Wer in einem bestehenden Wohnhaus nicht schnell auf eine Wärmepumpe umsteigen kann – sei es aus Gründen von Lieferschwierigkeiten, zu hoher Investitionskosten oder Zeitmangel des Installateurs – kann im ersten Schritt eine Infrarotheizung nutzen, um kurzfristig fossile Brennstoffe einzusparen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann der Hausbesitzer dann anstelle der alten wasserführenden Heizung eine Wärmepumpe mit kleinerer Leistung einbauen lassen und diese zusammen mit dem Infrarotheizsystem betreiben.
Bei dieser Vorgehensweise, die laut einer heute veröffentlichten Studie der Technischen Universität Dresden technisch machbar ist, reduziert der Hausbesitzer zunächst die Systemtemperatur (Vorlauftemperatur) der bestehenden Gasheizung und deckt so nur noch die Grundlast im Wohnhaus. Höheren Wärmbedarf – die sogenannten Spitzenlasten – kann er mit schnell reagierenden Infrarotheizungen decken. Dadurch sinkt der Verbrauch von fossilen Brennstoffen, während es im Haus gleichbleibend behaglich bleibt, ohne dass teure und aufwändige Sanierungsmaßnahmen wie neue Heizkörper, Fenster oder Dämmung der Außenwände nötig sind.
Dieses Vorgehen und der dadurch resultierende Energiebedarf wurden in der Studie „Potenzialbewertung von Infrarotheizungen als Spitzenlastabdeckung“ an der Technischen Universität Dresden am Beispiel eines repräsentativen Einfamilienhauses untersucht. Die Ergebnisse hat Prof. Dr.-Ing. habil. Joachim Seifert, Bereichsleiter Gebäudeenergietechnik am Institut für Energietechnik an der TU Dresden, auf der Konferenz „Die Infrarotheizung im Wohnungsbau“ am 11. Mai 2023 in Würzburg erstmals vorgestellt. „Wärmepumpensysteme in Kombination mit elektrischen Infrarotheizungen stellen eine technologische Option für den Altbaubereich dar. Die Erfüllung der Heizaufgabe und der thermischen Behaglichkeit kann mit dieser Systemkombination gewährleistet werden“, lautet das Fazit des Wissenschaftlers.
Kombination von Infrarotheizung und Wärmepumpe
In der von dem Branchenverband IG Infrarot beauftragten Studie untersuchten die Wissenschaftler der TU Dresden, ob ein vorhandenes wasserführendes Heizsystem mit hohen Vorlauftemperaturen durch die Kombination mit einer Infrarotheizung für den Betrieb mit einer Wärmepumpe mit niedrigen Temperaturen ertüchtigt werden kann.
Um den Gebäudebestand in Deutschland repräsentativ abzubilden, wählte das Team ein Einfamilienhaus mit 160 Quadratmetern beheizter Nutzfläche und einem Wärmedämmstandard nach Wärmeschutzverordnung 95. Die Norm-Heizlast liegt bei 9,2 Kilowatt, die spezifische Heizlast beträgt 57,20 Watt je Quadratmeter. Die Simulation erfolgte mit der gekoppelten Gebäude- und Anlagesimulation TRNSYS-TUD.
In der Simulation hat das Bestandsgebäude einen Gas-Niedertemperaturkessel. Die Wärmeübergabe erfolgt durch Heizkörper. Davon ausgehend, reduzierten die Wissenschaftler die Vorlauftemperatur, um Potenziale der Infrarotheizung bei einer Grundtemperierung mit der bestehenden Gasheizung beziehungsweise den Heizkörpern aufzuzeigen.
Kombination aus ungeregelter Grundbeheizung und geregelter Infrarotheizung
Die Analyse erfolgte in einer Reihenfolge, wie sie in der Praxis bei Hausbesitzern erfolgen kann. Zunächst wird das Gebäude mit der Gasheizung grundtemperiert. Ausgehend von dem Heizsystem mit 70°C Vorlauftemperatur und 55°C Rücklauftemperatur (ϑV/ϑR = 70°C/55°C) wurde die Maximaltemperatur der Heizkurve auf eine Vorlauftemperatur (ϑV) von 40°C abgesenkt und eine Heizkurve von ϑV/ϑR = 40/30 eingestellt. In sieben von zehn Räumen werden die nun ungeregelten Heizkörper fortan durch Infrarotheizungen unterstützt.
Im nächsten Schritt wurde der Niedertemperaturkessel durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe ersetzt. An der Dimensionierung des Wärmeübergabesystems, also der Heizkörper, sowie am Dämmstandard nahmen die Wissenschaftler keine Änderungen vor. Auf dieser Basis wurden anschließend die Varianten verglichen und der benötigte Endenergiebedarf ermittelt. Voraussetzung zu jeder Zeit war, dass Kriterien für die thermische Behaglichkeit während der Nutzungszeiten eingehalten werden. Mit den gewählten Parametern deckt die Infrarotheizung den Nutzenergieaufwand anteilig in einem Bereich von 26 bis 38 Prozent.
Leistungsdefizit kann durch die Infrarotheizung kompensiert werden
„Die Ergebnisse zeigen, dass das entstehende Leistungsdefizit durch die Infrarotheizung kompensiert werden kann“, schreiben die Wissenschaftler der TU Dresden im Fazit der Studie und weiterhin: „Insgesamt zeigt die Studie, dass durch die Ergänzung eines wasserbasierten Heizsystems mit einer Infrarotheizung ein vorhandenes, für höhere Temperaturen ausgelegtes Heizsystem ohne Austausch der Heizflächen mit niedrigen Systemtemperaturen verwendet werden kann und sich somit gut für eine Kombination mit einer Wärmepumpe eignet. Die Analysen haben gezeigt, dass im Vergleich zur Basisvariante die Endenergie um bis zu 62% durch diesen kombinierten Einsatz reduziert werden kann.“ Zwar könne die Deckung der Spitzenlasten bei abgesenkter Grundtemperatur mit unterschiedlichen Systemen erfolgen. „Die Infrarotheizung eignet sich durch die kurzen Reaktionszeiten hierfür jedoch besonders gut.“
Einsparung für Photovoltaikanlage nutzen
Da Infrarotheizungen kostengünstig, verfügbar und in wenigen Stunden installiert sind, kann diese Vorgehensweise kurzfristig und mit niedrigen Investitionskosten von Hausbesitzern umgesetzt werden“, sagt Lars-Henric Voß, 1. Vorsitzender der IG Infrarot Deutschland.
Die Studie zeige, dass auf eine sogenannte tiefe Sanierung der Gebäudehülle und Veränderung des wasserführenden Wärmeübergabesystems verzichtet werden könne. Dies führe zu wesentlich niedrigeren Investitionskosten und somit zu einer geringeren finanziellen Belastung der Hausbesitzer und auch volkswirtschaftlich zu einer Entlastung, da keine Förderung nötig sei. „Das Geld, das so eingespart wird, kann sinnvoll für eine größere Photovoltaikanlage genutzt werden, um noch mehr klimaschonenden Solarstrom zu erzeugen – und das nicht nur für die Raumwärme, sondern auch für den Nutzerstrom, das warme Wasser und E-Mobilität“, ergänzt Dirk Bornhorst, Vorstand der IG Infrarot.
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