Drei zu eins: Mehr Worte braucht es für viele nicht, um den Vorteil einer Wärmepumpe gegenüber einer Infrarotheizung zu benennen. Wenn eine Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom drei Kilowattstunden Wärme erzeuge, dann müsse sie besser sein als eine Infrarotheizung, die bei dem gleichen Energieeinsatz eine Kilowattstunde Wärme produziere, so die Argumentation. Andere Faktoren wie die Investitions- und Folgekosten beider Heizungsarten werden nicht berücksichtigt; dabei gibt es hier große Unterschiede. Prof. Dipl.-Ing. Timo Leukefeld, international anerkannter Energieexperte und Planer von Energiekonzepten für weitgehend energieautarke Gebäude, hat dies zum Anlass genommen, einen Blick auf die Gesamtwirtschaftlichkeit zu werfen. Das Ergebnis des Kostenvergleichs eines Luft-Wasser-Wärmepumpen-Systems mit einem Infrarotheizsystem – mit und ohne Photovoltaikanlage und Batteriespeicher – für ein neues Einfamilienhaus lautet: Der geringere Energieverbrauch der Wärmepumpe kann die niedrigeren Anschaffungs- und Folgekosten einer Infrarotheizung in dem Betrachtungszeitraum von 30 Jahren nicht wettmachen. In der Gesamtkostenbetrachtung ist die Infrarotheizung vorteilhafter.
Die Berechnungen wurden für ein neu zu errichtendes Einfamilienhaus mit KfW-Effizienzhaus Standard 55 und 150 Quadratmetern Wohnfläche für vier Bewohner vorgenommen. Der nach dem Gebäudeenergiegesetz gerechnete Heizwärmebedarf liegt bei 30 kWh/(m*a). Für Warmwasser hat Leukefeld 35 Liter pro Person und Tag bei 50°C Zapftemperatur veranschlagt, für Haushaltsstrom 4.000 kWh/a, wobei der Strombedarf für das Infrarotheizsystem gesondert ausgewiesen wird. Mobilität (Benzin / Elektromobilität) ist mit 15.000 Kilometer pro Jahr inkludiert.
Jahresarbeitszahlen aus Feldtests als Grundlage
Die Untersuchung sollte so realitätsnah wie möglich sein. Deshalb hat Leukefeld in den dynamischen Gebäudesimulationen nicht mit idealen Laborwerten, sondern mit Ergebnissen von Feldtests gearbeitet. Hierzu wurden drei Feldstudien ausgewertet.
Im breit angelegten Feldtest des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP „Energieeffizienz elektrisch angetriebener Wärmepumpen – Praxisergebnisse aus dem Monitoring“ (IBP-Mitteilung 549; 2017) kommen die Autoren bei 37 untersuchten Anlagen auf eine durchschnittlich gemessene Jahresarbeitszahl für Luft-Wärmepumpen von 2,2 im Bilanzraum 3 und 2,6 im Bilanzraum 2.
In dem Projekt „Wärmepumpen in Bestandsgebäuden – Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt WP-smart im Bestand“ untersuchten die Forscher des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE 56 Anlagen im Feldtest. In dem Abschlussbericht beziffern sie bei einer Änderung des Bilanzkreises die durchschnittlich gemessene Jahresarbeitszahl für Luft-Wärmepumpen mit 3,1 im Bilanzraum AZ 3, allerdings ohne die Verluste im Heizraum. Wichtigste Quelle für die Simulation von Leukefeld ist der Feldtest Wärmepumpen mit dem Titel „Wärme aus der Umwelt auch gut für die Umwelt?“, eine siebenjährige Praxisuntersuchung der Lokalen Agenda 21 – Gruppe Energie der Stadt Lahr im Schwarzwald (2014). Darin wurde eine Jahresarbeitszahl von 2,8 für die Luft-Wasser-Wärmepumpen im realen Betrieb ermittelt.
Anschaffungskosten: 33.000 Euro Differenz
Für die Preise des Luft-Wärmepumpen-Systems holte Leukefeld fünf Angebote ein. Preise für Infrarotheizsysteme holt er im Rahmen der Planung von Energiekonzepten laufend ein. Beide Systeme wurden nach Norm auf den Heizwärmebedarf ausgelegt.
Der Durchschnittspreis für das Wärmepumpensystem für die Heizung und Warmwasserbereitung liegt bei 45.000 Euro brutto. Der Betrag beinhaltet die Außen- und Inneneinheit der Wärmepumpe, eine Fußbodenheizung mit Zubehör, Heizkreisverteiler, Pumpen, Rohre, Warmwasserspeicher, Zirkulationspumpe und Leitungen, Mauerdurchführung und Fundament für die Außeneinheit der Wärmepumpe, Komplettmontage sowie 19 Prozent Mehrwertsteuer.
Für die Decken-Infrarotheizungen und einen elektrischen Warmwasserboiler (Autarkie-Boiler) fallen 12.000 Euro brutto an. Dieser Preis beinhaltet die Infrarotheizgeräte mit Komplettmontage sowie 19 Prozent Mehrwertsteuer.
So ergibt sich in beiden Varianten eine Differenz in den Anschaffungskosten für die Heizsysteme von 33.000 Euro brutto. Fördergelder wurde nicht berücksichtigt, da es aktuell keine Förderung für den Einbau von Wärmepumpen im Neubau gibt.
Für die Betrachtung mit Photovoltaik und Batteriespeichersystem legt Leukefeld eine Photovoltaikanlage mit 10 Kilowatt Leistung und einen Batteriespeicher mit 10 Kilowattstunden Speicherkapazität zugrunde. Hierfür veranschlagt er 15.000 Euro netto, inklusive der schlüsselfertigen Montage. Auf Photovoltaikanlagen wird aktuell keine Umsatzsteuer erhoben.
Bei den Berechnungen der laufenden Kosten bezieht Leukefeld auch die Kosten für extern bezogenen Strom (aktuell 0,28 €/kWh brutto) und die aktuelle Einspeisevergütung für Netzeinspeisung ein. Bei der Wärmepumpe geht er davon aus, dass sie nach angenommenen 18 Jahren ausgetauscht werden muss. Bei dem Infrarotheizsystem wird ein Ersatz von zwei Paneelen, dem Autarkie-Boiler und aller Raumthermostate nach 20 Jahren einkalkuliert, für Service, Wartung und Instandhaltung fallen bei diesem System keine Kosten an.
Vergleich von vier Varianten – laufende Gesamtkosten pro Jahr
Vier Varianten betrachtet Leukefeld in seinem Kostenvergleich: ein Luft-Wasser-Wärmepumpen-System und ein Infrarotheizsystem mit elektrischem Warmwasserboiler (Autarkie-Boiler) – beide jeweils mit und ohne Photovoltaikanlage und Batteriespeicher. Für jede Variante werden die Investitionskosten sowie die jährlichen Kosten für Heizung, Warmwasser, Haushaltsstrom, Mobilität und betriebsgebundene Kosten berechnet. Für das Luft-Wasser-Wärmepumpen-System wird eine Jahresarbeitszahl von 2,8 aus den oben erwähnten Feldtests zugrunde gelegt.
Zu den Ergebnissen – zunächst die laufenden Kosten für die Systeme ohne Photovoltaik und Stromspeicher. Für das Luft-Wasser-Wärmepumpen-System fallen laufende Gesamtkosten pro Jahr in Höhe von 4.268 Euro an, für das Infrarotheizsystem und einen elektrischen Warmwasserboiler jährlich 5.010 Euro.
Werden die Wärmeerzeuger mit der Photovoltaikanlage mit 10 kW Leistung und einem Stromspeicher mit 10 kWh Speicherkapazität kombiniert, fallen für die Luft-Wasser-Wärmepumpe nur noch 1.302 Euro pro Jahr an, für die Infrarotheizungen und den Boiler jährlich 1.812 Euro.
Der Vergleich zeigt: Durch den höheren Strombedarf sind die jährlichen Gesamtkosten für das Infrarotheizsystem höher: bei der Variante ohne Photovoltaik beträgt die Differenz zum Wärmepumpensystem 742 Euro pro Jahr, bei der Variante mit Photovoltaik und Speicher 510 Euro. Beim nächsten Rechenschritt ergibt sich jedoch ein anderes Verhältnis.
Statische Amortisation: Infrarotheizsystem deutlich im Vorteil
Leukefeld berechnet nun die statische Amortisation des Wärmepumpensystems im Vergleich zum Infrarotheizsystem, das heißt, wie viele Jahre bräuchte das Wärmepumpensystem, bis sich die 33.000 Mehrkosten für die Anschaffung amortisiert hätten, dies auf Basis der aktuellen Daten.
Bei den Systemen ohne Photovoltaik sind es 44 Jahre (33.000 Euro geteilt durch 742 Euro Mehrkosten), bei den Systemen mit PV und Speicher 65 Jahre (33.000 Euro geteilt durch 510 Euro Mehrkosten).
„Da Wärmepumpen eine Lebensdauer von angenommen 18 Jahren haben, können sie die Mehrkosten im Laufe ihrer Lebenszeit also gar nicht erwirtschaften“, resümiert Leukefeld. „Durch die deutlich niedrigen Anschaffungs- und Folgekosten schneiden Infrarotheizungen in einem neuen Einfamilienhaus mit den heute gültigen Preisen und Stromkosten in der Gesamtbetrachtung deutlich besser ab.“ Dazu kommt, dass die 33.000 Euro, die bei dem Infrarotheizsystem eingespart würden, noch beträchtliche Erträge erwirtschaften können, wenn sie mit Zinsen angelegt werden. Bei einem Zinssatz von 3,5 Prozent zum Beispiel circa 92.000 Euro in 30 Jahren.
„Selbst wenn wir die Jahresarbeitszahl von 2,8 auf 3,5 heben, dann sinkt die statische Amortisation der Wärmepumpe ohne Photovoltaik und Speichersystem von 44 auf 37 Jahre. Berücksichtigen wir zusätzlich eine PV-Anlage und einen Stromspeicher, dann sinkt die statische Amortisation von 65 auf 47 Jahre. Das ist immer noch unvorteilhaft für die Wärmepumpe“, ergänzt Leukefeld.
„Wärmepumpen sind günstiger geworden, Infrarotheizungen auch“
Interessant ist auch die Kostenentwicklung für die Heizungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren. „Die gute Nachricht ist: Wärmepumpen sind wesentlich günstiger geworden. Die schlechte Nachricht: Infrarotheizungen auch“, sagt Leukefeld mit einem Augenzwinkern. „Auch der Strompreis ist wieder gesunken. Je stärker der Strompreis sinkt, desto mehr verbessert sich die Wirtschaftlichkeit des Infrarotheizsystems im Vergleich zum Wärmepumpen-Gesamtsystem.“ Dazu kommt: Wird noch mehr preiswerter Solarstrom eingesetzt, verschlechtert sich die Amortisationszeit des Wärmepumpensystems gegenüber dem Infrarotheizsystem noch weiter. Zudem werden Gebäudehüllen immer besser, die Winter wegen des Klimawandels immer milder, so dass das Heizen mit Neubau immer mehr an Bedeutung verliert.
Graue Energie im Vergleich
Den Kostenvergleich rundet Leukefeld mit einem Blick auf die Graue Energie, also die gesamte Energie von der Herstellung bis zur Entsorgung von Produkten, beider Systeme ab. Auch hier schneidet das Infrarotheizsystem deutlich besser ab. Dies ist unter anderem in der Anzahl der Einzelteile begründet. Ein Wärmepumpensystem mit Wärmeverteilsystem besteht aus deutlich mehr Komponenten als die Infrarotheizungen, die bloß an die Steckdose angeschlossen zu werden brauchen. Dadurch fallen schon in der Herstellung wesentlich mehr CO2-Emissionen für das Wärmepumpensystem an als für das Infrarotheizsystem. Das setzt sich beim Transport fort: Das Wärmepumpensystem muss in einem kleinen Lastkraftwagen angeliefert werden, das Infrarotheizsystem mit dem Warmwasserboiler passt in einen PKW-Kombi. „Es ist fraglich, ob der Rucksack an grauer Energie des Wärmepumpen-Gesamtsystems im Laufe der Lebensdauer überhaupt jemals wieder abgebaut werden kann“, sagt Leukefeld. Das wird stark abhängig sein von der Annahme zum zukünftigen deutschen Strommix. Je „grüner“ der bezogene Strom wird, desto schwieriger wird es für die Wärmepumpe, den Rucksack abzusetzen.
Als Fazit hält er fest: „Viele schauen nur auf die Effizienz, betrachten aber nicht das gesamte Aufwand-Nutzen-Verhältnis inklusive der Lebensdauer von Komponenten mit dem nötigen Ersatz oder die Folgekosten für Wartung und Instandhaltung. Wir hoffen, dass wir mit unserem Kostenvergleich zeigen können, dass es ratsam ist, die Gesamtkosten zu betrachten. Im Neubau sind Infrarotheizungen vor allem in Kombination mit Photovoltaikanlagen wirtschaftlich und ökologisch nicht zu toppen.“
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