Der Blick auf Aachen ist nicht nur schön, sondern zeigt auch, wo noch viel zu tun ist. In der Nähe des Doms kämpft Wolf von Fabeck, wohl einer der konsequentesten Solarfans Deutschlands, nicht etwa für etwas weniger Absenkung der Einspeisevergütung wie viele andere. Er stellt sich hin und fordert eine Erhöhung. Wenn er aus dem Fenster blickt, sind die Dächer vor allem kleinteilig. Photovoltaikanlagen sieht er nicht. Und das wurmt ihn. „Gerade auf den kleinen Flächen gibt es ein großes Potenzial“, sagt er. Denn in den Innenstädten gibt es sehr viele kleine Dächer, die zusammengenommen eine große Fläche darstellen.
Wolf von Fabeck ist Geschäftsführer des Solarenergie-Fördervereins. Dessen Interesse an kleinen Anlagen auf Dächern trifft sich mit dem der kleinen und mittelgroßen Installationsbetriebe, die bei den großen Freilflächenanlagen nicht zum Zuge kommen.
Zwar sind in absoluten Zahlen 2009 immer noch mehr kleine Anlagen gebaut worden als 2008. Aber es kann kein Rede davon sein, dass letztes Jahr der Zubau in diesem Segment explodiert sei. Der Marktanteil der kleinen Anlagen mit Nennleistungen kleiner als zehn Kilowattpeak ist in den letzten Jahren nach Erhebungen von EuPD Research sogar deutlich gesunken. Von 27 Prozent im Jahr 2006 auf rund 20 Prozent 2007 und 2008 und schätzungsweise 15 Prozent letztes Jahr. Die große Frage für Solarteure wie Solarfans ist, wie sich dieses Segment entwickeln wird, wenn die Einspeisevergütung Mitte des Jahres zusätzlich abgesenkt wird. Wird der Kunde noch kaufen? Und wenn ja, wie viel wird der Handwerker noch verdienen können?
Der Kunde ist die große Unbekannte, sei er ökobegeistert, vom Klimaschutz angesteckt oder ein rational entscheidender Homo oeconomicus. Letzterer sollte der Theorie nach seine Entscheidung, ob er sein kleines Dach mit Modulen bestückt, von der zu erwartenden Rendite abhängig machen. Für eine Beispielanlage lag sie in den Jahren vor 2009 an einem Standort, an dem sie 900 Kilowattstunden pro installiertem Kilowattpeak Nennleistung bringt, zwischen 4,2 und 4,5 Prozent (siehe Grafik Renditeerwartungen). 2009 stieg sie dann auf 5,6 Prozent, jetzt würde sie mit der geplanten Absenkung der Einspeisevergütung von 16 Prozent auf den Stand vor dem Jahr 2009 zurückfallen. Sie läge dann bei rund 4,4 Prozent. Das sieht nach keinem so großen Einbruch aus, wie sie die Reduktion der Einspeisevergütung auf den ersten Blick erwarten lassen würde. Nur, welche Rendite erwartet der Homo oeconomicus?
Zahlensalat mit Traumrenditen
Ein Problem besteht in der begrenzten Aussagekraft der Renditerechnungen. Durch einige Annahmen lässt sich eine Rendite berechnen, die um einige Prozent höher oder niedriger liegt. In die Rechnung geht etwa die Schätzung ein, dass die Systemkosten, ausgehend von 3.255 Euro Ende 2009, das ist das Ergebnis einer Umfrage von EuPD Research unter Handwerkern, im Laufe des Jahres um zehn Prozent fallen und im ersten Quartal bei 3.180 Euro liegen. Allerdings zeigt eine genauere Kostenaufstellung, dass auch jetzt schon unter bestimmten Bedingungen Anlagen für 2.900 Euro pro Kilowattpeak machbar sind, wodurch die Rendite um 0,5 Prozent höher liegen würde.
Auch die Annahme zur Verzinsung der Ausschüttungen beeinflusst die Rendite. Lassen sich die Gewinne, die die Anlage erbringt, bis zum Kassensturz nach 20 Jahren nicht wie angenommen mit vier, sondern nur mit zwei Prozent Verzinsung anlegen, sinkt die Rendite von 5,2 auf 4,1 Prozent.
Selbst auf die in den Medien oft beschworenen zweistelligen Traumrenditen kann man kommen. Dazu muss man die Anlage nach Süden verschieben, wo man einen Ertrag von 1.100 Kilowattstunden pro Kilowattpeak bekommt, die Investitionskosten auf 2.500 Euro drücken und die Anlage zu 90 Prozent per Kredit finanzieren. Dann sind 15,8 Prozent erreichbar. Die Annahmen dafür dürften aber nur für einen sehr kleinen Bruchteil der Anlagen erfüllt sein.
Der Großteil der Anlagen wird bei vier bis sieben Prozent Rendite liegen. Da Photovoltaikanlagen, anders als die Geldanlage in Bundesschatzbriefen, immer ein gewisses Risiko in sich bergen, ist das nicht viel. Sie müssen höhere Rendite versprechen, um ökonomisch attraktiv zu sein.
Maximal mögliche Investitionskosten pro Kilowattpeak in Euro | ||||||
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Rendite [%]: | 4,0 | 5,0 | 6,0 | |||
bis 1.6. | ab 1.6. | bis 1.6. | ab 1.6. | bis 1.6. | ab 1.6. | |
Ertrag [kWh/kWp] | ||||||
800 | 3.461€ | 2.907€ | 2.915€ | 2.448€ | 2.443€ | 2.052€ |
900 | 3.893€ | 3.270€ | 3.279€ | 2.755€ | 2.748€ | 2.308€ |
1.000 | 4.326€ | 3.634€ | 3.644€ | 3.061€ | 3.053€ | 2.565€ |
1.100 | 4.759€ | 3.997€ | 4.008€ | 3.367€ | 3.359€ | 2.821€ |
Zurzeit wird geplant, die Einspeisevergütung für Dachanlagen ab 1. Juni um 16 Prozent zu senken. Ob eine Anlage dann noch rentabel realisiert werden kann, hängt vom Ertrag am Standort und den möglichen Investitionskosten pro Kilowatt Nennleistung ab. Diese Tabelle zeigt die maximal möglichen Investitionskosten bei gegebenem Ertrag und gegebener Renditeerwartung für die Beispielanlage.
Lust auf Rendite geweckt
„Wir wissen aber aus unseren Umfragen unter Handwerkern, dass die Rendite nicht das Einzige ist, was zählt“, sagt Heike Uhlemann, Leiterin der Abteilung CleanTech und Economics bei EuPD Research. Allerdings liegen diese Umfragen schon etwas zurück, und deshalb widersprechen die Ergebnisse auch nicht denen von André Hückstädt. Er leitet die Abteilung Solarfinanzierung bei der Umweltbank, die Kredite an Betreiber von Solaranlagen vergibt. „Zuerst hatten wir Kunden, die ökologiebegeistert waren und bei denen die Rendite nicht im Vordergrund stand“, sagt er. 2007 kamen dann die, für die die größere Unabhängigkeit von der Stromversorgung einen eigenen Wert hat. „Doch 2008 haben dann auch die Medien dazu beigetragen, die Lust auf die Rendite zu wecken“, sagt er. Der Teil, der auf die Rendite schielt, nimmt zu. Das liegt auch daran, dass Solarteure zunehmend aktiv Anlagen verkaufen und Kunden finden, die keinen besonderen Bezug zur Solarenergie haben. Wenn die Einspeisevergütung fällt, wird also auch das Geschäft mit den Dachanlagen schwieriger.
Der Zubau an Dachanlagen wird aber vermutlich trotzdem nicht auf den Stand von vor 2009 fallen. „Die Technologie hat sich weiterentwickelt und ist kurz davor, zu einem Selbstläufer zu werden“, sagt Stefan de Haan, Senior Analyst beim Marktforschungsinstitut iSuppli. „Außerdem sehe ich im privaten Bereich große Möglichkeiten durch die Förderung des Eigenverbrauchs.“ Das erfordert aber Umdenken bei den Kunden und Installateuren. Wenn sie weiter Erfolg haben wollen, müssen sie ihre Akquise verbessern. „Die Verkaufsleistungen der Installateure werden wichtiger“, sagt auch EuPD-Expertin Heike Uhlemann.
Das ist einer der Gründe, warum EuPD Research erwartet, dass es vielleicht weniger Betriebe geben wird, die Photovoltaikanlagen anbieten, dass diese aber mehr Leistung aufs Dach bringen werden als bisher und damit der Zubau weiter steigt.
Die zweite große Unbekannte neben dem Kunden ist die Entwicklung des Systempreises und seiner Zusammensetzung. Die große Frage ist, wer weniger verdienen wird: die Modulhersteller oder die Installationsbetriebe.
Wenn sich im schlechtesten Fall alle Privatkunden an der Rendite orientieren, müssten Installateure möglicherweise einen Systempreis anbieten, der nach einer Absenkung der Einspeisevergütung eine gleichbleibende Rendite ermöglicht. Dann müsste der Systempreis von 3.179 auf 2.660 Euro fallen (siehe Tabelle der maximal möglichen Investitionskosten).
50 bis 60 Prozent Anteil an den Systemkosten haben immer noch die Module. Nach Erhebungen der Marktforscher von pvXchange lag der Modulpreis deutscher kristalliner Module im Januar bei gut 2.000 Euro pro Kilowattpeak, der Preis chinesischer Anbieter bei 1.500 Euro. Nach Ansicht von Experten liegen Wechselrichter bei rund 300, Unterkonstruktion bei 200 und der Rest bei rund 400 Euro pro Kilowattpeak. Bei Gesamtkosten von 2.900 bis 3.000 Euro steckt in dem Rest die Marge für den Handwerker. Lassen sich die Systeme für etwas mehr Geld verkaufen, wie es die EuPD-Research-Umfrage nahelegt, erhöht sich die Marge auf 650 Euro.
iSuppli rechnet mit leicht anderen Werten, bei denen die Montage 550 Euro pro Kilowattpeak kostet. Allerdings sind in diesen Beträgen auch noch Kosten für Zubehör und Kabel enthalten, was noch einmal rund 100 bis 150 Euro ausmachen dürfte (siehe Seite 36).
Anders ausgedrückt: Wenn die Differenz zwischen System- und Modulpreis 900 Euro pro Kilowattpeak beträgt, bleiben rund 400 beim Installationsbetrieb. Wenn der Solarteur also nur noch für angenommene 2.660 Euro pro Kilowattpeak verkaufen kann und die Preise deutscher Module nicht weiter fallen, kann er sie nur noch unter Verzicht auf einen großen Teil seiner Marge montieren. Es blieben gerade einmal 100 Euro übrig.
Allerdings werden die Modulpreise weiter fallen, wie tief , das bestimmen Angebot und Nachfrage. In einem einfachen volkswirtschaftlichen Modell werden die Hersteller mit den billigsten Produktionskosten ihre Module immer verkaufen. Die Firmen, die etwas teurer produzieren, vermutlich auch noch. Aber ab einer bestimmten Höhe bleiben sie darauf sitzen. Dieser Punkt bestimmt den Modulpreis auf dem Spotmarkt. In einer solchen Analyse rechnet iSuppli-Analyst de Haan damit, dass Ende 2010 gut 1.320 Euro erreicht werden können, das sind für chinesische Module rund zehn Prozent weniger als zurzeit. Das plus die Margen für den Modulhändler von 100 bis 150 Euro plus die 900 Euro, die heute zwischen Systempreis und Modulpreis liegen, ergäbe genau die geforderten 2.660 Euro, bei denen die Rendite des Kunden und die Marge des Handwerkers unverändert bliebe. Es geht also, wenn man bisher deutsche Module verkauft hat und es in Zukunft gelingt, mit asiatischen genauso viele Kunden zu gewinnen. Wenn das nicht geht, verkauft man deutsche Module und zahlt mit der eigenen Marge.
Es wird übrigens vermutlich nicht an der fehlenden Finanzierung liegen, dass Anlagen nicht gebaut werden. Anlagen, die beispielsweise von der Umweltbank finanziert werden, können nach Aussage von André Hückstädt in der Regel auch nach einer Absenkung realisiert werden. Da die Finanzierung jedoch so berechnet wird, dass der Kunde mit den sicher erwarteten Ausschüttungen auf jeden Fall den Kredit bedienen kann, sinkt bei einer geringeren Einspeisevergütung unter Umständen die Kredithöhe. Das hat Auswirkungen auf die Rendite. Momentan steigt die Rendite, je mehr Fremdkapital eingesetzt wird, da die Kreditzinsen niedriger sind als das, was die Anlage abwirft. Da die Kunden mit der niedrigeren Rendite die Anlage eventuell nicht mehr bauen wollen, kann es sein, dass der Auftrag platzt (zu den rechtlichen Rahmenbedingungen siehe Seite 39).
Für Wolf von Fabeck geht die Diskussion um die Vergütung in eine ganz falsche Richtung. Er plädiert für mehr Förderung für die kleinen Anlagen, womit er sogar Anlagen unter zwei Kilowattpeak meint, damit endlich Technologien entwickelt werden, mit denen man die kleinen Flächen preiswerter für Photovoltaik nutzen kann. „Unser Ziel ist, dass man Normteile entwickelt, die die gesamte Gebäudeoberfläche schützen und die gleichzeitig photovoltaisch aktiv sind“, sagt er.
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