Mit einem digitalen Zwilling könnten sich Alterungsprozesse an Elektrolyseanlagen besser voraussagen lassen. Das ist zumindest das Ziel eines deutsch-kanadischen Forschungsprojektes, das am Zentrum für Energietechnik an der Universität Bayreuth startet. Mit präzisen Vorhersagen der Degradation der Elektrolyseure können Forschende Betriebsmodelle entwickeln, die flexiblen Verbrauch, der sich den erneuerbaren Energiequellen anpasst, berücksichtigen und gleichermaßen frühzeitige Materialermüdung einbeziehen.
Deutsch-kanadische Partner
Zu diesem Zweck arbeiten die Universität Bayreuth, University Victoria und die Université du Québec à trois-Rivières gemeinsam mit einem deutschen und zwei kanadischen Industriepartnern an einem digitalen techno-ökonomischen Modell einer PEM-Elektrolyseanlage (Protonen-Austausch-Membran). Dabei wollen die Partner berücksichtigen, dass die Anlage ausschließlich mit fluktuierenden erneuerbaren Energien versorgt wird und daher sehr flexibel gesteuert werden muss.
Grüner Wasserstoff wird aktuell meistens mit Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseuren (PEM-Elektrolyseure) produziert. Ein Vorteil dieser Anlagen ist ihre schnelle Reaktionszeit. So kann die Produktion von Wasserstoff dynamisch der Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom angepasst werden. In welcher Weise diese flexible Betriebsführung den empfindlichen Membranen zusetzt, ist bis jetzt aber noch nicht gut erfasst, da es nur wenig Erfahrung mit dem flexiblen Betrieb solcher Anlagen gibt.
Vorhersage mit künstlicher Intelligenz
Das Projekt mit dem sperrigen Namen „Modellentwicklung zur Steigerung der Effizienz von Elektrolyseanlagen“ auch kurz „Hyer“ genannt, nimmt sich genau diese Wissenslücke vor. Die beiden kanadischen Universitäten werden einen neuartigen PEM-Elektrolysestack entwickeln und zudem noch einen digitalen Zwilling auf Basis von künstlicher Intelligenz bereitstellen. Die Daten und neue Messinstrumente sollen möglichst präzise Vorhersagen der Alterungsprozesse ermöglichen. Besonders das neuartige elektrochemische Monitoring- und Regelungssystem des kanadischen Start Ups Pulsenics Inc. bildet die technische Grundlage für das Projekt.
Das Rüsselsheimer Unternehmen Segula Technologies hat eigens für das Forschungsprojekt einen neuen Prüfstand für den Elektrolyse-Stack entwickelt. Das Unternehmen wird die Anlage einem beschleunigten Alterungsprozess unterziehen und testen. Die gewonnenen Daten werden anschließend an der Universität Bayreuth ausgewertet und in ein Modell eingepflegt, um Alterung vorhersagen zu können.
Kompromiss finden
Wenn die Vorhersagen präzise genug getroffen werden, können die Projektpartner daran arbeiten, Betriebsstrategien für Elektrolyseure zu optimieren. Dabei soll flexible Produktion und Lebensdauer so ökonomisch sinnvoll wie möglich in Einklang gebracht werden.
„Unser Ziel ist es, einen guten Kompromiss zwischen einer langen Lebensdauer und einer hohen Flexibilität der Elektrolyseanlage zu finden. Von dem Modell werden beispielsweise auch Projektentwickler und Anlagenbetreiber profitieren, da es durch datengestützte Regelungs- und Betriebsstrategien einen vorhersehbaren kostenoptimierten Anlagenbetrieb ermöglicht“, sagt Brüggemann.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit 250.000 Euro für drei Jahre.
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