Neun Studierende der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) haben in einem Pilotprojekt eine vertikale Agri-PV-Anlage konstruiert und untersucht – in Kooperation mit Schletter Solar aus Kirchdorf sowie den Energieanbietern E.ON Deutschland und LEW Lechwerke aus Augsburg. Verwendet wurden für das Semesterprojekt bifaciale, also zweiseitige Module. Sie können auch Sonnenlicht, welches auf die Modulrückseite einstrahlt, in Strom umwandeln.
Bei einer vertikalen Agri-PV-Anlage werden diese Module als senkrechte Wand montiert, die in Nord-Südrichtung verläuft. Die eine Modulseite ist dadurch nach Osten ausgerichtet und erzeugt ab früh morgens bis zum späten Vormittag Strom, die Rückseite der Module liefert vom frühen Nachmittag bis abends ihren Beitrag. „In Summe kann eine solche Anlage sogar mehr Strom als eine übliche, nach Süden ausgerichtete Freiflächen-Photovoltaikanlage gleicher Leistung produzieren“, sagt Sigrid del Rio, PV-Projektleiterin bei LEW Lechwerke, die bereits seit letztem Jahr eine Testanlage ähnlicher Bauart betreiben. Thomas Pellkofer, Leiter Solarprojekte bei E.ON Deutschland, fügt hinzu: „Vertikale Agri-PV-Anlagen mit Nord-Süd-Ausrichtung können eine sinnvolle Ergänzung für die Stromversorgung sein, weil sie vor allem morgens und abends Strom erzeugen, während klassische Südsolaranlagen ihr Ertragsmaximum mittags erreichen. Morgens und abends produzierter Sonnenstrom trifft daher auch oft auf eine höhere Nachfrage an der Strombörse.“
Das zeigen auch die Berechnungen der Studierenden, wie Prof. Dr. Peter Weitz, Betreuer der Studierenden an der Technischen Hochschule Ingolstadt, berichtet: „Im Jahresmittel ergeben sich fast zehn Prozent Mehrerlös für den mit dieser Anlage zu Tagesrandzeiten erzeugten Strom. Dieser Mehrerlös wird in der Zukunft durch den geplanten Zubau klassischer PV-Anlagen und dem damit verbundenen größeren Angebot von Solarstrom zur Tagesmitte sogar noch steigen“, ist sich Prof. Dr. Peter Weitz sicher.
Da die Flächen zwischen den Modulreihen weiter landwirtschaftlich genutzt werden können – bevorzugt für Futterwiesen und Weiden, wie die Studierenden herausgefunden haben –, erhalten solche vertikalen Agri-PV-Anlagen durch die EEG-Novelle 2022 auf fast allen landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland eine EEG-Vergütung. „Die ausgeklügelte Konstruktion der Studierenden ist geringfügig teurer als eine übliche Südanlage, auch durch die hohen Windlasten und eine aufwändigere Verkabelung,“ erklärt Dr. Cedrik Zapfe, CTO bei Schletter. Seiner Ansicht nach überkompensiert der höhere Verkaufspreis des Stroms die Mehrkosten deutlich, sodass sich eine bessere Wirtschaftlichkeit ergibt. Schletter Solar wird daher nächstes Jahr die Unterkonstruktion für eine vertikale PV-Anlage im Markt anbieten; die Nachfrage steigt deutlich.
Neben der Wirtschaftlichkeit stand auch der Beitrag zur Energiewende im Fokus des Projektes. Prof. Dr. Peter Weitz zeigt den Zusammenhang auf: „Die Solarstromerzeugungslücke morgens und abends von südausgerichteten PV-Anlagen könnte mit Stromspeicherung geschlossen werden.“ Es ist viel nachhaltiger, Strom zu diesem Zeitpunkt direkt mit vertikalen Agri-PV-Anlagen zu erzeugen; kostbare und teure Speicherkapazitäten werden so für die Nachtstunden reserviert. Eine erfolgreiche Energiewende verlangt auch, Erzeugung und Verbrauch zeitlich anzugleichen. Dies bedeutet Lastverschiebung – wie Elektroautos tagsüber zu laden –, aber ebenso die Verschiebung des Erzeugungszeitpunkts.





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