Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat in seiner Eröffnungsbilanz deutlich gemacht, dass es neue Instrumente braucht, um erneuerbare Energien schneller auszubauen und Deutschlands Klimaziele zu erreichen. Das Bündnis Bürgerenergie hat mit dem Energy-Sharing-Konzept einen Vorschlag geliefert. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hat nun das Potenzial untersucht, das darin steckt, wenn Bürger*innen über Energy Sharing an der Energiewende beteiligt werden. In ganz Deutschland gibt es der Untersuchung des IÖW zufolge geeignete Standorte, so dass sich mehr als 90 Prozent der Menschen in „Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften“ zusammenschließen könnten.
Die Idee von Energy Sharing: Bürger*innen erzeugen regional ihren eigenen Wind- und Solarstrom, den sie vor Ort in einem Umkreis von 25 Kilometern selbst nutzen. Bei entsprechender politischer Förderung und Anpassung des Marktrahmens können so 42 Prozent des Zubaus erneuerbarer Energien bis 2030 gemäß dem aktuellen Ausbauplan zum Erreichen der Klimaziele durch Bürger*innen getragen werden, so die Studie.
„Wir erleben derzeit, dass sich die teilweise fehlende Akzeptanz für den Ausbau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie zu einem Bremsklotz entwickelt“, so Studienautorin Dr. Astrid Aretz, Energiewendeexpertin am IÖW. „Wir sind überzeugt, dass dies ins Gegenteil gewendet werden kann: Wenn Bürger*innen an der Energiewende selbst teilhaben können, können sie zu einer tragenden Säule für den Ausbau erneuerbarer Energien und damit für den Klimaschutz werden. Wir haben hochgerechnet, dass ein Investitionsvolumen von bis zu 6,5 Milliarden Euro über eine Umsetzung von Energy-Sharing-Konzepten durch Bürger*innen ausgelöst werden könnte.“
Deutschland muss europäisches Recht zur Förderung von Bürgerenergie umsetzen
Die bestehenden Strukturen zur Förderung erneuerbarer Energien sehen Konzepte wie Energy Sharing bislang nicht vor. Dabei gibt es auf europäischer Ebene bereits seit 2018 einen Vorstoß, den Deutschland bislang allerdings noch nicht umgesetzt hat. „Damit Energy Sharing im öffentlichen Stromnetz wirtschaftlich möglich ist, muss der gesetzliche Rahmen nun zügig an das geltende EU-Recht angepasst werden“, fordert auch Co-Autor Jan Wiesenthal. Dann könnten sich Erzeugungs- und Verbrauchsgemeinschaften bilden, die gemeinsam in Anlagen investieren. „Die Gemeinschaften sollten eine angemessene Vergütung erhalten, wenn sie ihren Verbrauch zeitlich und räumlich an die fluktuierende Erzeugung von Wind- und Solarstrom anpassen. Von einem solchen netzdienlichen Verhalten würde das gesamte Energiesystem profitieren“, erklärt Wiesenthal.
Die Wissenschaftler*innen geben in einem aktuellen Politikbriefing Empfehlungen für eine schnelle Verbreitung von Energy Sharing in Deutschland. So sollte es vor allem finanzielle Anreize geben, um Energy-Sharing-Konzepte voranzubringen. Verringerte Stromnebenkosten oder eine Prämienzahlung können dabei unterstützen, wirtschaftlich tragfähige Modelle zu fördern. Auch sollte es für Stromverbrauchende unkompliziert möglich sein, in eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft zu wechseln. Die Politikempfehlung ist im Rahmen einer Potenzialanalyse im Auftrag des Bündnisses Bürgerenergie entstanden.
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