EnWG-Novelle: Stellungnahme zu Energy Sharing und Bürgerbeteiligung

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Das Bündnis Bürgerenergie e.V. (BBEn) hat eine Stellungnahme zu Energy Sharing und Bürgerbeteiligung im Referentenentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eingereicht und veröffentlicht. Positiv hebt das Bündnis Bürgerenergie die Einführung von Energy Sharing hervor, kritische schätzt es die bundesweite Regelung zur Bürgerbeteiligung in der EnWG-Novelle ein. Das BBEn sieht allerdings in der aktuellen Ausgestaltung von Energy Sharing trotz positiver Aspekte nur eine Minimalumsetzung des EU-Rechts, an deren praktischer Umsetzbarkeit und wirtschaftlicher Tragfähigkeit erhebliche Zweifel bestehen. Hinsichtlich Bürgerbeteiligung fordert das BBEn eine deutlich bessere Regelung, die wirkliche Bürgerbeteiligung ermöglicht oder den Verzicht auf eine bundesweite Regelung, damit der Spielraum für Bundesländer erhalten bleibt.

„Ich hätte mir bei Energy Sharing und Bürgerbeteiligung mehr Mut und Entschlossenheit gewünscht. Denn wir brauchen Gesetze, die sich wirklich umsetzen lassen und den Ausbau der erneuerbaren Energien und vor allem der Bürgerenergie voranbringen, statt ihn auszubremsen. Energy Sharing kann die Netze entlasten und Bürgerbeteiligung für Akzeptanz und Beteiligung der Bürger*innen sorgen. Die Bürgerenergie kann damit einen wichtigen Beitrag leisten, die Herausforderungen bei dem Aus- und Umbau der Energieversorgung zu bewältigen. Die Politik muss jedoch angemessene Rahmenbedingen schaffen, unsere Verbesserungsvorschläge zeigen wichtige Aspekte für deren Realisierung auf“, erklärt Malte Zieher, Vorstand des Bündnisses Bürgerenergie e.V. (BBEn).

Das Bündnis Bürgerenergie begrüßt, dass Energy Sharing mit der EnWG-Novelle eingeführt werden soll, bedauernswert ist allerdings, dass es sich hier nur um eine Minimalumsetzung des EU-Rechts handelt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) schreibt in der Gesetzesbegründung des Referentenentwurfs, dass nicht davon auszugehen sei, dass Energy Sharing zu einem Massengeschäft werde. Aus der Perspektive der Bürgerenergie ist Energy Sharing jedoch eine große Chance für die Transformation unseres Energiesystems.

Dennoch enthält der Entwurf etliche positive Ansätze für Energy Sharing, für die sich das Bündnis Bürgerenergie eingesetzt hat: Energy Sharing bleibt kleinen und mittleren Unternehmen vorbehalten, der Wegfall von Lieferantenpflichten ist mit bis 30 kW bei Einzelhaushalten und bis 100 kW für Mehrparteiengebäude gesetzgeberisch ausgeschöpft worden, eine einheitliche, zentrale Internetplattform für den Datenaustausch wird etabliert und auf eine Begrenzung der Teilnehmerzahl oder der Leistung wird verzichtet.

Nachbesserungsbedarf besteht u.a. bei folgenden Punkten: Eine Sonderregelung für Bürgerenergiegesellschaften ist erforderlich, damit sie ausdrücklich als Organisator der Gemeinsamen Energienutzung zugelassen sind und nicht davon ausgeschlossen werden (§ 42c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EnWG). Denn Energy Sharing ist im EU-Recht von Anfang an ein Konzept für Bürgerenergiegemeinschaften. Energy Sharing bleibt zunächst auf ein Bilanzierungsgebiet beschränkt, wir empfehlen jedoch dringend, dass Energy Sharing in Postleitzahlengebieten, die sich ganz oder teilweise im Umkreis von 50 Kilometern um die Gemeinde befinden, in dem sich die Anlage befindet, möglich ist. Zudem sind die Fristen für die Ausweitung auf mehrere Verteilnetzgebiete zu lang (1.6.2028). Eine zentrale Anlaufstelle sowie zentral erarbeitete und bereitgestellte Musterverträge fehlen in dem Entwurf.

Die praktische Umsetzbarkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit von Energy Sharing ist durch den Referentenentwurf leider nicht gesichert. Deshalb fordert das Bündnis Bürgerenergie reduzierte Netzentgelte, wenn Energy Sharing netzentlastend wirkt. Ferner müssen keine Übertragungsnetzentgelte gezahlt werden, weil die Übertragungsnetzebene nicht genutzt wird. Außerdem bekräftigt das Bündnis Bürgerenergie, dass es an seinem Vorschlag zu einer Energy Sharing-Prämie festhält, denn es bleibt unklar, ob Energy Sharing ohne diese Prämie überhaupt wirtschaftlich zu betreiben ist.

Das Bündnis Bürgerenergie begrüßt auch grundsätzlich eine Einführung einer bundesweiten Regelung zur Bürgerbeteiligung – jedoch nicht in der vorgeschlagenen Form. Der Gesetzentwurf sieht faktisch nur Zahlungen von 0,1 Cent pro Kilowattstunde an Bürger*innen im Umkreis von 2,5 Kilometern und keinerlei Mitbestimmung vor.  Zudem wird der Handlungsspielraum der Länder, bessere Regelungen zu schaffen, wie es bereits zum Teil geschehen ist, damit quasi abgeschafft. Deshalb braucht es eine ambitioniertere Bürgerbeteiligung auf Bundesebene, wie sie das Bündnis Bürgerenergie in Zusammenarbeit mit der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV erarbeitet und im Januar 2024 veröffentlicht hat – oder der Bund verzichtet ganz auf eine eigene Regelung und lässt den Bundesländern damit freie Hand, eigene Regelungen umzusetzen.

Das Positionspapier „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung (EnWG-Novelle)“ steht hier zum Download.