Mehrfamilienhäuser mit Ladeinfrastruktur deutlich unterversorgt

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Der Aufbau von Ladeinfrastruktur in Deutschland kommt gut voran, allein im Segment der Mehrfamilienhäuser steckt der Umbau für die Elektromobilität fest. Während Nutzende von eFahrzeugen immer mehr Lademöglichkeiten an Autobahnen, bei ihren Arbeitgebern oder auf Kundenparkplätzen vorfinden, gibt es in Mehrfamilienhäusern kaum Zuwachs. Damit wird der Hochlauf der Elektromobilität besonders in den städtischen Gebieten deutlich gebremst.

Stuttgart, 03.01.2025. In Deutschland wird das Elektrofahrzeug überwiegend zu Hause geladen: Rund 80% laden zuhause. 85% von ihnen laden an einer Wallbox, 14% an einer normalen Steckdose. Auf Platz zwei der genutzten Ladeorte folgen Lademöglichkeiten an Autobahnen und Schnellstraßen (63%). Danach werden Arbeitgeberparkplätze, Kundenparkplätze und öffentliche Normallademöglichkeiten von etwa gleich vielen EAuto-Fahrenden angesteuert (jeweils 35%). Schnelllade-Hubs in innerstädtischen Bereichen werden nur von 22% genutzt.

Das Ladeverhalten orientiert sich dabei nicht nur an den tatsächlichen Bedürfnissen, sondern auch an der vorhandenen Ladeinfrastruktur. Wie die Umfragen des Marktforschungsunternehmens USCALE aus Stuttgart zu den Ladegewohnheiten zeigen, ist das Bedürfnis nach flächendeckender Infrastruktur weiter gestiegen. Besonders bei Neueinsteigern in die Elektromobilität wächst die Sorge, bei Bedarf keine verfügbare Ladesäule zu finden. Anbieter sind also gefordert, die Verfügbarkeit und die Zuverlässigkeit der öffentlichen Ladeinfrastruktur weiter zu verbessern.

Beim Ausbau von Lademöglichkeiten bleiben Mehrfamilienhäuser deutlich hinter den Bedarfen zurück. Während eAuto-Fahrende, die im Einfamilienhaus wohnen, zu 90% zuhause laden können, ist dieser Anteil bei eAuto-Fahrenden im Mehrfamilienhaus im letzten Jahr nur von 53% auf 55% gestiegen. So wundert es nicht, dass auch der Anteil der Elektroauto-Besitzer, die in Mehrfamilienhäusern wohnen, nicht gewachsen ist.

Ursache für den schleppenden Ausbau in Mehrfamilienhäusern ist die häufig komplizierte Abstimmung unter den Eigentümern. „Gerade in Wohnungseigentümergemeinschaften ist es schwer, dass sich alle Eigentümer von Beginn an auf eine skalierbare Lösung für Ladetechnik einigen“, kommentiert Studienleiter Dr. Axel Sprenger die Lage. „Es gibt quasi keine Lösung, die sich schrittweise ausbauen lässt, ohne zu Beginn Kosten für Noch-nicht-EV-Fahrer erzeugen. Eine schnelle Lösung ist hier nicht in Sicht.“, so Sprenger.

Eine deutlich bessere Situation ergibt sich zum Laden beim Arbeitgeber. Neueinsteiger bestätigen gestiegene Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz. Das Laden beim Arbeitgeber ist nicht nur praktisch, sondern auch finanziell attraktiv. 48% der Arbeitgeber mit Ladeangebot übernehmen die Ladekosten komplett. Bei Privatwagen übernehmen immerhin 46% die Ladekosten. Wenn Arbeitnehmer für den Strom bezahlen müssen, liegen die abgerechneten Preise häufig unter denen des eigenen Hausstroms und sind somit besonders vorteilhaft.

Sehr attraktiv ist weiterhin das Laden im Einzelhandel. eAuto-Fahrer beklagen jedoch eine hohe Auslastung und in Folge geringe Verfügbarkeit. Für Anbieter lohnt sich also die Investition in Lademöglichkeiten an Supermärkten, Einkaufszentren und anderen Einzelhandelsstandorten.

Grundsätzlich bewerten die Marktbeobachter die Situation für Anbieter von Ladeinfrastruktur als anspruchsvoll. Ihre Situation ist wirtschaftlich angespannt, da der Verkauf von eAutos langsamer steigt als angenommen. Damit bleibt die Auslastung hinter den Erwartungen zurück. Der Kampf um Ladekunden wird damit härter und bedarf größerer Anstrengungen.

Ein interessantes Detail: Rund ein Viertel der Menschen, die sich ein eAuto anschaffen, wechseln mit dem Kauf des Fahrzeugs den Hausstromanbieter. Der Antriebswechsel wird für die großen Versorger und Stadtwerke also zu einem kritischen Moment in der Kundenbindung.

Für die hat USCALE zwischen Juli und September 2024 2.986 eAuto-Fahrende in Deutschland ausführlich zu ihren Nutzungsgewohnheiten, ihren Erfahrungen und ihren Präferenzen beim Laden zuhause, im öffentlichen Raum, im Einzelhandel und bei ihren Arbeitgebern befragt und jetzt ausgewertet.