Wer sich ein neues Auto anschafft, hat die Wahl zwischen unzähligen technischen Konzepten: Benziner oder Diesel (und/oder Elektromotor), Front- oder Heckantrieb, Kombi, Van oder Limousine – die Liste ließe sich lange fortsetzen. Bei der Entscheidungsfindung helfen dem Käufer aber Erfahrungswerte: Dass Sportcoupés nur bedingt familientauglich sind und ein Diesel sich meist nur für Vielfahrer lohnt, sind brauchbare Daumenregeln, die trotz einzelner Ausnahmen durchaus ihre Berechtigung haben.
Zu netzgekoppelten Speichern gibt es solche Erfahrungswerte bislang kaum, an vermeintlichen Daumenregeln herrscht aber dennoch kein Mangel: „DC-gekoppelte Systeme sind energieeffizienter, die dreiphasige Leistungsabgabe ist die technisch bessere Lösung“ – so zwei weit verbreitete Einschätzungen, mit denen der Anlagenplaner unter Umständen völlig danebenliegt. Der beste Schutz vor solchen Fehleinschätzungen besteht darin, die Topologie von Speichersystemen einmal systematisch zu betrachten und einige grundlegende Zusammenhänge zu verstehen.
Vielfalt mal drei
De facto gibt es mindestens drei Bereiche, in denen sich Speichersysteme vom technischen Konzept her unterscheiden können. Zwei davon betreffen die Topologie, der dritte die Batterietechnologie und -auslegung. Bei den Topologien geht es zunächst um den Verknüpfungspunkt des Speichers mit dem häuslichen Stromnetz: Die DC-Kopplung bindet ihn noch vor der Wechselrichterbrücke im Gleichstrom-Zwischenkreis ein, zwischengespeicherter und direkt genutzter Solarstrom „teilen“ sich also den gleichen Wechselrichter. Bei der AC-Kopplung verfügt das Batteriesystem dagegen über einen separaten Wechselrichter, so dass es völlig unabhängig von der Leistung und dem Installationsort des PV-Wechselrichters ist und auch nachträglich hinzugefügt werden kann.
Der zweite Freiheitsgrad der Systemtopologie betrifft den Energiefluss zwischen Speicher und AC-Netz. Hier stehen die einphasige und die dreiphasige Leistungsabgabe zur Wahl, wobei letztere symmetrisch und unsymmetrisch beziehungsweise flexibel erfolgen kann. Beim Batteriekonzept stehen als gängige Varianten die Blei- und die Li-Ion-Technologie zur Verfügung. Unabhängig davon können sich Batterien aber auch durch ihren Zellaufbau und – trotz gleicher Speicherkapazität – durch ihre Nennspannung unterscheiden. In der Summe ergibt sich eine große Vielfalt an unterschiedlichen Systemkonzepten. Die für den Anwender entscheidende Frage lautet nun: Was macht ein gutes Speichersystem aus?
Jeder Vorteil hat seinen Preis
Zunächst muss man sich darüber im Klaren sein, dass jedes technische Teilkonzept neben individuellen Vorteilen unweigerlich auch Nachteile hat – die sprichwörtliche Kehrseite der Medaille. Eine sinnvolle Beurteilung ist daher nur möglich, wenn man beide Seiten kennt und gegeneinander abwägen kann:
1. DC-seitige Systemtopologie: Bei der DC-Kopplung muss überschüssiger Solarstrom vor seiner Zwischenspeicherung lediglich eine Spannungsanpassung durchlaufen, während er bei der AC-Kopplung zwei Mal umgewandelt wird (zunächst vom PV-Wechselrichter in Wechselstrom, dann vom Batteriewechselrichter wieder in Gleichstrom zum Laden der Batterie). Auf den ersten Blick also ein klarer Fall von mehr Flexibilität auf Kosten des Systemwirkungsgrads. Doch Pauschalaussagen sind mit Vorsicht zu genießen, denn für den Systemwirkungsgrad ist keineswegs nur die Anzahl der Wandlungsstufen entscheidend, sondern auch ihre individuelle Effizienz, die wiederum von anderen Einflussfaktoren abhängt. Dies gilt auch für Variationen der DC-Kopplung wie etwa die Generatorkopplung, bei der die Batterie parallel zum PV-Generator am DC-Eingang des Wechselrichters angeschlossen ist [siehe Grafik 5].
2. Batteriekonzept: Neben den Vor- und Nachteilen der Blei-Säure- und Li-Ion-Technologien (in Bezug auf Energiedurchsatz, Speicherverluste und Anschaffungskosten) gibt es eine weitere, davon unabhängige Optimierungsgröße: die Nennspannung des Batterieverbandes. Hintergrund ist die Tatsache, dass nahezu jede Batterie aus mehreren einzelnen Zellen besteht. Während die Zellspannung nur durch die eingesetzten Materialien bestimmt wird (Blei-Säure: 2 V, Li-Ion: 3,6 V), kann die Nennspannung des Batterieverbandes durch Reihenschaltung mehrerer Zellen weitgehend frei gewählt werden.
Aus Sicht der Leistungselektronik ist unter Kosten- und Wirkungsgrad-Gesichtspunkten eine eher hohe Batteriespannung sinnvoll, die möglichst im Bereich der Zwischenkreisspannung des Umrichters liegt. Aus Sicht der Batterie ist es dagegen deutlich kostengünstiger, möglichst wenige Zellen mit entsprechend großer Kapazität einzusetzen – allerdings um den Preis einer geringeren Batterie-Nennspannung.
Technisch möglich ist beides: Eine Bleibatterie mit 5 kWh Speicherkapazität erhält man etwa durch Verschaltung von 250 Zellen à 20 Ah (Nennspannung: 500 V), aber auch mit 25 Zellen à 200 Ah (Nennspannung: 50 V). Die zehnmal so großen Batteriezellen der zweiten Variante sind spezifisch jedoch 30 bis 40 Prozent günstiger, hinzu kommt ein deutlich geringerer Verdrahtungsaufwand, da hier auch zehnmal weniger Zellen in Reihe zu schalten sind.
Für Li-Ion-Batterien gilt prinzipiell das Gleiche, wobei der Effekt noch durch die je Zelle erforderliche Überwachungselektronik verstärkt wird. Generell bleibt festzuhalten: Batteriesysteme mit wenigen großen Zellen und vergleichsweise kleinen Nennspannungen sind deutlich günstiger in der Anschaffung, verursachen aber höhere Energieverluste bei der notwendigen Spannungsanpassung und gegebenenfalls auch höhere Kosten für die Leistungselektronik.
3. AC-seitige Topologie: Aufgrund der in Deutschland geltenden Anschlussregeln ist klar, dass netzgekoppelte Speichersysteme beim Überschreiten von 4,6 kVA Nennleistung pro Außenleiter dreiphasig und leistungssymmetrisch angebunden sein müssen. Ebenso klar ist aber auch, dass für den Ansatz der PV-Eigenversorgung die jährlich erzeugte Energiemenge grundsätzlich in der Größenordnung des jährlichen Energieverbrauchs liegen sollte – größere Leistungen in der Erzeugung oder Speicherung sind für typische Eigenheimanwendungen also nicht unbedingt sinnvoll.
Die einphasige Abgabe der AC-Leistung ist technisch am einfachsten zu realisieren und unter Kostengesichtspunkten die nächstliegende Lösung. Die in diesem Fall nötige, bilanzielle Verrechnung von Erzeugung und Verbrauch mit Hilfe eines über alle drei Phasen saldierenden Zählers ist zudem Stand der Technik und durch die VDE-AR-N 4400 und VDE-AR-N 4105 auch so vorgeschrieben. Erst zum 30. Juni 2014 gibt es eine Änderung, entsprechend dem Hinweis des Forums Netztechnik/Netzbetrieb vom vergangenen Juni: Danach dürfen neu installierte Speichersysteme auch im Ladebetrieb keine Schieflast von mehr als 4,6 kVA zwischen beliebigen Phasen verursachen. Einphasige, AC-gekoppelte Speichersysteme sollten künftig daher auf der gleichen Phase wie die (einphasige) PV-Anlage angeschlossen werden. Für DC-gekoppelte Systeme ist die Änderung hingegen irrelevant, da sie bei einer Systemleistung von maximal 4,6 kVA prinzipbedingt und unabhängig vom Betriebsmodus des Speichers keine unzulässige Schieflast erzeugen. Auch im Backup-Fall sind einphasige Speichersysteme gut einsetzbar, denn durch die Kopplung aller drei Phasen lassen sich sämtliche einphasigen Verbraucher im Haus aus der Batterie versorgen.
Dreiphasig-symmetrisch angebundene Speicher haben dagegen den Nachteil, dass sie im Backup-Fall ausschließlich Drehstromverbraucher versorgen können. Im Standardfall der Netzkopplung muss einphasiger Energieverbrauch daher ebenfalls durch bilanzielle Verrechnung ausgeglichen werden. Nur ein sogenannter Vierleiter-Umrichter kann seine Leistung flexibel auf die einzelnen Phasen verteilen und ohne Rückgriff auf „Entscheidend ist ein optimiertes Gesamtsystem, nicht eine optimierte Detaillösung.“ den Trick der Bilanzierung ein- und dreiphasige Verbraucher direkt versorgen (wobei die VDR-AR-N 4105 in jedem Fall eine leistungssymmetrische Einspeisung fordert). Doch diese Flexibilität gibt es nur um den Preis einer noch komplexeren Leistungselektronik und einer deutlichen Überdimensionierung: So muss ein Umrichter mit 3,6 kVA, der diese Leistung auf jede beliebige Phase legen kann, in Sachen Stromtragfähigkeit wie ein 10-kVA-Gerät ausgelegt sein.
Neben dem begrenzten Nutzen und dem höheren technischen Aufwand gibt es noch einen energetischen Nachteil, der sämtliche dreiphasige Systeme betrifft: die deutlich höhere Zwischenkreisspannung. Dreiphasig-symmetrische Umrichter benötigen rund 600 V gegenüber 350 V bei einphasigen Varianten, bei Vierleiter-Umrichtern liegt die Zwischenkreisspannung mit rund 700 V sogar doppelt so hoch. In jedem Fall vergrößert sich der Abstand zur Nennspannung der Batterie deutlich, was sich nachteilig auf die Effizienz der entsprechenden DC-Anpassstufe (und damit auch des Gesamtsystems) auswirkt.
Entscheidend ist das Systemoptimum
Interessant wird es dann, wenn DC-Topologie, AC-Topologie und Batteriekonzept zu einem Gesamtsystem kombiniert werden, denn neben den Vor- und Nachteilen der einzelnen Teilkonzepte beeinflussen sich diese auch gegenseitig. So ist eine kostenoptimierte Batterie mit geringer Nennspannung vor allem für den Einsatz mit AC-gekoppelten Trafo-Topologien geeignet: Kosten und Wirkungsgrad eines Transformators sind weitgehend unabhängig vom Übersetzungsverhältnis, zudem kann er unmittelbar zwischen Umrichterstufe und AC-Netz platziert werden (Grafik 4). Bei der DC-Kopplung erfordern große Übersetzungsverhältnisse ebenfalls einen Trafo, dessen Einsatz hier aber zusätzliche Wandlungsschritte nötig macht und zu entsprechenden Energieverlusten führt (Grafik 2). Auch die dreiphasige Leistungsabgabe ist in Verbindung mit der DC-Kopplung eher ungünstig für kleine Systeme, da die Zwischenkreisspannung des Umrichters hier deutlich höher liegt und damit ebenfalls einen größeren Hub der Batteriespannung erfordert (Grafik 1). Tatsächlich vorteilhaft sind DC-gekoppelte Systeme also vor allem dann, wenn die optimale Kombination aus Batterietechnologie, Batterienennspannung und Umrichterkonzept zum Einsatz kommt – etwa bei Einsatz einer Li-Ion-Batterie mit 150 bis 200 V Nennspannung in Verbindung mit einem einphasigen Wechselrichter (Grafik 3).
Dagegen bieten AC-gekoppelte Systeme als wesentlichen Vorteil eine unerreichte Flexibilität und können bei sinnvoller Auslegung sehr gute Wirkungsgrade erzielen – in der Regel höhere als DC-gekoppelte Systeme mit niedrigen Batteriespannungen. Das eher unkonventionelle Konzept der Generatorkopplung (Grafik 5) ermöglicht auf den ersten Blick die Kombination aus hoher Flexibilität und hohem Wirkungsgrad aufgrund weniger Wandlungsstufen. Allerdings leidet seine Effizienz unter dem äußerst variablen Spannungshub sowie dem unvermeidlichen Einfluss der Lade-/Entladeregelung auf das MPP-Tracking des PV-Wechselrichters.
Dreiphasig mit dem AC-Netz verbundene Speichersysteme sind unabhängig von der DC-seitigen Topologie nur dann interessant, wenn im Backup-Fall auch dreiphasige Lasten versorgt werden müssen – ansonsten gibt es keinen Grund, die unvermeidlichen Nachteile (technischer Aufwand und zusätzliche Verluste durch die hohe Zwischenkreisspannung) in Kauf zu nehmen. Für typische Eigenheimanwendungen sind einphasige Systeme meist die effizienteste Lösung und können sowohl den bestehenden als auch den kommenden Anschlussbedingungen problemlos entsprechen.
Zusammenfassend gilt: Ein gutes netzgekoppeltes Speichersystem ist nicht teiloptimiert, sondern unter Kosten- und Effizienzkriterien insgesamt ausgewogen, insbesondere mit Blick auf den konkreten Anwendungsfall. Um seine Qualität beurteilen zu können, braucht man Angaben zur Topologie sowie zur Batterie- und Zwischenkreisspannung – allzu einfache Daumenregeln helfen dagegen nicht sehr weit.
Der AutorFelix Kever ist Head of Technology Communication bei SMA Solar Technology AG. |
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