein alternatives Vergütungsmodell. Man mag das anders sehen als er und viele Branchenexperten tun das auch. Ich habe vor, in Zukunft die Diskussion mit Hans-Josef Fell und anderen Solar-Branchenexperten zum Thema Ausschreibung und förderfreie Anlagen, deren Rentabilität ja auch vom CO2-Preis abhängt, noch einmal im Detail und noch mit mehr Zeit zu führen.
Es ist sicher eine interessante Frage, ob und wie stark die Preise für die PV wieder steigen, wenn die Ausschreibungsvolumina angehoben werden. Dass man in Deutschland in der Lage ist, die Installationszahlen auch recht kurzfristig auf 8 GW/Jahr hochzufahren, haben wir schon gesehen, wobei auch damals die Kosten stiegen, aber durch die hohen Einspeisevergütungen gedeckt waren. In Zukunft wird bei steigenden Installationszahlen das Kanibalisierungsproblem beim Stromabsatz hinzukommen. Wenn man zu dem alten Einspeisegesetz zurückkehrte, würden die Kosten für die notwendige Abregelung auf die Verbraucher abgewälzt, was die, und die von ihnen zu wählenden Politiker sicher nicht goutieren würden. Alle Lösungsmöglichkeiten des Kanibalisierungsproblems (Abregelung, bedarfsgerechte Produktion z.B. mit Ost-West-Anlagen, Speicherung) werden Geld kosten, und damit wird ist es gar keine Frage, dass in Zukunft die Rationalisierungsgewinne, die noch zu erzielen sind, von diesen Kosten geschmälert werden, und wahrscheinlich gar nicht reichen um zu verhindern, dass die kWh-Preise wieder ansteigen. Ich bin gespannt, was Herr Fell da vorschlagen wird. Ich glaube, dass es weiter möglich sein wird, einen freien Zubau, wie wir ihn bisher bis 750 kWp hatten, zu ermöglichen, und diese Grenze auch anzuheben. Aber insgesamt wird die Politik nicht bereit sein, auf die Möglichkeit der Mengensteuerung, die ihr die Ausschreibungen bieten, wieder zu verzichten. Für Großanlagen ab einer bestimmten Grenze wird es also bei irgendeinem Ausschreibungssystem bleiben. Im Gegenteil: Die Einspeisevergütungen, die da als Auktionsergebnis herauskommen, sollten in Zukunft zeitnah direkt in die garantierten Einspeisevergütungen für die „Klein“anlagen mit nach Größenklasse gestaffelten Aufschlägen eingehen, damit das starre und lebensfremde System der ständigen Degression durch ein marktangepasstes ersetzt wird.
Den freien Zubau in allen Größenklassen konnte man akzeptieren, solange dieser mengenmäßig nicht ins Gewicht fiel. In Zukunft kann und soll der Zubau aber mengenmäßig relevant sein. Dann muss auf einem stark regulierten Markt, wie es der Strommarkt ist, auch geschaut werden, dass nur Investitionen getätigt werden, die sich auch für die Verbraucher rechnen. Der Strommarkt war schon immer von Planwirtschaft geprägt, weil es sich eben um die Deckung eines Grundbedürfnisses handelt. Aber diese Planwirtschaft kann man so oder so ausgestalten. Freier Zubau zu festen Preisen ist für die Erzeugerseite sicher bequemer, hat sich aber für die Verbraucherseite als problematisch herausgestellt in dem Augenblick, in dem die Mengen relevant wurden. Mir erscheint deshalb fester Zubau zu freien Preisen die bessere Lösung.
Etwas fehlt das Thema „gesicherte Leistung“ (welche Anteile an Überkapazitäten, Zwischenspeicherung, Innovation, Netzausbau?) und „sozialer Lastenausgleich für niedrige Einkommen, aufgrund gebündelter Zusatzbelastungen“ (und dazu sollten (PlanerInnen für) nachhaltige EnergieversorgerInnen das eine oder andere Wort übrig haben)?
Der Gebrauchtwagenmarkt für Elektrofahrzeuge wird dazu erst in einigen Jahren für niedrigere Einkommen (notwendige) Mobilität, in ökologisch akzeptabler Weise, zu verminderten Anschaffungskosten, anbieten können. Da sind niedrigere Kraftstoffkosten derzeit ein passender Ausgleich, wenn das Konsumverhalten einfach konstant gehalten wird (aus notwendigerweise wirtschaftlichen Erwägungen). Diese Perspektive gehört zur sozialen Marktwirtschaft und zur Wertebasis unseres Sozialsystems (auch für grüne Politik).
Photovoltaikanlagen der Jahre 2010-2012 wurden auch mit anderen Erwartungen (auch hinsichtlich der beworbenen Rendite und Nachnutzung über den Förderzeitraum) installiert, als Anlagen nach bspw. 2019, welche bereits Aufgaben zur Systemstabilisierung (EU-Verordnung 2016/631, … VDE-AR-N 4110, VDE-AR-N 4120) übernehmen:
bspw.:
-dynamische Netzunterstützung (statische Spannungshaltung)
-(dynamische) Abgabe von Blindleistung
-Wirkleistungsabgabe bei Unterfrequenz