Hamburg/Mannheim 25. Februar 2022 – Das Landgericht Mannheim untersagt den Stadtwerken Pforzheim, von Neukund*innen in der Grund- und Ersatzversorgung höhere Preise zu verlangen. In der am Mittwoch verkündeten Entscheidung (AZ 22 O 3/22 Kart) heißt es, das Stadtwerk „missbrauche seine marktbeherrschende Stellung“.
Schon in der Woche zuvor hatte das Landgericht Frankfurt dem Versorger Mainova die Aufspaltung der Grundversorgung in Bestands- und Neukunden-Tarife untersagt. Beide Verfahren hat LichtBlick angestrengt, um gegen Preiswucher im Strommarkt vorzugehen. Gegen die Stadtwerke Pforzheim ermittelt in der gleichen Sache auch die Landeskartellbehörde Baden-Württemberg.
„Das Landgericht legt den Finger in Wunde. Die Stadtwerke betreiben Preiswucher auf Kosten der Verbraucher*innen und nutzen eine Notlage aus. Ein Preis von 1,08 Euro pro Kilowattstunde ist durch nichts zu rechtfertigen, auch nicht durch die hohen Einkaufspreise für Strom“, erklärt Markus Adam, Chefjurist von LichtBlick.
Im konkreten Fall hatten die Stadtwerke Pforzheim Ende 2021 von Neukund*innen in der Grund- und Ersatzversorgung 107,66 Cent pro Kilowattstunde verlangt – eine Anhebung des Preisniveaus auf 336 Prozent im Vergleich zu Bestandskund*innen. Im Januar hatte der Versorger den Preis dann auf immer noch deutlich überhöhte 55,24 Cent gesenkt, was einem Preisniveau von 173 Prozent entspricht. Die Stadtwerke, so stellt das Gericht nüchtern fest, hätten „nicht glaubhaft gemacht, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt war“.
Das Landgericht Mannheim stellt fest, dass die Grundversorgung generell „wirtschaftlich attraktiv“ sei. Trotzdem hatten hunderte Stadtwerke in den letzten Monaten höhere Neukund*innen-Tarife in der Grundversorgung eingeführt.
Überhöhte Preise für Neukund*innen in der Grund- und Ersatzversorgung behindern laut Gericht jedoch gleich auf zwei Wegen den Wettbewerb: Erstens ermöglichten sie niedrige Bestandskund*innen-Tarife, was den Wettbewerb beschränke. Und zweitens kämen sie einer „faktischen Marktabschottung“ gleich. Denn ein*e Stadtwerke-Kund*in, der oder die grundsätzlich bereit sei, zu einem Wettbewerber zu wechseln, werde abgeschreckt. Schließlich müssen Kund*innen fürchten, selbst die exorbitant hohen Neukund*innen-Preise zahlen zu müssen, sollten sie in Zukunft auf die Grundversorgung angewiesen sein.
„Mit der Preisspaltung missbrauchen aktuell hunderte Stadtwerke ihre ohnehin lukrative Markstellung als regionale Monopolisten und Grundversorger. Es ist höchste Zeit, die Grund- und Ersatzversorgung wettbewerblich zu organisieren“, so Adam.
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