pv magazine: Wie bewerten Sie die Entwicklung des deutschen Photovoltaik-Marktes in diesem Jahr?
Carsten Körnig: Beinahe zwei Drittel der privaten Immobilienbesitzer und -innen in Deutschland träumen von einem eigenen Photovoltaik-Dach. Ein Sechstel plant eine Anschaffung bereits in den kommenden zwölf Monaten, so eine jüngste BSW-Repräsentativbefragung. Die Nachfrage nach Photovoltaik und Speichern bei Privathaushalten lässt keine Wünsche offen. Sie liegt auf Zielkurs. Auch insgesamt kann sich der Photovoltaik-Markt mit einem Nachfrageplus gegenüber Vorjahr von nahezu 30 Prozent sehen lassen. Das Photovoltaik-Geschäftsklima bewegt sich weiterhin nahe an einem Allzeithoch. Auch bei großen Solarparks legte die installierte Leistung erfreulich zu. Als ein besonderer Branchenerfolg darf gewertet werden, dass mehr als jedes zehnte Megawatt 2022 ohne Förderung installiert worden ist. Doch alle Freude darüber, dass der Photovoltaik-Markt 2022 das sechste Jahr in Folge zweistellig prozentual gewachsen ist, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass beispielsweise relevante Teile gewerblicher Investoren weiterhin keine attraktiven Investitionsbedingungen vorfinden und zahlreiche Bremsen aus den letzten Legislaturperioden noch nicht gelöst wurden.
Mit dem EEG 2023 sind jedoch einige Rahmenbedingungen verbessert worden. Reicht das aus, damit der Solarturbo gezündet werden kann? Immerhin sollen bis 2030 insgesamt 215 Gigawatt Photovoltaik installiert werden und das ist ein weiter Weg und der aktuelle Zubau reicht dafür bei weitem nicht aus.
Die Ampel-Koalition ist mit ihrer deutlichen Heraufsetzung der Photovoltaik-Ausbauziele im Sommer 2022 unseren Empfehlungen weitgehend gefolgt. Doch auch in den kommenden vier Jahren werden wir ein jährliches Wachstum der Photovoltaik-Nachfrage in Höhe von jeweils rund 30 Prozent benötigen, um auf Zielkurs zu gelangen. Die Bundesregierung hat in zahlreichen Gesetzesinitiativen die Investitionsbedingungen für die Photovoltaik bereits deutlich verbessert. Wesentliche Elemente des versprochenen „Solar-Beschleunigungspaketes“ fehlen allerdings noch, um zum Beispiel auch auf Dächern von Firmen und Mietwohngebäuden den Solarturbo zu zünden und in hinreichendem Umfang Bietern für die heraufgesetzten Photovoltaik-Auktionen der kommenden Jahre zu begeistern.
Was erwarten Sie für das kommende Jahr: Wie wird sich der Markt entwickeln?
Bei privaten Investoren sind die Auftragsbücher prall gefüllt, ein nochmaliges Marktwachstum halten ich im Falle einer weiteren Normalisierung der Lieferketten durchaus für möglich. Auch die Nachfrage nach gewerblichen Solardächern und Solarparks wird voraussichtlich anziehen. Wie stark dies gelingt, wird maßgeblich von politischen Rahmenbedingungen, der Überzeugungskraft unserer Politikberatung, aber auch von verfügbaren Installationskapazitäten abhängen.
Was sehen Sie als die großen Themen aus Sicht von Photovoltaik und Speicher im kommenden Jahr?
Die Jahre 2022 bis 2024 sind die Jahre, die darüber entscheiden werden, ob Deutschland seine 2021 verschärften Klimaschutzziele erreichen und im globalen Standortwettbewerb der Solarindustrie wieder den Anschluss gewinnen wird. Für den BSW-Solar und seine rund 1000 Mitgliedsunternehmen wird es 2023 darum gehen, den Solarturbo auch im gewerblichen Bereich zu zünden und den Weg für eine nochmalige Verdreifachung des Photovoltaik-Ausbautempos zu ebnen. Die politisch-regulatorischen Baustellen bleiben zahlreich. Sie reichen vom Heraufsetzen der Gebotshöchstwerte und Flächenkulissen, über eine Vereinfachung von Netzanschlussbedingungen, die Beschleunigung von Genehmigungsprozessen, steuerrechtlichen Reformen, die Einebnung weiterer Barrieren im Bereich der Selbst- und Direktversorgung mit Solarstrom bis hin zu einer klugen Reform des Einwanderungsrechtes zur Deckung des enormen Fachkräftebedarfs. Um den marktgetriebenen Photovoltaik-Ausbau weiter zu befördern, müssen politische Bestrebungen einer anhaltenden Erlösabschöpfung in die Schranken gewiesen und das Strommarktdesign derart reformiert werden, dass nachhaltig eine attraktive Refinanzierung von Investitionen in die Solar- und Speichertechnik gewährleistet werden. Die industriepolitischen Weichenstellungen des Jahres 2023 werden schließlich darüber entscheiden, ob eine Renaissance der Solarindustrie in Europa im Sinne einer höheren Versorgungssicherheit gelingen kann. Ich wünsche uns in der Solarbranche und der Politik viel Kraft und einen hohen Wirkungsgrad bei der Bewältigung dieser Herausforderungen sowie einen guten Start in ein gesundes, friedvolles und sonniges Jahr 2023!
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