Solarwatt wird 30: Vom Streckentelefon für die Bahn zum Photovoltaik-Komplettanbieter

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Solarwatt hat Anfang und Mitte der 1990er Jahre auch die Module für die Streckentelefone der Deutschen Bahn hergestellt. Das sind diese gelben Säulen entlang der Bahnstrecke – und die funktionieren heute noch.

Foto: Solarwatt

pv magazine: Solarwatt wird 30 Jahre alt. Gibt es denn Partnerbetriebe, mit denen ihr seit Anfang der 90er Jahre schon zusammenarbeitet?

Detlef Neuhaus: Solarwatt hat zu Beginn keine netzgekoppelten Anlagen auf Einfamilienhäusern verbaut und dafür Solarmodule produziert, wie man das heute von uns kennt. Diesen Markt gab es damals in der Form noch gar nicht. Wir waren in den frühen Jahren fokussiert auf Spezialmodule, die beispielsweise auf Parkscheinautomaten verwendet wurden. Solarwatt hat Anfang und Mitte der 1990er Jahre auch die Module für die Streckentelefone der Deutschen Bahn hergestellt. Das sind diese gelben Säulen entlang der Bahnstrecke – und die funktionieren heute noch. Zu Beginn hatten wir so gut wie nur Gewerbekunden. Die ersten Installationspartner kamen erst 1998 dazu, als wir angefangen haben, Solarmodule in Standardgröße zu produzieren, die für netzgekoppelte Anlagen verwendet wurden. Aus dieser Zeit haben wir noch mehrere Installationspartner, die mit uns gemeinsam groß geworden und gewachsen sind.

Wie hat sich der Beruf der Elektro-Handwerker in den vergangenen 30 Jahren entwickelt, die Photovoltaik-Anlagen installieren?

Die ersten Solarwatt-Anlagen wurden damals von Elektrobetrieben montiert. Die ersten Handwerker waren damals Enthusiasten – wie eigentlich die gesamte Solarindustrie in den Anfangsjahren nur aus Enthusiasten bestand. Die Installationen waren wirklich ein riesengroßer Aufwand. Zu der Zeit gab es noch keine String-Wechselrichter, sondern man hat spezielle Generator-Anschlusskästen gebraucht. Man hat auf dem Dach wenige Module zusammengeschaltet und dann unter dem Dach in einem Anschlusskasten alles gesammelt. Das bedeutet, der Verkabelungsaufwand war viel größer als heute. Zum Teil mussten die Handwerker die Kabel noch selbst an den Modulen anschließen. Auf die Module war nur eine Dose aufgeklebt und der Elektriker musste die Kabel selbst reinziehen. Der Wechselrichter war so schwer, dass man ihn nur mit zwei Mann bewegen konnte. Basis für die Dachbefestigung der Module war Ende der Neunziger Jahre oft die Technik aus der Solarthermie, die es damals schon gab. Dafür gab es beispielsweise schon passende Dachhaken, die dann von den Installationsbetrieben auch für Photovoltaik-Anlagen verwendet wurden. Die Anlagen waren damals in der Regel reine Einspeiseanlagen.

Wie haben sich die Betriebe denn zu dieser Zeit weitergebildet?

Die Hersteller haben zu dieser Zeit viele Montageschulungen durchgeführt, um die Installateure anzulernen und ihnen die Technologie näherzubringen. In den Handwerkskammern wurde das Thema Photovoltaik dagegen so gut wie gar nicht behandelt. Anfang der 2000er Jahre kamen dann die ersten Wechselrichter auf den Markt, die ins Netzwerk eingebunden werden konnten, so dass dann auch IT-Themen für die Installateure dazukamen. Anfang der 2010er Jahren hat die Bundesregierung dann die Gesetzgebung so verändert, dass sich eine Volleinspeisung häufig nicht mehr gelohnt hat und das Thema Eigenverbrauch an Bedeutung gewonnen hat. Zu diesem Zeitpunkt ging es auch los, dass sich die ersten Hersteller Gedanken über das Thema Energiemanagement gemacht haben. Wir haben auch schon Anfang der 2010er mit der Entwicklung eines eigenen Energiemanagers begonnen, der die Stromflüsse optimiert und weitere Geräte in das Energiesystem einbindet. Die Installateure brauchten dann plötzlich IT-Kenntnisse, um den Wechselrichter und den Energiemanager einzuschließen und miteinander zu koppeln. Das war dann schon wieder eine neue Herausforderung, denn bis dahin hatten sie damit noch nie zu tun. In den vergangenen Jahren kamen dann mit der Sektorenkopplung noch die Elektromobilität und die Wärmepumpe dazu, was für viele Installationsbetriebe wieder etwas vollkommen Neues war und ist.

Detlef Neuhaus stößt im Jahr 2011 zunächst als Vertriebsvorstand zu Solarwatt . Seit 2012 leitet er das Unternehmen als Geschäftsführer.

Foto: Solarwatt

Wie wird die Zusammenarbeit zwischen Elektro und SHK-Handwerkern im Zeitalter der Wärmepumpe aussehen, das jetzt anbricht?

Das ist eine sehr spannende Frage. Aus meiner Sicht wird es gerade bei kleineren Installationsbetrieben nur mit Kooperationen funktionieren. Die großen Elektrobetriebe verbauen heute schon Wärmepumpen, weil es eben auch ein Elektrogerät ist. Und wer das zum jetzigen Zeitpunkt nicht kann, der wird sich nach und nach die Kompetenz dafür in die Firma holen. Wer schon 20 Jahre in der Solarbranche Anlagen verbaut, der weiß natürlich auch, welches Potenzial Wärmepumpen haben. Unsere Partnerbetriebe freuen sich auch darüber, dass wir unser Know-how im Bereich Sektorenkopplung verbessern, damit sie darauf zurückgreifen können. Dass sich die SHK’ler auch noch auf die Elektroseite begeben, sehe ich dagegen eher weniger. Hier wird es auch eher über Kooperationen gehen.

Müssen die Fachhandwerker Ihre Qualifikation erweitern, wenn sie auch die nächsten zehn Jahre erfolgreich sein wollen? Wenn ja, wie?

Wie gerade gesagt, werden sich die großen Firmen immer auf neue Technologien einstellen, um am Puls der Zeit zu sein. Sie haben dafür auch das nötige Kapital und den Personalstamm. Bei den kleineren Handwerkern kann es schon mal sein, dass sie am liebsten nur das weitermachen, was sie die ganzen Jahre schon gemacht haben und sich nicht mehr wirklich weiterentwickeln wollen. Das ist aber schon seit den Anfangstagen der Photovoltaik so. Für diese Betriebe ist es dann eventuell schwieriger eine Kommunikation aufzubauen oder einen Switch zu installieren – das war und ist auch heute ein Thema in unserem technischen Support.

Wie sieht für Sie das optimale Verhältnis zwischen Fachhandwerker und Hersteller aus? Wie frei sollten die Betriebe noch sein?

Wir haben mit vielen Betrieben sehr enge Partnerschaften, die schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte halten. Diese Unternehmen nutzen Solarwatt sehr gerne als Erstmarke – und das machen sie ja aus freien Stücken. Der Vorteil für die Betriebe ist natürlich: Je mehr man sich mit der Technik eines Herstellers auskennt, umso besser kommt man am Ende auch damit zurecht – gerade, wenn es um das komplette System mit Speicher und Energiemanager geht. Die Zeit ist natürlich auch ein wichtiger Faktor: Bei einem gut eingespielten und aufeinander abgestimmten System geht die Installation für die Handwerker natürlich deutlich schneller, wodurch sie auch mehr Anlagen verbauen können.

Wie viele Handwerksbetriebe sind bereits sehr eng an Solarwatt gebunden?

Wir stehen in Deutschland aktuell bei 120 Premiumpartnern, die vorrangig unser Photovoltaik-System verbauen und die auch unsere Services wie beispielsweise eine Unterstützung beim Recruiting nutzen. In den anderen europäischen Ländern ist das ein wenig anders, weil sich die Vertriebswege schon sehr unterscheiden. In Österreich und Italien geht beispielsweise so gut wie alles über den Großhandel; in Frankreich und Skandinavien arbeiten wir dagegen sehr eng mit Partnerbetrieben – ähnlich wie in Deutschland. Ecokraft ist beispielsweise ein skandinavischer Partner, mit dem wir schon seit Beginn der Internationalisierung vor knapp zehn Jahren sehr eng zusammenarbeiten.

Können Sie anhand Ihrer Zahlen abschätzen, wie sehr der Fachkräftemangel bereits jetzt den Zubau von Photovoltaik-Anlagen beeinträchtigt?

Im vergangenen Jahr konnte man das bei uns recht gut beobachten. Die Kundenanfragen sind 2022 um das Drei- bis Vierfache gegenüber 2021 gestiegen. Dennoch haben wir unseren Absatz – in Anführungszeichen – nur verdoppelt, wofür aber gleichermaßen Materialengpässe und fehlende Fachkräfte verantwortlich waren. In unseren Lagern ist jedenfalls nicht viel liegengeblieben, was nicht verbaut wurde.

Wie lässt sich der Fachkräftemangel bekämpfen?

Wir benötigen mit Blick auf die solargetriebene Sektorenkopplung eigentlich Handwerker, die sich gleichermaßen in den Bereichen Dach, Elektro, SHK und IT auskennen. Diese Kompetenzen müsste man in einem neuen Berufsbild bündeln. Aber hier passiert derzeit viel zu wenig und da sehe ich auch die Handwerkskammern in der Pflicht. Wir brauchen Nachwuchs, der möglichst alle Kompetenzen in diesem Bereich hat. Es wird aber wohl noch einige Jahre dauern, bis hier Berufe und Inhalte wirklich definiert sind. Als Hersteller versuchen wir bereits, über die Solarwatt Academy Berufs- und Quereinsteigern alle Fachkenntnisse zu vermitteln, dass sie möglichst schnell eine Unterstützung für unsere eigenen Montageteams oder unsere Partnerbetriebe sein können. Gerade bei den Installationsbetrieben ist die Zeit häufig so knapp, weil sie so viele Aufträge haben. Die Firmen können es sich häufig überhaupt nicht leisten, eigene Schulungen anzubieten, um neue Leute anzulernen. Das übernehmen wir dann für unsere Partner.

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