KIT: Lithium-Gewinnung in Deutschland mit begrenztem Potenzial

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Es ist mehr als zwei Jahre her, als das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) seine Methode für eine wirtschaftliche Lithium-Gewinnung in Deutschland vorstellte. Verheißungsvolle Reserven wurden unter anderem im Oberrheingraben eruiert. Die Idee ist, minimalinvasiv in Geothermieanlagen aus den Tiefengewässern des deutschen und französischen Oberrheingrabens den Rohstoff zu gewinnen. Gelöst in salzigen Thermalwasserreservoiren befinden sich dort beträchtliche Mengen des Elements Lithium – von 200 Milligramm pro Liter war die Rede.

Neben der Methode hat das KIT nun auch das Potenzial untersucht und dabei den Forschungsstand zusammengefasst. Theoretisch könnten in Deutschland demnach tausende Tonnen Lithium pro Jahr gefördert werden. Für ihre Schätzungen haben die KIT-Forscher alle potenziellen Standorte in Deutschland betrachtet. Wie viel Lithium gewonnen werden kann, sei dabei nicht nur von den Lithiumkonzentrationen im Wasser abhängig, sondern auch von der standortabhängigen Fließrate und der Reservoirgröße.

Geothermiestandorte mit Lithiumgehalten und Fließraten sowie die geplante Batteriezellfertigungen in Deutschland

Grafik: Goldberg et al. 2022

„Auf dieser Basis halten wir bei einer optimistischen Abschätzung eine jährliche Produktion von ungefähr 2600 bis 4700 Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent für möglich, wenn alle relevanten Geothermiestandorte mit entsprechenden Anlagen ausgerüstet werden“, sagt Fabian Nitschke vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW), der an den Studien beteiligt war. „Damit könnten wir etwa 2 bis 13 Prozent des Jahresbedarfs der geplanten Batteriefertigung in Deutschland decken.“ Ein weiterer Zubau an Geothermiekraftwerke könne zur Steigerung der Fördermengen führen. Allerdings dauert es in der Regel fünf Jahre, bis solche Kraftwerke in Betrieb gehen. „Angesichts des globalen prognostizierten Lithiumdefizits und der geplanten Batteriefertigung wird sich die Lage speziell für Deutschland rasch zuspitzen. Das Lithium aus der Geothermie kann mittelfristig also nur eine Ergänzung darstellen“, so Nitschke weiter.

Wegen des hohen Bedarfs an Batterien für die Energiewende stuft die EU Lithium als kritischen Rohstoff ein. Es erwartet ein Lithium-Defizit für die Batteriefertigung. „Wir sind dabei vollständig auf Importe angewiesen, weltweit stammen 80 Prozent des Lithiums aus Chile und Australien“, sagt Valentin Goldberg vom Institut für AGW des KIT. „Gleichzeitig nehmen wir erhebliche Umweltkosten beim konventionellen Abbau in diesen Ländern in Kauf, etwa negative Auswirkungen auf das Grundwasser.“

Bei der Lithiumgewinnung in Geothermiekraftwerken kann hingegen eine bestehende Infrastruktur in Europa genutzt werden, mit der bereits viel Thermalwasser mit teilweise hohem Lithiumgehalt gefördert wird. Nach der Energieproduktion soll das Lithium dabei technologisch abgetrennt und das Wasser, wie im Kraftwerkbetrieb üblich, in den Untergrund zurückgeführt werden. „Grundsätzlich sehen wir die Technologie sehr positiv. Flächenverbrauch und Umweltkosten wären gering, genauso die Transportkosten“, so Goldberg weiter.

Die vom KIT erstellten Prognosen sind noch mit einigen Unsicherheiten behaftet. Die Größe und die Herkunft der Lithiumvorkommen in den Geothermalsystemen sowie die Reaktion der Reservoire auf eine kontinuierliche Förderung würden derzeit noch erforscht. Auch die Technologien zur Extraktion befänden sich noch in einem frühen bis mittleren Entwicklungsstadium. Langzeittests stünden noch aus. „Im direkten Vergleich zeigten sich allerdings bereits spezifische Vor- und Nachteile, die für eine wirtschaftliche Lithiumextraktion besonders relevant sind“, sagt Tobias Kluge vom AGW, dritter Autor der beiden Studien. „So wirken sich der Bedarf an zusätzlichen Rohstoffen, Schäden durch Ablagerungen an Bohrlöchern, Extraktionseinheiten und der Energieverbrauch direkt auf die Wirtschaftlichkeit aus.“

Doch Vorkommen, Technologie und Wirtschaftlichkeit sind nicht alles: Es sei auch eine breite gesellschaftliche Unterstützung und Akzeptanz notwendig. Nur dann könne die Lithiumgewinnung mittels Geothermie-Kraftwerke in Deutschland letztendlich auch realisiert werden. „Unsere Veröffentlichungen im Magazin Grundwasser richten sich deshalb nicht nur an ein Fachpublikum“, erklärt Goldberg. „Vielmehr wollen wir Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft aber auch allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, sich direkt und unabhängig über Chancen und Herausforderungen zu informieren.“

Links zu den beiden Studien:

Goldberg, V., Kluge, T., Nitschke, F.: Herausforderungen und Chancen für die Lithiumgewinnung aus geothermalen Systemen in Deutschland Teil 1: Literaturvergleich bestehender Extraktionstechnologien. Grundwasser. (2022), https://doi.org/10.1007/s00767-022-00522-5

Goldberg, V., Nitschke, F., Kluge, T.: Herausforderungen und Chancen für die Lithiumgewinnung aus geothermalen Systemen in Deutschland Teil 2: Potenziale und Produktionsszenarien in Deutschland. Grundwasser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie (2022), https://doi.org/10.1007/s00767-022-00523-4

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