Berlin/Kassel, 30. Oktober 2013. Schon vor einigen Jahren wurde mit dem ersten Kombikraftwerks-Projekt gezeigt, dass die Erneuerbaren Energien den Strombedarf Deutschlands in einigen Jahrzehnten jederzeit vollständig decken können. Die Ergebnisse des Folgeprojekts Kombikraftwerk 2 belegen nun, dass auch die Netzstabilität in einer vollständig erneuerbaren Stromversorgung sicher gestellt werden kann. Das könnte etwa Mitte des Jahrhunderts den Einsatz konventioneller Energieträger überflüssig machen, wenn das System technisch und regulatorisch entsprechend weiterentwickelt wird.
Am heutigen Mittwoch haben die Projektpartner des Forschungsvorhabens Kombikraftwerk 2 in Berlin erste Ergebnisse ihrer dreijährigen Arbeit der Öffentlichkeit präsentiert. Ein live übertragener Feldtest, bei dem mehrere Windparks, Biogas- und Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von über 80 MW zu einem Kombikraftwerk zusammengeschlossen wurden, demonstrierte, wie ein Verbund aus Erneuerbare-Energien-Anlagen schon heute Regelleistung bereitstellen und so einen wichtigen Beitrag zur Stabilität der Stromversorgung liefern können. Auf Grundlage eines eigens entwickelten, räumlich hochaufgelösten Zukunftsszenarios haben die Forschungspartner aus Wissenschaft und Industrie zudem gezeigt, dass die Netzstabilität in einem angepassten Stromversorgungssystem mit 100% erneuerbaren Energiequellen gewährleistet werden kann.
„Wenn in Zukunft Erneuerbare Energien in Kombikraftwerken verknüpft und gesteuert werden, können sie zusammen mit Speichern jederzeit den Bedarf decken und für eine stabile Frequenz und Spannung im Netz sorgen“ stellt Dr. Kurt Rohrig, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer IWES als wichtigstes Ergebnis des Projektes Kombikraftwerk 2 heraus. Im aktuellen Kombikraftwerk 2 werden reale Erneuerbare-Energien- Anlagen zentral von einer Leitwarte aus gesteuert. Durch ständige Online-Leistungsmessungen und eine exakte Wetterprognose können die zu erwartenden Leistungen in den kommenden Minuten und Stunden sehr genau abgeschätzt und so noch entsprechende Reserven für die Bereitstellung von Regelenergie beim Fahrplan einkalkuliert werden.
Der heutige Feldtest demonstrierte das unter realen Bedingungen: Nachdem zunächst ein vorgegebenes Signal abgefahren wurde, das höchste Ansprüche an die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Einspeisung stellt, mussten sich die Anlagen am Schluss des Feldtests einem realen Abrufsignal anpassen und entsprechend der momentanen Frequenz-Situation im Netz Regelleistung bereitstellen. „Unser Test hat nicht nur gezeigt, dass die Erneuerbaren Energien die nötigen Anforderungen zur Regelleistungsbereitstellung erfüllen, sondern dass diese mit einer Anpassungszeit von wenigen Sekunden auch deutlich schneller reagieren als die konventionellen Kraftwerke“, freut sich Kaspar Knorr, Projektleiter des Kombikraftwerk 2. „Damit die Erneuerbaren ihre Systemverantwortung besser wahrnehmen können, sollten sie auch am Regelenergiemarkt teilnehmen können. Dafür müssten die Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden“, so Knorr weiter.
In Ergänzung des Feldtests modellierten die Wissenschaftler ein sehr hoch aufgelöstes 100%-Szenario, welches mit den stundengenauen Wetterdaten eines realen Referenzjahres durchgespielt wurde. So konnten genaue Einblicke in die räumlichen Auswirkungen von Stromerzeugung und -transport zu jeder Stunde des Jahres erlangt werden und die dafür notwendigen Systemdienstleistungen erfasst werden. Die komplexen Berechnungen, die als Videoanimation auf der Webseite www.kombikraftwerk.de zu sehen sind, zeigen, dass der derzeit hohe Grad an Versorgungssicherheit im deutschen Stromnetz in einigen Jahrzehnten auch rein auf Basis Erneuerbarer Energiequellen erreicht werden kann. „Die modernen Technologien erlauben bei einer sinnvollen Anpassung der Rahmenbedingungen zur Markt- und Systemintegration einen umfassenden Handlungsspielraum“, fasst Knorr die Ergebnisse zusammen. „Als Lohn einer richtig gestalteten Energiewende winkt eine saubere und stabile Stromversorgung.“
Hintergrund
Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt „Kombikraftwerk 2“ untersucht, wie ein rein regeneratives Stromsystem funktionieren könnte und welchen Bedarf es an Systemdienstleistungen geben wird. Zugleich werden Möglichkeiten erforscht, wie Erneuerbare-Energien-Anlagen diese zur Netzstabilität notwenigen Dienstleistungen erbringen können und die Lösungsansätze an realen Anlagen untersucht. Die Partner des Konsortiums sind: CUBE Engineering GmbH, Deutscher Wetterdienst, ENERCON GmbH, Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES), ÖKOBIT GmbH, Fachgebiet Elektrische Energieversorgung der Leibniz Universität Hannover, Siemens AG, SMA Solar Technology AG, SolarWorld AG und die Agentur für Erneuerbare Energien. Das Projekt wird vom Bundesumweltministerium gefördert und baut auf dem schon 2007 begonnenen Projekt Kombikraftwerk 1 auf, in welchem unter anderem die Machbarkeit einer vollständig auf regenerativen Quellen aufbauenden Stromversorgung demonstriert wurde.
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