Im Landtag in Schwerin ist am vergangenen Freitag auf Antrag der Grünen über das „Zielabweichungsverfahren für Photovoltaik-Freiflächenanlagen vereinfachen und Flächenkontingente erhöhen“ diskutiert worden. Die Grünen monierten den schleppenden Photovoltaik-Ausbau im Land und verwiesen darauf, dass über das Zielabweichungsverfahren die Flächen für Photovoltaik-Kraftwerke zu stark eingeschränkt würden. Das Zielabweichungsverfahren war vor rund einem Jahr eingeführt worden, um auf 5000 Hektar landwirtschaftliche Flächen neue Solarparks zu ermöglichen. Dazu war eigens eine Matrix entwickelt worden, welche Kriterien für diese Flächen erfüllt werden müssten.
Die Entwicklung der Matrix habe mit einem Jahr sehr lange gedauert, gestand der zuständige Landeswirtschafts- und -energieminister Reinhard Meyer (SPD) in der Debatte ein. Er lehnte es aber genau aus diesem Grund ab, die Kriterien für das Zielabweichungsverfahren aktuell wieder zu ändern, selbst wenn auch er die Flächenkulisse für eher unzureichend hält. Seit Inkrafttreten vor gut einem Jahr seien 70 Anträge eingegangen, die zusammen 4800 Hektar umfassen, sagte Meyer. Bislang seien aber nur zwei der Anträge abschließend bearbeitet worden.
Die Bearbeitung solle nun beschleunigt. Er räumte ein, dass es vielerorts an Personal in den Behörden mangele. Deswegen habe er als Minister ab 1.9. eine neue Regelung durchgesetzt. „Wenn ein Antrag innerhalb von vier Wochen in der internen Behördenabstimmung nicht entsprechend beantwortet wird, gilt das als Zustimmung“, erklärte Meyer im Schweriner Landtag. Damit solle die Abarbeitung vorliegender Anträge deutlich beschleunigt werden und Bewegung in dem Genehmigungsprozess kommen.
Die Grünen könnten ihn als Minister in den kommenden Wochen und Monaten an dieser Aussage messen. Inwiefern es dann auch noch zu einer Ausweitung der Flächen, zumindest angepasst an die Vorgaben des EEGs kommen werde, müsse sich zeigen. So sind Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Mecklenburg-Vorpommern nur innerhalb der 110 Meter entlang von Autobahnen und Schienenwegen erlaubt. Nach dem EEG sind aber auch 200 Meter Abstand möglich. Zudem seien die trockengelegten Moorflächen nicht enthalten, monierte der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm in der Debatte. Allein dies umfasse rund 23.000 Hektar, die für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden könnten.
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Ganz schön mutig seitens des Landesregierung, so in die kommunale Planungshoheit einzugreifen. 4 Wochen für die Bearbeitung ist völlig unrealistisch und wird so wohl nicht zu einer Baugenehmigung oder Beschleuigung der Verfahren führen. Es geht offenbar auch nicht um eine finale Baugenehmigung, sondern nur um die prinzipielle Zusage, dass ein B-Plan-Verfahren angefangen wird. Da Solarparks keine privilegierten Bauvorhaben gem. BauGB §35 sind, muss eine Kommune nämlich nicht springen und bewilligen, nur weil jemand einen Antrag stellt. Es ist in der Planungshoheit der Kommune dazu NEIN sagen zu können und das ist gut so! Wenn ich der zuständige Bürgermeister bzw. Bauamtsleiter wäre, würde ich mich auch nicht scheuchen lassen, nur weil ein Minister meint, dass wäre eine tolle Idee. Mit Zwang und Gewalt werden wir die Energiewende nicht schaffen. Es muss so attraktiv sein, dass alle Stakeholder an einem Strang ziehen. Vielleicht überlegt die SPD in MV noch mal neu, wie es dazu kommen könnte, dass so viele Solarparks entstehen, dass wir bis 2030 die Energiewende zumindest für den Stromsektor irgendwie schaffen? Für MV bedeutet das nämlich, dass sie zum Stromexporteur werden würden damit dauerhaft viel Geld ins Land schaufeln könnten. Allemal besser, als trockenen Sandboden zu beackern.
Im Außenbereich liegt die Planungshoheit beim Privaten bzw. dessen Investor, selbst dort blockieren die Bürgermeister(in) bzw. die Genehmigungsbehörden ob WEA oder PV. In einigen Sachen benötigt man kein Zielabweichungsverfahren wenn als WEA Eignungsgebiet ausgewiesen worden ist. Selbst Investoren haben Angst Bauanträge zu stellen selbst wenn es schon seit 6 Jahren ausgewiesen ist und nicht in Sichtfläche fällt.
@Ralf Schnitzler es geht hier um die Zielabweichungsverfahren, die in M-V aufgrund des LEP grundsätzlich durchgeführt werden müssen, sofern die FF-PVA nicht in dem 110m EEG-Korridor geplant wird. B-Plan-Verfahren laufen weiter ganz normal in der Kommune.
Warum ändert die Landesregierung denn nicht einfach den LEP. Das wäre doch ihr Job?
@Ralf Schnitzler das LEP wird vom Land M-V nur etwa alle 10 Jahre angefasst, letzte Anpassung fand im Jahr 2016 statt (siehe https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/wm/Raumordnung/Landesraumentwicklungsprogramm/).
2016 war in MV eine Regierung aus SPD und CDU an der Macht, und in Sachen Energiepolitik bildeten die jahrelang eine ungute Gemeinschaft zur Verhinderung des Erneuerbaren-Ausbaus. So sieht der LEP dann auch aus. Und wenn eine Regierung daran festhält, sieht man ja, wie ernst es ihr ist mit ihren Sonntagsreden.
Guten Morgen,
kleine Anmerkung: laut jüngsten Änderungen im EEG sind es 500m entlang von Autobahnen und Schienenwegen.
„Ganz schön mutig seitens des Landesregierung, so in die kommunale Planungshoheit einzugreifen. 4 Wochen für die Bearbeitung ist völlig unrealistisch und wird so wohl nicht zu einer Baugenehmigung oder Beschleuigung der Verfahren führen.“
Wenn ich das richtig verstanden habe gelten die 4 wochen nur, wenn die Kommune es nicht geschafft hat
„in der internen Behördenabstimmung nicht entsprechend beantwortet wird“
Das bedeutet nicht, dass der Antrag genehmigt/abgelehnt worden ist – nur dass irgendeine Antwort vorgelegen hat. Notfalls reicht. „wir haben einen Eingangstempel drauf gemacht“
Die Kommunen versuchen durch Untätigkeit, den Bau von PV-Anlagen zu verhindern. Dienst nach Vorschrift als kommunale Streikmaßnahme.
@Egon Meier schreibt: „Die Kommunen versuchen durch Untätigkeit, den Bau von PV-Anlagen zu verhindern. Dienst nach Vorschrift als kommunale Streikmaßnahme.“ Warum wohl streiken die Kommunen? Weil vielleicht die Spielregeln nicht so attraktiv sind, zu denen dort gespielt wird? Vielleicht haben Windparkinvestoren schon so viel verbrannte Erde hinterlassen, dass die Kommunen sauer gefahren sind von der Energiewende? Da würde ich als Landesminister ansetzen. Wie gesagt haben die Kommunen die Planungshoheit bei Solarparks und könnten das zum ewigen Goldesel machen. Warum tun sie das denn nicht?
Weil sie Angst vor dem Wutbürger in der Wahlkabine haben.
Ablehnen: ein paar regen sich auf und vergessen die Sache oder planen neu.
Zustimmen: die Leute von der Anti Spargel-Landschafts-Verschandelungs-Bewegung sind verloren und hören nicht auf, kommunal zu stänkern.
Einfache Sache so eine Entscheidung. Es gibt hunderte Artikel über derlei gescheiterte EE Projekte der letzten Jahre auf kommunaler Ebene. Die Wende wird imho zu einem wesentlichen Teil quasi von unten mindestens verzögert. Warum? Ich tippe auf das Übliche: Befindlichkeiten, Neid und Missgunst. Schwierig, da gute Sachargumente zu bringen, denn die kennen die Beteiligten bestens.
Ich fürchte, ohne Durchgriffsrechte in die kommunale Planung wird die Sache sehr sehr mühsam werden. Es gibt immer mindestens einen Grund, ein Projekt abzulehnen. Beim ersten Gerücht sind die Unterschriftensammler der Bürgerinitiative GEGEN das Projekt auf der Straße und das Gespräch vergiftet. Das ist in S-H so oft passiert die letzte Zeit, dass es nachdenklich macht. Ergebnis?
Es handelt sich hier um die Landesbehörden, die durch Untätigkeit den Bau von PV-Anlagen verhindern. Die Kommunen sind die Antragsteller und bitten das Land(bislang meist ergebnislos) um die Durchführung des Zielabweichungsverfahrens. Sicherlich werden die Kommunen bei der Antragstellung von der Projektplanern unterstützt, die sich nun mal besser mit den juristischen Feinheiten auskennen als ein Dorfbürgermeister oder dessen Amtsverwaltung.
Nach meinem Eindruck wird da versucht, Verbesserungen zu erreichen, indem man auf verkorkste Regelungen noch eine verkorkste Korrektur oben draufsetzt. So wird das nichts. Wenn man „Zielabweichungsverfahren“ vom Landesentwicklungsplan erstmal genehmigen lassen muss, bis ein Bauantrag gestellt werden kann, dann wird doch schlicht zweimal nacheinander das gleiche von verschiedenen Behörden geprüft. Nun hat noch keine Behörde gesagt „Eigentlich brauchts mich nicht“. Aber von außen kann man das durchaus. Bitte!
Wenn man den LEP ändert (aber schnell!), dann braucht es auch kein Zielabweichungsverfahren mehr. Wär doch mal was?
Und die Kommunalfinanzen sollten auch mal so aufgestellt werden, dass sie an einem Solarpark das verdienen, was er ihnen sonst an Entwicklungsmöglichkeiten nimmt.
Das Zielabweichungsverfahren schafft meiner Meinung die Voraussetzung für die Aufstellung eines Bebauungsplans, aber noch lange nicht für eine Baugenehmigung.
In einem Dorf im ländlichen Raum gibt es keine Entwicklungsmöglichkeiten, die der Solarpark nimmt, außer zum Anbau von Mais oder Kohl.
Wo es bauliche Entwicklungsmöglichkeiten gibt, sorgen schon die Landbesitzer dafür, dass sie sich diese nicht verbauen lassen.
Ich habe mich immer gefragt warum die Kommunen diese Goldgrube nicht nutzen. Es gibt schon viele Anlagen bei denen Gemeinden und Bürger große Vorteile haben. Viele Kommunen und der den Stadtwerke haben Anteile an RWE und anderen großen Anbietern. Dadurch entsteht natürlich ein großer Interessenkonflikt. Da die Kommunen so nicht mehr frei handeln können oder möchten sollte man diese Mittel zwingend für erneuerbare Energie vorschreiben und umwidmen. Dann kann auch zum Vorteil der Bürger gearbeitet werden.
Wenn 70 Anträge eingegangen sind, die zusammen 4800 Hektar umfassen, aber 5000 Hektar bewilligt werden sollen (die eher unzureichend sind), brächte man gar nicht erst zu priorisieren, sondern kann ohne weiteres alle Anfragen positiv bescheiden.
Das bedeutet dann lediglich, dass die Gemeinde ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplan beginnen darf, und dass dem eben nicht mehr eine Abweichung von Zielen der Raumordnung entgegengehalten werden darf – in der Regel ist das die Ausweisung als „Vorbehaltsgebiet Landwirtschaft“ und „Vorranggebiet Lw.“.
Alle materiellen Einschränkungen – z.B. kein Naturschutzgebiet oder Naturschutz-schädliche Fläche – bleiben ohnehin bestehen. Ein ABbruch des Verfahrens bliebe also immer noch möglich, und dann könnte auch keine Baugenehmigung erteilt werden.
Update 2024: https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Solarparks-Den-Gemeinden-in-MV-dauert-es-zu-lange,solarprogrammmv100.html Mehr Anträge, nachgeschobene Anforderungen, mehr Frust.