in Deutschland und Europa ist die Diskussion über Fracking-Förderung von Erdgas wieder ausgebrochen. Angesichts der hohen Erdgaspreise verlangen Politiker und Politikerinnen auch in Deutschland das Fracking zuzulassen oder die Zulassung zumindest erneut zu überprüfen.
So hat der bayrische Ministerpräsident im Sommer eine Überprüfung von Fracking-Zulassungen in Niedersachsen – natürlich nicht zuhause in Bayern – gefordert. Auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sprach sich für Fracking aus.
Aktuell besteht im Wasserhaushaltsgesetz ein Fracking-Verbot für Deutschland. Nach langen Diskussionen wurde dieses Fracking-Verbot mit guten Gründen vor Jahren vom Gesetzgeber erlassen.
Nicht nur in der Opposition, auch in der Ampelkoalition kommt aus den Reihen der FDP, die ja auch Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke fordert, der Ruf nach Überdenken des Fracking-Verbots in Deutschland.
In einem offenen Brief haben sich kürzlich viele Umweltorganisationen, darunter auch die Energy Watch Group, an die zuständigen Bundesminister für Klimaschutz und Wirtschaft, Umwelt, Landwirtschaft und Gesundheit gewandt, um das Verbot aufrecht zu erhalten.
In diesem Brief werden die großen und inakzeptablen Probleme des Frackings in Erinnerung gerufen, die in der CDU/CSU und FDP offensichtlich unbekannt sind, denn angesichts der gewaltigen schädlichen Auswirkungen kann eigentlich kein vernünftiger Mensch Fracking für Erdgas fordern:
- Klimaschäden: Fracking-Erdgas entweicht weltweit als Methan aus den Leckagen an den Bohrlöchern und in der weiteren Nutzungskette, sodass Fracking-Erdgas zu den schlimmsten klimaintensivsten Energienutzungen gehört. In einer Studie hatte schon vor Jahren die EWG aufgezeigt, dass die Klimaschädigung durch mit Fracking-Gas betriebene Erdgaskraftwerken bis zu 30 Prozent stärker ist als die schon höchst klimaschädlichen Kohlekraftwerke. Der jüngste erschreckende Bericht der UN-Wetterbehörde (WMO) in Genf zeigt, dass die Methankonzentration in der Atmosphäre im Jahre 2021 mit der größten Zunahme seit den 40 Jahren Aufzeichnungen nach oben geschnellt ist.
Methan ist bis zu 80-mal klimaintensiver als Kohlenstoffdioxid. Die Ursachen für die sprunghafte Zunahme sind noch nicht ganz klar, jedoch gehören neben der Landwirtschaft und dem Auftauen von Permafrostböden die Erdgasgewinnung und Nutzung zu den Hauptemittenten. Insbesondere auch LNG gehört dazu, da beim Transport der LNG-Schiffe zum Druckausgleich infolge Erwärmung Erdgas abgelassen wird. - Krankheitsursache: Die Fracking-Hotspots vor allem in den USA sind die Krankheits-Hotspots der Erde. So zeigt bspw. eine Anfang des Jahres veröffentlichte Studie der Universität Harvard, dass die Lebenserwartung von Menschen, die in der Nähe von Fracking-Projekten leben, unter anderem aufgrund der Luftverschmutzung signifikant sinkt.
- Umweltbelastung: Fracking verbraucht sehr viel Wasser, was in den zunehmenden Dürren auch in Deutschland zu einer echten Bedrohung für die örtliche Trinkwasserversorgung werden würde.
- Für einen Beitrag für die Erdgaskrise in diesem oder kommenden Winter kann die Zulassung von Fracking in Deutschland keinen Beitrag leisten, da die Genehmigungen und vor allem technische Erschließung einige Jahre dauern würde, bis erstes Fracking-Gas gefördert werden könnte.
Wie sehr Fracking die Parlamente und Regierungen spaltet zeigte sich letzte Woche im britischen Parlament. Dort gab es tumultartige Szenen bei der Abstimmung über ein Verbot von Fracking auf Antrag der Labour Partei. Diese Tumulte führten endgültig zum Rücktritt der nur kurz regierenden britischen Premierministerin Liz Truss, obwohl sie die Abstimmung für eine Zulassung von Fracking gewann.
Ihr Nachfolger, der neue britische Premierminister Rishi Sunak, kassierte die Fracking Zulassung sofort wieder als eine seiner ersten Amtshandlungen.
In Deutschland scheint die Aufhebung des Fracking-Verbotes, angezettelt innerhalb der Bundesregierung von der FDP zumindest vorerst abgewehrt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich klar gegen eine Aufhebung des Fracking-Verbots aus. Auch Umweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich klar gegen Fracking ausgesprochen.
Im Gegensatz zum FDP-Minister Christian Linder, der gerne Andersdenkenden Ideologie unterstellt, hat Scholz die richtigen Argumente parat. Lindner dagegen meint im Handelsblatt: „Das sogenannte Fracking. Das ist verantwortbar, das ist sehr tief, da kommen keine Erdbeben, das Trinkwasser ist nicht gefährdet. Das kann man also angehen, leistet auch einen Beitrag“. Man kann nur den Kopf schütteln, mit welchem Unwissen und mit welcher Dreistigkeit Lindner all die riesigen Probleme des Frackings einfach ignoriert.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
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Wie tief müssen Politiker bereits im Sumpf der Lobbyisten versunken sein um solche Aussagen zu treffen. Sie sind einfach nur dumm und dämlich.
Es ist schon schlimm genug dieses Gas verwenden zu müssen. In einer dichtbesiegelten Gegend wie Deutschland wäre es aber grob fahrlässig. Brauchen wir wirklich in 10 bis 15 Jahren noch Fracking Gas? Mit kürzeren Zeiten wird es nicht gehen, da sonst die Wirtschaftlichkeit fehlt. Wind und Sonne können das Problem viel schneller und umweltfreundlicher lösen.
Sehr guter Artikel/ Beitrag! Auch der Kommentar von Ernst ist zweifelsfrei zu unterstützen.
Wir sollten nach dem Aus derso geliebten und genutzten billigen Gaslieferung aus Russland die Position für die Zeit nach dem ersten / zweiten kritischen Winter überdenken.
Wir werden uns mit Lieferung von Fracking-Gas weitere Zeit über die Runden helfen können; aber war´s das dann?
Bei allen Gipfeln und Sonderanstrengungen der Politik wird unser gesunder Menschenverstand gefragt sein, wie wir die weitern Winter hinsichtlich der Heizung überstehen wollen.
Apelle, die Erneuerbaren schnellstmöglich auszubauen werden hier nicht reichen.
Wir werden eine „Botschaft“ brauchen, die den 20 Millionen von Nutzern einer Gas-Heizung eine vertretbare Alternative eröffnet.
Ah, Wasserstoff!!!!
Nein bitte ohne Wasserstoff! Zu teuer in Herstellung und der sollte vorwiegend wg. des Preises als erstes den mobilen Anwendungen vorbehalten werden.
Was ist an Fracking Gas aus den USA besser? Gerade wird die schnelle Inbetriebnahme der LNG Terminals begrüßt. Ohne Erdgas wird es noch lange nicht gehen. Bis es genug erneuerbare Energien für Wärme und Prozesse verfügbar sind, werden noch 30-50 Jahre vergehen.
Gerade bei dem schwachem Euro ist es nicht verständlich, Fracking Gas aus Amerika zu importieren, anstatt die eigenen Ressourcen zu nutzen.
Über Klimaschutz sollte man auch nachdenken, wenn der zusätzliche Energieaufwand für verflüssigen und vergasen berücksichtigt wird.
Fracking in Deutschland bedeutet 20-30 Jahre sich darauf festzulegen mit entsprechenden Signalen für Industrie und Gesellschaft mit allen Konsequenzen. Der teure Import bedeutet das Gegenteil, man möchte so schnell wie möglich davon wegkommen und sich auf die Erneuerbaren plus Speicher konzentrieren…
Hallo Markus, erstens ist es sofort verfügbar vor allem für den nächsten und übernächsten Winter. Zweitens wird es in dünn besiedelten Gegenden in den USA gefördert. Es gibt viele Hinweise auf gesundheitsschädliche Risiken bei der Erzeugung und der wiederverpressung. Wollen sie das wirklich in Deutschland haben?
@ Markus: Deinem Kommentar kann ich nur zustimmen. Die Argumentation der Fracking Gegner kann ich auch nicht nachvollziehen. Das importierte Gas muß tiefgekühlt von einem zum anderen Kontinent transportiert werden. Die Umweltbilanz ist unterirdisch….
Nach über 20 Jahre Energiewende wurde im vergangenen Monat gerade mal die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Der Stromverbrauch wird in den nächsten Jahren durch den Einsatz von Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge steigen.
Es ist einfach nicht realistisch werden man glaubt, dass die Stromproduktion in ein paar Jahren ganz „grün“ ist.
Wir werden leider noch lange die konventionellen Kraftwerke, gerade als Backup, benötigen….
Deutsches Frackinggas ist ökologisch sinnvoller , da keine LNG-Terminals auf See und der Transportweg entfällt; der Kapitalexport auch …..aber nur als Übergangstechnologie als Ersatz der Gasübergangversorgung.
Fracking Gas aus USA ist sehr teuer und das ist gut so. Allein aus diesem Grund wird die deutsche Industrie so schnell wie möglich auf preiswerte grüne Energie umsteigen. Tobias lesen Sie die anderen Beiträge nicht? Ich wünsche Ihnen ein zwei Kilometer westlich von ihrem Wohnort ein paar Fracking Bohrlöcher. Vielleicht begreifen sie es dann. Es ist richtig dass die letzten Jahre nichts oder zu wenig passiert ist. Die nächsten 20 Jahre passiert ein Vielfaches davon, denn wir sollen nicht nur sondern wir müssen ganz dringend, wenn wir konkurrenzfähige Produkte verkaufen wollen.
Die deutsche Industrie wird so schnell wie möglich Deutschland verlassen.
In den USA kostet Energie ca. 20% der Strom- und Gaskosten Deutschlands.
Erdgas wurde immer als notwendige Brückentechnologie zur Klimaneutralität bezeichnet. Diese Brücke ist gerade am einstürzen.
Ohne eine robuste Wirtschaft kann die Transformation CO2 Neutralität gelingen. Daneben gibt es noch die Probleme der alternden Gesellschaft. Der Bund finanziert die Renten inzwischen mehr als 100 Mrd. € pro Jahr aus Steuermitteln, weil die Rentenkasse nicht mehr ausreicht. Dazu kommen die steigenden Aufwendungen für Flüchtlinge.
Wo soll das Geld herkommen für einen schnellen Umstieg auf EE, die am Anfang vor allem hohe Investitionen haben.
Zu den Umweltrisiken bitte diesen Bericht studieren:
https://expkom-fracking-whg.de/lw_resource/datapool/systemfiles/elements/files/C5D4DD128BEF7FDBE0537E695E86475A/live/document/Bericht_ExpertenkommissionFracking_2021.pdf
Follow the science heisst es doch immer wenn Klima- und Coronaleugner auftauchen.
Wer keine Zeit hat das zu lesen. Mit der heute verfügbaren Technologie sind alle drei genannten Risiken beherrschbar.
„“In den Studien werden insbesondere die
folgenden Aspekte betrachtet, die auch in
aktuellen Diskussionen thematisch im Vordergrund stehen:
1. Monitoringkonzepte für Grundwasser
und Oberflächengewässer,
2. Methanemissionen,
3. mögliche Risiken durch induzierte
Seismizität.“
Was ist davon zu halten, dass man die Fracking-Bohrungen nach der produktiven Nutzung noch Jahrzehnte lang für Geothermie nutzen kann?
Diese zweifache Nutzung der Bohrungen klingt doch sehr interessant.
Ich behaupte einfach mal:
Es wird in DE niemals Fracking in industriellen Maßstab geben. In einem Land, in dem Bürgerentscheide gegen Ruheforste aus „ökologischen Gründen“ Erfolg haben, können Sie kaum einen Spatenstich tun, ohne dass man sich gerichtlich darüber auseinandersetzt.
Mr E-Fuels, Atom und Porsche steht mit seinen energiepolitischen Vorstellungen ziemlich alleine da. Auch die Argumentationshilfen aus Bayern sind eher ein Festzeltwitz als ein ernstzunehmender Vorschlag.