„Ich bin sehr froh, wir sind einen guten Schritt weiter, eine sehr gefährliche Entwicklung konnte abgewendet werden“, zeigt sich Rainer Hinrichs-Rahlwes, Europaexperte beim Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), erleichtert. Der Grund: Brüssel verzichtet vorerst auf die Einführung eines verpflichtenden privaten Ökostromhandels, um Ausbauziele für die Erneuerbaren zu erreichen. Dies hätte über die Hintertür erfolgreiche Einspeiseregelungen wie das deutsche EEG untergraben und den Photovoltaikmarkt gefährdet. Vor allem die britische und französische Regierung sowie die großen Energiekonzerne hatten ein derartiges europaweites Handelsystem für Ökostromzertifikate gefordert (siehe PHOTOVOLTAIK 12 / 2007, 11 / 2007).
Doch selbst Hardliner Günter Verheugen, seines Zeichens EU-Industriekommissar, nahm aufgrund der Protestwelle davon Abstand. Der Ende Januar vorgelegte Vorschlag einer Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen greift wesentliche Punkte der Kritiker auf. Jedes Mitgliedsland muss die erneuerbaren Energien deutlich ausbauen, um ihren Anteil am Endenergieverbrauch in Europa von derzeit 8,5 Prozent auf 20 Prozent bis 2020 zu erhöhen. Für Schweden lautet die Zielmarke beispielsweise 49 Prozent, für Frankreich 23 Prozent, für Deutschland 18 Prozent und für Großbritannien 15 Prozent Erneuerbare. Um dies umzusetzen, müssen bis 2010 nationale Aktionspläne ausgearbeitet werden. Erst wenn Zwischenziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht sind, soll ein freiwilliger Handel von Ökostrom zwischen Mitgliedsländern möglich sein. Hierzu muss jeweils eine zuständige nationale Stelle und ein Herkunftsnachweisregister für Ökostromzertifikate aufgebaut werden. Diese Stelle darf „weder in der Energieerzeugung noch im Energiehandel, in der Energieversorgung oder in der Energieverteilung tätig sein“, heißt es in dem Richtlinienentwurf.
Nachbesserungsbedarf
„Es ist ein großer Erfolg, dass Brüssel von der Idee eines verpflichtenden privaten Ökostromhandels abrückte. Dass nun ergänzend Mitgliedsstaaten die Möglichkeit haben sollen, Ökostromzertifikate mit Herkunftsnachweis in andere Mitgliedsstaaten zu transferieren, wenn eigene Zwischenziele beim Ausbau der Erneuerbaren erreicht sind, ist sinnvoll“, sagt Eleni Despotou von der European Photovoltaic Industry Association (EPIA). „Bei der weiteren Konkretisierung der Brüsseler Vorschläge ist es enorm wichtig, dass ein freiwilliger Handel nicht zu sehr für private Unternehmen geöffnet wird“, ergänzt Uwe Büsgen vom Bundesumweltministerium. BEE-Vertreter Hinrichs-Rahlwes sieht vor allem bei zwei Punkten Nachbesserungsbedarf: Zum einen bei der Anrechenbarkeit von Ökostrom, der außerhalb der Mitgliedsländer erzeugt wurde, auf die nationalen Ausbauziele. Zum anderen bei schärferen Sanktionsmöglichkeiten von Brüssel gegenüber Mitgliedsstaaten, die beim Ausbau der Erneuerbaren hinterherhinken.
Thomas Chrometzka, Referent Internationales beim Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar), weist darauf hin, dass einige Passagen der Richtlinie sehr allgemein gehalten sind. Nun gelte es bei der weiteren Verabschiedung im Ministerrat und im Europäischen Parlament darauf hinzuwirken, dass das EEG und die Photovoltaik nicht doch noch unter die Räder kommen. Hoffnungsfroh stimme, dass der grüne Luxemburger Abgeordnete Claude Turmes als Hauptberichterstatter für das weitere Beratungsverfahren im Europaparlament gewählt wurde.
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