Stabilität für das Stromnetz 2.0 mit Hightech aus Balingen

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Quo vadis, Energieversorgung? Der Motor der Energiewende scheint ins Stottern geraten. Heute geht es nicht allein um die Frage, wie Erneuerbare Energie produziert werden kann, sondern vor allem um die Diskussion, wie sie in die bestehende Netz-Infrastruktur integriert werden kann. Die clevere Technologie dafür kommt aus Balingen: von PVconcept.

Balingen. Es ist kein Geheimnis, dass regenerative Energien die Netzstabilität vor neue Herausforderungen stellen. Wann wie viel Sonne scheint oder wie stark der Wind bläst, lässt sich von Menschenhand nicht steuern – wohl aber der Aspekt, ob bei einem Überangebot an selbst produziertem Strom die Einspeiseleistung gesenkt oder mit dem Verbrauch in Einklang gebracht werden kann – durch intelligente Steuerungen und Speicher.

PVconcept, beheimatet am Balinger Hauptwasen, beschäftigt sich bereits seit längerem damit, wie das stabile Stromnetz der Zukunft aussehen könnte. Die Firma bietet genau die Lösungen an, die regenerative Energien zum einen weiter voranbringen und zum anderen die Netze stabil halten. „Nach rund zweijähriger Entwicklungszeit präsentiert PVconcept ein durchgängiges High-End-System mit Datenlogger, Interface Portal zur Überwachung und Führung von regenerativen Kraftwerken,“ erläutert Geschäftsführer Rüdiger Vielstern, „die umfangreichen Erfahrungen aus der Projektentwicklung, dem Bau und der Betriebsführung von Solarkraftwerken in Europa sind dabei sehr praxisorientiert mit eingeflossen.“

Was genau bietet PVconcept? Die Technologie erlaubt – ganz allgemein gesprochen – einen tiefen Blick auf den komplexen Betrieb regenerativer Kraftwerke. PVconcept hat es geschafft, dessen extreme Datenmenge so aufzubereiten, dass die Situation blitzschnell erfasst und gut verstanden werden kann. „Unser System ist eine völlige Neuentwicklung mit aktuellster Technologie – frei von Ballast oder Komponenten aus früheren Software-Generationen.“

Die Technik ist leicht und intuitiv bedienbar – man lernt schnell, mit dem System umzugehen. „Auch ein Nicht-Profi muss bei Ausfällen in einer Anlage die Fehler schnell erkennen“, betont Entwickler und Geschäftsführer Rudi Lerch nachdrücklich. Denn: Hier ist Zeit sprichwörtlich Geld.

Mitdem neuen System bietet das Balinger Unternehmen die technischen Voraussetzungen für die so genannte Parkregelung: PV-Kraftwerke ab einer Anlagengröße von 100 KWp müssen laut EEG künftig mit technischen Einrichtungen ausgestattet sein, die es dem Netzbetreiber erlauben, jederzeit die Einspeiseleistung zu drosseln. Das kann zum Beispiel bei Netzüberlastung der Fall sein. Um auch einen optischen Blick auf die Anlagen zu erhalten, gehören zum „Gesamtsystem“ auch High-End-Kamera-Systeme mit so genanntem „Tracking-System“. Diese Technik ist bereits in vielen Anlagen eingebaut – auch in Anlagen, deren Betreiber sich für die Direktvermarktung ihres Stroms entschieden haben. Die Vermarktungsagenturen bekommen so alle für sie notwendigen Signale und Werte und können aus der Ferne bei Bedarf die Anlagen abregeln. Hilfreich sind die neuen Produkte auch, wenn Vorgaben des Netzbetreibers erfüllt werden müssen.

Rudi Lerch sieht seine Firma primär als IT-Unternehmen: „Die Entwicklung von Hard- und Software bildet schließlich den Schwerpunkt unserer Arbeit.“ Der Unternehmensfokus liegt dabei auf der Technik zur Betriebsführung, Steuerung und Überwachung von PV-Anlagen in Deutschland, Europa und der ganzen Welt, die größer als 1 MWp sind. Die Anzahl der regenerativen Kraftwerke in diesem Leistungsbereich ist überschaubar – sowohl was den Bestand angeht als auch beim Zubau. „Wir machen nicht durch hohe Stückzahlen von uns reden, sondern eher durch hohe Zuverlässigkeit unserer Systeme, denn es geht um die Absicherung der Wirtschaftlichkeit großer Investitionen.“

Ein Hauptthema im Unternehmensalltag sind für PVconcpet die unterschiedlichen Standards, die die großen Energie­versorgungs­unternehmen bis heute bieten. „Von einem europaweit standardisierten Stromnetz sind wir Lichtjahre entfernt“, kritisiert Geschäftsführer Rüdiger Vielstern. Viele Energieversorger arbeiteten je nach Standort mit völlig unterschiedlichen Technologien und Schnittstellen –bzw. Protokollen und das innerhalb ihres eigenen Versorgungsgebiets. Genau dieser Umstand ist es, der PVconcept regelmäßig vor große Herausforderungen stellt. Bevor ein regeneratives Kraftwerk ans Netz gehen kann, muss das Balinger Unternehmen umfangreiche Anpassungsarbeiten vornehmen – um eben diese verschiedenen Systeme in Einklang zu bringen. „Dafür ist ein großer Erfahrungsschatz notwendig“, betont Vielstern. Ein Erfahrungsschatz, den sein Team seit jeher mitbringt. Die Mitarbeiter kennen die Photovoltaik-Branche von Beginn an, und die meisten Kollegen waren bereits am Bau großer Freiland-Parks in ganz Europa beteiligt.

PVconcept setzt nicht allein auf den PV-Zubau, sondern auch auf die Optimierung bestehender Kraftwerke und eine clevere Speichertechnologie für regenerativen Strom: „Diese halten die Netze ebenfalls stabil“, sagt Rudi Lerch. PVconcept, so verrät er, arbeite momentan an einer Regeltechnik für Energiespeicherung: „Zielgruppe sind Unternehmen, die ihren Spitzenstrom-Verbrauch bzw. ihren kompletten Stromverbrauch mit eigenem Strom abfedern wollen.“

Oberbürgermeister Reitemann, der das Unternehmen diese Woche besuchte, zeigte sich von einer Sache besonders begeistert: Ein größeres Projekt im Zollernalbkreis, das in wenigen Monaten begonnen werden soll. Der dort gewonnene Strom soll direkt vermarktet werden – ohne EEG-Einspeisevergütung. Auch Speichertechnologie im Megawattstunden-Bereich soll zum Einsatz kommen. „Das wird ein Projekt mit Leuchtturm-Charakter!“