Eaton: 2. Energy Transition Readiness Index – Deutschland bei Energiewende europaweit nur Mittelmaß

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Bonn, 21. September 2021 – Deutschland liegt bei der Energiewende weiter hinter den skandinavischen Spitzenreitern zurück und muss dringend die Flexibilität des Strommarkts durch verschiedene Maßnahmen erhöhen, um seine Klimaziele zu erreichen, so das Ergebnis des zweiten Energy Transition Readiness Index (ETRI). Dieser wird von der britischen Association for Renewable Energy and Clean Technology (REA) in Zusammenarbeit mit dem Energiemanagementunternehmen Eaton veröffentlicht und untersucht in zwölf europäischen Ländern, inwieweit ihre Transformation hin zu einem flexiblen Strommarkt voranschreitet. Auf der Skala von eins bis fünf, wobei fünf der höchste Wert ist, erhält Deutschland lediglich eine drei, während Finnland, Norwegen und Schweden die Spitze bilden.

Deutschland braucht mehr Flexibilität bei erneuerbaren Energieträgern

Insgesamt zeigt der Report, dass Deutschland von allen untersuchten Ländern der größte Strommarkt ist und gleichzeitig auch die höchste Produktionsmenge an Strom aus erneuerbaren Energien in Terrawattstunden (TWh) aufweist. Durch den hohen Bedarf beträgt der Anteil am gesamten Stromverbrauch jedoch nur 41 Prozent. In Norwegen dagegen ist der Bedarf so niedrig, dass dieser durch erneuerbare Energien sogar übertroffen wird.

Mit der letzten Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Dezember 2020 hat die Bundesregierung eine Steigerung des Anteils an „grünem“ Strom auf 65 Prozent bis zum Jahr 2030 als Ziel ausgegeben. Um dieses tatsächlich erreichen zu können, warnt der Report, benötigt Deutschland mehr Flexibilitätsoptionen auf dem Strommarkt. Denn die Stromproduktion der neuen Energiequellen wie auch der Bedarf kann mitunter minütlich schwanken und die Elektrizitätssysteme müssen in der Lage sein, die Leistung entsprechend zu erhöhen oder zu verringern. Energieträger wie Wasserkraft oder Biomasse bieten dafür mehr Flexibilität als Solar- und Windenergie, deren Anteil am Gesamtstromverbrauch allerdings 29 Prozent beträgt.

Das bis 2030 gesteckte Ziel soll in allen untersuchten Ländern jedoch in erster Linie durch die Steigerung der Stromerzeugung aus Solar- und Windressourcen gelingen, Deutschland steht dabei vor der größten Herausforderung: Aus Solar- und Windenergie müssten hierfür zusätzliche 138 TWh an Strom gewonnen werden, was einer Wachstumsrate von 85 Prozent entspricht.

Konsumenten müssen am Strommarkt teilnehmen können

Künftig werden Behind-the-Meter (BTM)-Energieressourcen, durch die Konsumenten in der Lage sind, selbst Teil des Strommarkts zu sein, eine größere Rolle spielen. Dafür muss jedoch der Einsatz dezentraler Flexibilitätstechnologien in Deutschland wesentlich stärker gefördert werden: So verfügen erst 17 Prozent der Bevölkerung über sogenannte Smart Meter, die als Schlüsselkomponente für die Überwachung und Abrechnung dezentraler Flexibilitätsoptionen gelten, wie etwa Solardächer. Nicht nur die skandinavischen Länder, sondern auch Italien und Spanien erreichen dagegen bereits eine nahezu vollständige Durchdringungsrate.

Auch Elektroautos könnten in Zukunft Strom aus ihren Antriebsakkus in das öffentliche Netz zurückführen. Zwar existiert eine große Unterstützung von Seiten der Politik für E-Fahrzeuge, bislang beträgt die Durchdringungsrate in Deutschland jedoch erst 0,6 Prozent und der Anteil von E-Autos bei Neuzulassungen beträgt nur etwa sieben Prozent. Zudem müssen bidirektionale Lademöglichkeiten wie Vehicle-to-Grid (V2G) erst noch geschaffen werden.

Bereits in der ersten Ausgabe des ETRI im letzten Jahr wurde Deutschland ein großer gesellschaftlicher Konsens für die Energiewende bescheinigt, der auch weiterhin besteht. Aber Herausforderungen wie regulatorische Vorgaben bei Smart Metern sorgen noch immer für Unklarheiten und führen dadurch zu Verzögerungen. Auch bei der Teilnahme am Energiemarkt sieht die Studie nach wie vor eine Benachteiligung kleinerer Player, die innovative Ideen für die Energiewende entwickeln. Um größere Fortschritte bei der Transformation des Strommarkts zu erreichen, müsste die Politik Vorhaben zentral angehen, jedoch werden Entscheidungen aufgrund der Verwaltungsstruktur Deutschland häufig auf lokaler Ebene getroffen und unterliegen dabei (kurzfristigen) politischen Interessen.

„Wir sehen, dass der Wille zur Energiewende in Deutschland grundsätzlich existiert, jedoch brauchen wir mehr Flexibilität auf dem Strommarkt, um unsere Ziele zu erreichen,“ erklärt Dirk Kaisers, Segment Leader Distributed Energy Management EMEA bei Eaton. „Das gilt zum einen für die erneuerbaren Energiequellen – Solar- und Windenergie sind sehr stark von den jeweiligen Wetterbedingungen abhängig. Zum anderen müssen wir aber auch mehr Möglichkeiten schaffen, damit die Konsumenten selbst beitragen und Strom in das Netz einspeisen können. Die Politik sollte deshalb die Voraussetzungen schaffen, um Innovationen zu beschleunigen, statt sie durch starke Regulierungen zu bremsen. Nur so können wir eine nachhaltige und flexible Energieinfrastruktur aufbauen.“

Über die Studie

Der Energy Transition Readiness Index der Association for Renewable Energy and Clean Technology (REA) aus Großbritannien in Zusammenarbeit mit Eaton untersucht in zwölf europäischen Ländern (in der ersten Ausgabe noch neun Länder), inwieweit die Transformation ihres Strommarkts fortgeschritten ist, um ihre Klimaziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Dabei werden drei Aspekte untersucht: Sozio-politische Faktoren, der Marktzugang sowie Innovationskraft und technologische Faktoren. Die untersuchten Länder sind: Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und Spanien.

Den vollständigen Report finden Sie hier: www.eaton.de/ETRI.