Die Leipziger Stadtwerke haben jetzt gemeinsam mit 50Hertz eine Power-to-Heat-Anlage (PtH) im Heizwerk Nord-Ost in Betrieb genommen. 50Hertz investierte dafür rund vier Millionen Euro. Die Power-to-Heat-Anlage hat eine elektrische Leistung von zehn Megawatt (MW), was der Leistung von etwa 1.000 Einfamilienhaus-Heizungen entspricht. Es handelt sich um die inzwischen achte PtH-Anlage, die in Kooperation mit 50Hertz installiert und in Betrieb genommen wurde.
„Mit dem Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien wird es immer häufiger Zeiten geben, in denen, abhängig von Sonnenschein und Wind, elektrische Energie im Überfluss entsteht und nicht vollständig über die Stromnetze abtransportiert werden kann“, sagt Karsten Rogall, Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke. „Genau hier setzt Power-to-Heat an: Anstatt Windkraft- oder Photovoltaikanlagen abzuregeln und die Potenziale verpuffen zu lassen, produzieren wir grüne Fernwärme aus diesen Überschüssen.“ Dadurch können im Gegenzug wärmeerzeugende Kraftwerke wie das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in der Eutritzscher Straße herunterregelt werden, so Rogall weiter. Kurzum: Die Leipziger Stadtwerke nutzen grünen Strom, um klimaschädliches Gas zu sparen.
„Power-to-Heat-Anlagen nach dem Prinzip ‚Nutzen statt Abregeln‘ wie jetzt bei den Leipziger Stadtwerken können zweierlei bewirken: Das Potenzial der Erneuerbaren Energien besser ausschöpfen und Engpässe im Stromnetz entschärfen. Unsere 50Hertz-Systemführung bei Berlin kann die PtH-Anlage im Leipziger Norden zukünftig gemeinsam mit dem Kraftwerk in der Eutritzscher Straße über die Leitstelle der Leipziger Stadtwerke für das sogenannte Engpassmanagement einsetzen. Das entlastet das Stromnetz doppelt – durch zusätzlichen Stromverbrauch in der Power-to-Heat-Anlage und gleichzeitig geringere Strom- und Wärmeproduktion im Kraftwerk. Der mitteldeutsche Raum bietet für dieses Konzept gute Voraussetzungen, weil es hier ein hohes Aufkommen an Windstrom und inzwischen auch große Freiflächensolaranlagen gibt“, sagt Dr. Dirk Biermann, Chief Operations Officer (COO) von 50Hertz.
Erste Anlage in Leipzig: Wie funktioniert Power-to-Heat?
Die Erzeugung von Wärme in einer PtH-Anlage ist vergleichbar mit dem Prinzip eines Tauchsieders beziehungsweise Wasserkochers – nur im XXL-Format. In einem großen Behälter befinden sich elektrische Heizstäbe, die von Wasser umströmt werden. Diese Heizstäbe können bei Bedarf eingeschaltet werden und erhitzen das Wasser mit Strom aus Erneuerbaren Energien, die zu diesem Zeitpunkt mehr Strom erzeugen als im Stromnetz abtransportiert werden kann. Der Wirkungsgrad dieser Heizstäbe ist sehr hoch. Fast die gesamte elektrische Energie wird in Wärmeenergie umgewandelt.
Da Wärmeerzeugung und Wärmeverbrauch zeitlich nicht immer deckungsgleich sind, kann das erhitzte Wasser in den beiden Wärmespeichern der Leipziger Stadtwerke zwischengespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt in das Fernwärmenetz eingespeist werden.
„Vor 20 Jahren hätte niemand einen Pfifferling auf diese Idee gegeben“, sagt Stadtwerke-Projektleiter Thomas Walther. Doch die Zeiten haben sich geändert. Dass man sich wieder auf Altbewährtes besinne, sei vernünftig und nachhaltig zugleich. „Da durch den Einsatz von Power-to-Heat-Anlagen der Verbrauch fossiler Brennstoffe für Heizwecke reduziert werden kann, wird diese Technologie in Zukunft eine zunehmende Rolle in der Leipziger Wärmeversorgung und bei der Verwirklichung der Leipziger Klimaziele spielen. Schon heute planen wir eine zweite, 60 Megawatt starke Power-to-Heat-Anlage an unserem Kraftwerksstandort im Zentrum-Nord“, sagt Walther.
Hintergrund-Information:
Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden 2023 in Deutschland rund 10.000 Gigawattstunden Strom aus Erneuerbaren Energien abgeregelt, um Engpässe im Stromnetz zu vermeiden. Dabei konnten 96 Prozent der Gesamterzeugung aus Erneuerbaren Energien über die Stromnetze zu den Verbrauchern transportiert werden. Vier Prozent der potenziellen Erzeugung gingen jedoch verloren, weil die Netze aktuell dafür nicht ausreichen. Deshalb ist das Speichern von entscheidender Bedeutung. Zudem sollen der Ausbau der Stromnetze, die Sektorenkopplung (Nutzung von überschüssigem Strom zur Erzeugung von Wärme oder zur Elektrifizierung von Verkehrsmitteln) sowie Nachfrage-Management (planbare Industrieprozesse werden dann umgesetzt, wenn viel Strom im Netz ist) in Zukunft weniger Abregeln bewirken.
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