Herausforderung: Wann ist bei einer PV Anlage ein Feuerwehrschalter verpflichtend?

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Die Sicherheit von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) ist ein zentrales Thema, insbesondere im Brandfall. Dabei spielen technische Normen und Vorschriften eine entscheidende Rolle. Die DIN VDE 0105-100 regelt die allgemeinen Anforderungen an den Betrieb elektrischer Anlagen, während die Anwendungsregel VDE-AR-E 2100-712 spezifische Vorgaben für die Abschaltung von PV-Anlagen für Rettungskräfte definiert. Ergänzend dazu legt die IEC 60947-3 die Anforderungen an Schaltgeräte und Trennschalter fest, die für eine sichere Abschaltung sorgen. Diese Normen bilden die technische Grundlage für die Entscheidung, wann ein Feuerwehrschalter verpflichtend erforderlich ist.

In Zeiten zunehmender Nutzung erneuerbarer Energien sind Photovoltaik-Anlagen ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Neben ihrem enormen Potenzial zur CO2-Reduktion stehen jedoch auch Sicherheitsaspekte im Fokus. Immer wieder werden Planer von PV Anlagen damit konfrontiert, ob es notwendig ist einen Feuerwehrschalter einzusetzen. Doch wie ist hier die rechtliche Situation? Welche Norm schreibt einen solchen Schalter vor und mit welchen Argumenten kann man den Kunden die Mehrkosten rechtfertigen?

Technische Grundlage

Bei elektrischen Anlagen ist die Möglichkeit des Freischaltens von Geräten und Leitungsstrecken ein essenzieller Bestandteil der Sicherheitsanforderungen. Um das vereinfacht darzustellen betrachten wir die folgende Zeichnung.

Vereinfachte Darstellung Generator - Verbraucher

Abgebildet sind ein Generator und ein angeschlossener Verbraucher. Wo würde der Fachmann hier idealerweise die Freischaltmöglichkeit einbauen?

 

Beispiel 1: Freischalteinrichtung nahe dem Verbraucher

Würde man die Freischalteinrichtung nahe dem Verbraucher platzieren, so wäre bei einer Betätigung des Schalters nur die kurze Strecke zwischen Schalter und Verbraucher spannungsfrei – der lange Leitungsweg zwischen Generator und Schalter bleibt aber unter Spannung. Dies birgt Risiken, insbesondere bei Wartungsarbeiten oder im Notfall.

 

Beispiel 2: Freischalteinrichtung nahe Generator

Die optimale Position für den Freischalter ist daher möglichst nahe beim Generator. Dadurch wird sichergestellt, dass möglichst die gesamte Leitung zwischen Generator und Verbraucher spannungsfrei geschaltet werden kann.

Diese grundlegende Sicherheitsanforderung ist in der DIN VDE 0105-100 beschrieben. Diese Norm regelt die fünf Sicherheitsregeln für Arbeiten an elektrischen Anlagen, darunter auch die Notwendigkeit des Freischaltens spannungsführender Teile. Das die Leitung zwischen Generator und Verbraucher hierzu gehört ist selbstredend und ein unverzichtbares Prinzip.

Die besondere Herausforderung bei PV-Anlagen

Betrachten wir das Ganze nun bei einer PV Anlage, so entspricht der Generator der Photovoltaikanlage (PV-Module). Das bedeutet, dass die gesamte Leitung zwischen den PV-Modulen und dem Verbraucher – typischerweise der Wechselrichter oder die elektrische Verteilung – spannungsfrei geschaltet werden muss, um die Sicherheitsanforderungen gemäß DIN VDE 0105-100 zu erfüllen.

 

Freischalteinrichtung bei PV Anlagen

DIN VDE 0100-712

Für PV-Anlagen existieren eigene Normen, die das Freischalten insbesondere auf der Gleichstromseite (DC) regeln. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die DIN VDE 0100-712, die Anforderungen an die elektrische Sicherheit und Installation von PV-Systemen definiert. Sie fordert, dass auf der Gleichstromseite der PV-Anlage eine Freischaltmöglichkeit vorhanden sein muss, insbesondere für Wartungsarbeiten oder zur Gefahrenabwehr.

Eine besondere Herausforderung stellt nun die DC-Spannung selbst dar. Gleichstrom hat im Gegensatz zu Wechselstrom keinen Nulldurchgang und wird bei einfachem Abschalten sehr schnell einen Lichtbogen erzeugen, welcher besondere Gefahren birgt. Es kann zum Brand kommen, der Schalter „verklebt“ und unterbricht den Stromfluss nicht, Bauteile verschmoren. Das Schalten von Gleichstrom bei PV Anlagen ist daher in der IEC 60947-3 geregelt.

Die meisten Wechselrichter verfügen über einen integrierten DC Freischalter, welcher die IEC 60947-3 erfüllt. Dieser befindet sich aber, wenn der Wechselrichter nicht unmittelbar neben den Modulen verbaut ist, am falschen Ort. Wird der Wechselrichter zum Beispiel im Keller angebracht und die Leitungen gehen durch das gesamte Gebäude, so können diese zum Teil Spannungen bis 1.500 Volt führend, im Brandfall oder auch für Wartungen, nicht freigeschaltet werden! Dies stellt in solchen Situationen eine Gefahr für Leib und Leben dar und ist definitiv zu vermeiden!

Freischaltung zwischen PV Modulen und Wechselrichter nahe Wechselrichter

 

Um auch die Leitung zwischen den PV Modulen und dem Wechselrichter freischalten zu können, muss wie beim Beispiel oben beschrieben der Freischalter nahe dem Generator platziert werden:

 

Freischaltung zwischen PV Modulen und Wechselrichter generatornah

Und genau diesen Aufbau beschreibt die VDE-AR-E 2100-712.

Was steht in der VDE-AR-E 2100-712

Die Anwendungsregel beschreibt klar, wie das Risiko eines elektrischen Schlags z.B. im Brandfall durch den Einsatz von Feuerwehrschaltern zu minimieren, besser auszuschließen ist. Auf Grundlage der hier zuvor beschriebenen Normen und dem klaren technischen Verständnis bezüglich der Applikation und der möglichen Gefahren, wird aufgezeigt, dass PV Anlagen nahe den Modulen eine Sicherungsmöglichkeit aufweisen müssen. Das Schalten erfolgt durch galvanische Trennung oder Kurzschluss, um diese Anwendungsregel zu erfüllen. Zu beachten ist, dass das Abschalten selbst entweder über einen externen, zugänglichen Schalter erfolgen und im Notfall auch durch das Wegschalten der Netzspannung möglich sein muss. Zu beachten ist, dass Schalter im Falle eines Stromausfalls, auch selbständig die Anlage wieder einschalten können sollten, wenn der Strom zurückkehrt und kein Notfall vorliegt.

Die Anwendungsregel stellt letztlich generelle deutschlandweite nur eine Empfehlung dar, einen solchen Schalter einzubauen, wird aber regional oder durch Ausschreibung verpflichtend!

Fazit

Die Kombination geltender Normen, Anwendungsregeln, Stand der Technik und letztlich auch die Verantwortung der Elektrofachkraft und des Anlagenplaners, eine Anlage so sicher als möglich zu errichten, machen den Einsatz eines Feuerwehrschalters bei vielen Konstellationen nahezu unumgänglich. Reicht bei kleinen Anlagen, zum Beispiel im Bereich von privaten Einfamilienhäusern, wahrscheinlich ein einfacher DC Freischalter, oder eine manuell schaltbare PV Sicherung aus, so sind bei großen Aufdachanlagen für den öffentlichen Bereich mit Brandmeldezentrale komplexere Systeme mit externen Schlüsselschalter und gegebenenfalls auch einer Online-Überwachung gefordert. Bei großen Anlagen lassen sich die Feuerwehrschalter meist ganz gut mit dem sowieso notwendigen Überspannungsschutz kombinieren was zur Minimierung der Kosten beitragen kann. Lange DC Leitungen, welche bis zu 1.500 Volt führen, „unabschaltbar“ zu machen ist fahrlässig und man sollte sich als Profi hier auf nichts einlassen!

Autor: Thomas Neumann, Geschäftsführer der Q3 ENERGIE GmbH & Co. KG, ist ein ausgewiesener Experte für Abschalttechnologien im Bereich der Photovoltaik. Bereits seit 2011 entwickelt und vertreibt die Q3 innovative Lösungen, die die Sicherheit von PV-Anlagen erhöhen. Mit mehr als einem Jahrzehnt Erfahrung zählt das Unternehmen zu den Pionieren in der Branche und setzt Maßstäbe für den sicheren Betrieb von Photovoltaikanlagen.