Erst in der vergangenen Woche kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Bundestag zeitnah ein zweiteiliges Solar- und ein Windpaket an. Am Montag nun gab sein Ministerium bekannt, dass ein Entwurf einer Formulierungshilfe zu Umsetzung der EU-Notfallverordnung (EU 2022/2577) vom Kabinett beschlossen wurde und dem Bundestag zugeleitet wird. Damit sollen Verfahren zum Ausbau von Windkraft an Land und auf See sowie deren Anbindung und der Bau neuer Stromnetze noch einmal deutlich beschleunigt werden.
Doch auch Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen werden davon profitieren. Für diese seien die in der EU-Notfallverordnung enthaltenen Regelungen unmittelbar anwendbar und müssten nicht wie bei der Windkraft in nationales Recht ungesetzt werden. So erklärte das Bundeswirtschaftsministerium, dass beim Repowering von erneuerbaren Anlagen oder Netzverstärkungsmaßnahmen die Umweltverträglichkeitsprüfung auf eine Detailprüfung begrenzt wird. Beim Repowering von Photovoltaik-Anlagen könne die Prüfpflicht unter bestimmten Umständen gänzlich entfallen. Zudem ist in der EU-Versorgung zur Beschleunigung des Photovoltaik-Zubaus auch vorgesehen, dass die Dauer auf drei Monate zu verkürzen ist. Dies gelte für Photovoltaik-Dachanlagen, aber auch Photovoltaik-Anlagen auf künstlichen Strukturen wie etwa Deponien. Zudem müsse die nationalen Genehmigungsbehörden bei Photovoltaik-Anlagen auf künstlichen Strukturen keine Prüfung vornehmen, ob das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert. „Für Anlagen unter 50 Kilowatt gilt zusätzlich eine Genehmigungsfiktion“, so das Ministerium weiter. Hinter einer Genehmigungsfiktion verbirgt sich, dass das Bauvorhaben nach einer bestimmten Frist kraft Gesetzes automatisch als genehmigt gilt, sofern das Vorhaben vorher nicht abgelehnt wird.
Für Wärmepumpen ist die Dauer der Genehmigungsverfahren in der EU-Notfallverordnung grundsätzlich auf einen Monat verkürzt, sofern die elektrische Leistung unter 50 Megawatt liegt. Bei drei Monaten liegt die Frist für Erdwärmepumpen. Zudem werde ein Anschlussrecht für Wärmepumpen bis 12 Kilowatt respektive 50 Kilowatt für Eigenverbrauch etabliert, so das Ministerium.
Die Inhalte der Formulierungshilfe, die in das parlamentarische Verfahren für die Änderung des Raumordnungsgesetzes eingebracht werden, sehen darüber hinaus Änderungen im Windenergieflächenbedarfsgesetz, im Windenergie-auf-See-Gesetz und im Energiewirtschaftsgesetz, um die Vorgaben der EU-Notfallverordnung in nationales Recht umzusetzen. Die Verordnung gilt für alle Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen an Land und auf See sowie Stromnetze ab einer Leistung von 110 Kilovolt, die vor dem 30. Juni 2024 begonnen werden. Auch bereits laufende Verfahren könnten von den Erleichterungen profitieren, teilt das Ministerium mit. Dabei können unter bestimmten Voraussetzungen eine strategische Umweltprüfung oder die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen. Allerdings gelte es die artenschutzrechtlichen Belange zu wahren, weshalb die Betreiber weiter zu verhältnismäßigen Ausgleichsarbeiten verpflichtet seien.
„Die Bundesländer und die Genehmigungsbehörden haben nun die gesetzlichen Grundlagen, um den Windkraftausbau mit voller Kraft voranzutreiben und Anlagen zügig zu genehmigen. Ich bin sicher, dass sie das jetzt auch tun werden, schließlich liegt die dreifache Dringlichkeit auf der Hand: Die Erneuerbaren sind Klimaschutz, sie sind eine Standortfrage, sie bedeuten Sicherheit“, erklärte Habeck nach Verabschiedung der Formulierungshilfe.
BDEW: Novelle könnte Photovoltaik-Freiflächenanlagen ausbremsen
Der BDEW sieht in der geplanten Raumordnungsnovelle einige Schwierigkeiten auf Photovoltaik-Freiflächenanlagen zukommen. „Sie könnte dazu führen, dass Photovoltaik-Freiflächenanlagen künftig nur noch in festgelegten Gebieten errichtet werden dürfen (sogenannte Ausschlussplanung). Dies würde die Planungshoheit der Kommunen untergraben und den Ausbau ausbremsen“, erklärte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Mit Blick auf die ambitionierten Zubauziele könne sich Deutschland jedoch diese Beeinträchtigung „schlicht nicht leisten“. „Außerdem sind diese Ausschlussplanungen nicht auf die neu geschaffene Möglichkeit zum verstärkten Ausbau der Photovoltaik entlang von Autobahnen und Schienenwegen abgestimmt (punktuelle Außenbereichsprivilegierung). So droht diese gerade neu geschaffene Regelung untergraben zu werden, wenn die Raumordnungsnovelle nicht angepasst wird“, so Andreae.*
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßt die zügige Umsetzung des Artikel 6 der EU-Notfallverordnung. „Das Parlament sollte die Formulierungshilfe schnell beschließen, dann ist es an den Ländern, den Genehmigungsstau endlich aufzulösen und den Turbo für die Erneuerbaren einzuschalten“, erklärte BEE-Präsidentin Simone Peter. Der Entwurf habe das Potenzial, den Ausbau der Windenergie und der Netze deutlich zu beschleunigen und die bisher überlangen Genehmigungsverfahren erheblich zu verkürzen.
„Wenn das Parlament entschieden hat, ist es an den Behörden der Bundesländer, schnell geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen zur Umsetzung zu ergreifen. Es gibt keine Ausrede mehr, den Windenergie- und Stromnetzausbau zu verschleppen“, so Peter weiter. Für die Windkraft ist für dieses Jahr ein Ausschreibungsvolumen von 12,8 Gigawatt vorgesehen. Dafür müsse das Genehmigungsvolumen auf mindestens zehn Gigawatt verdreifacht werden. Es müssten weitere Vorranggebiete ausgewiesen werden.
Auch mit Blick auf das Repowering begrüßte Peter die Umsetzung der EU-Notfallverordnung. So dürften Genehmigungsverfahren für Repowering-Projekte inklusive Netzanschluss nicht länger als sechs Monate dauern. Damit ergebe sich ein Potenzial von zusätzlich bis zu 45 Gigawatt auf den bereits vorhandenen Windenergieflächen.
*Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist nachträglich um das Statement des BDEW ergänzt worden.
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Alle Blicke gehen in Richtung FDP.
Was haben wir vor einem Jahr noch gemeckert…das nenne ich mal Tempo. Wir brauchen bald Roboter, weil Mensch als Arbeitskraft rar ist.
Die Genehmigungsfiktion ist super – das wirkt der Trägheit im Amt entgegen.
Ich würde noch weiter gehen und Solaranlagen auf Gebäuden generell genehmigungsfrei stellen. ( Soweit das Baurecht diese zulässt )
Das Problem der Übereinspeisung ist ein Einzelfallproblem, das kann man lokal lösen, durch beschleunigten Netzausbau und Sicherungen.
Grundsätzlich sollten alle neuen Zähler Zweirichtungszähler sein
und grundsätzlich sollte eingespeister Strom immer mit einem Mindestwert vergütet werden, egal wie er erzeugt wurde, damit Strom nicht wegen Bürokratie abgeregelt wird. Jede kWh zählt !