In Rheinland-Pfalz ist die erste Agri-Photovoltaik-Anlage eingeweiht worden. Das Pilotprojekt mit dem vollen Namen „Agro-Photovoltaik als Resilienzkonzept zur Anpassung an den Klimawandel im Obstbau“ (APV Obstbau) entstand in der Gemeinde Grafschaft und hat eine Leistung von 258,3 Kilowatt. Aufgrund von Lieferengpässen konnte sie trotz aller erteilten Genehmigungen bislang noch nicht ans Netz gehen. Das Land Rheinland-Pfalz hat die speziell für die Kombination mit dem Apfelanbau konzipierte Photovoltaik-Anlage mit etwa 576.000 Euro gefördert. Die Solarmodule sind dabei horizontal aufgeständert und auf einer Fläche von 3600 Quadratmetern installiert. Die Gesamtfläche des Forschungsprojekts umfasst etwa 9100 Quadratmeter.
„Agri-PV zeigt uns, welche Potentiale im Klimaschutz stecken, wenn wir versuchen Synergien zu schaffen und die Akteure nicht in Konkurrenz zueinander setzen“, erklärte Landesumweltministerin Katrin Eder zur Einweihung. Ziel des durch Land und Bund geförderten Vorhabens sei es, die Resilienz im Obstbau zu steigern sowie zur ressourceneffizienten Landnutzung beizutragen. „Hierdurch soll unter anderem eine Landnutzungskonkurrenz zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Landwirtschaft entschärft werden“, so Eder weiter. Das Forschungsprojekt ist bereits im April 2020 gestartet und hat eine Laufzeit von fünf Jahren.
Mit Hilfe der Forschungsanlage soll die Praxistauglichkeit des erarbeiteten Konzepts unter Realbedingungen evaluiert werden. Ergebnisse des Projekts sollen dabei zeigen, inwieweit ein Obstanbausystem und herkömmliche Photovoltaik-Anlagentechnik kombinierbar sind. Im Fokus der Forschungen in der Agri-Photovoltaik-Obstbauanlage stünden insbesondere das Lichtmanagement, das Anlagendesign, die Landschaftsästhetik, Wirtschaftlichkeit, Sozialverträglichkeit und pflanzenbaulicher Parameter.
Insgesamt fünf Versuchsvarianten werden dabei zum Vergleich herangezogen: eine Kontrollvariante mit betriebsüblichen Hagelschutznetzen, eine Folienüberdachung, eine Agri-Photovoltaik-Anlage mit fixer Ausrichtung der Module mit Modultyp 1, eine Agri-Photovoltaik-Anlage mit der Sonne nachgeführten Modulen und eine Agri-PV-Anlage mit fixer Ausrichtung der Module mit Modultyp 2, wie es weiter hieß. Bei der Forschung zur gesellschaftlichen Akzeptanz und Sozialverträglichkeit sollen unter anderem Bürgerveranstaltungen organisiert werden. Zudem wird ein Photovoltaik-Obstbau-Leitfaden erarbeitet und mit kommunalen Vertretern die Chance geprüft, Agri-Photovoltaik in den bestehenden Klimaschutzplan vor Ort zu integrieren. „Klimaschutz muss konkret sein und im Alltag praktikabel, das ist der Anspruch, den wir haben“, erklärte Eder. Auch ohne Netzanschluss seien bereits erste Versuche in der Anlage möglich.
Die Landesverbände Erneuerbare Energien (LEE) aus Nordrhein-Westfalen (NRW) und Rheinland-Pfalz/Saarland (RLP/SL) erklärten, dass es sich bei der Agri-Photovoltaik-Anlage im Landkreis Ahrweiler um die bundesweit erste in Kombination mit Apfelanbau handelt. Sie steht auf dem Gelände des Obsthofs von Christian Nachtwey und ist mit Unterstützung des Fraunhofer ISE und weiterer Forschungspartner entstanden.
„Aussagekräftige Forschungsergebnisse, die in ein beschleunigtes Umsetzungsverfahren einfließen können, sind weiterhin notwendig. Aber vor allem brauchen wir wirklich jede Fläche für den weiteren Solarausbau, ansonsten sind die angestrebten Ziele beim Solarausbau überhaupt nicht zu schaffen“, betonen beide Verbände. Doppelnutzung von Flächen sei ein Schlüssel, um den angestrebten Photovoltaik-Zubau von 215 Gigawatt bis 2030 zu erreichen.
„Gerade für das Weinbauland Rheinland-Pfalz bietet Agri-PV große Potenziale“, erklärte Christoph Zeis, Vorsitzender des LEE RLP/SL. Die Solardächer bieten für die Weinreben Schutz vor Hagel, heftigen Regenschauern, Frost und Sonnenbränden und schützen die Böden vor Austrocknung. All das wird angesichts der immer häufiger auftretenden Extremwetter immer wichtiger.“
Mit dem EEG 2023 sollen Agri-Photovoltaik-Anlagen gesondert gefördert werden. Bislang sind nur wenig Projekte umgesetzt worden. Nach einer Übersicht des Fraunhofer ISE gibt es bundesweit bislang lediglich knapp zwei Dutzend Agri-Photovoltaik-Projekte mit insgesamt 22 Megawatt. Nach einer Studie der Freiburger Forscher ist jedoch ein technisches Potenzial von 1700 Gigawatt bundesweit vorhanden. „Selbst wenn davon nur zehn Prozent realisiert werden, wäre dies das Dreifache der heutigen installierten Solarstromleistung in ganz Deutschland. Bei all den Potenzialen der Agri-PV sollte der Ausbau klassischer Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen aber nicht aus dem Auge verloren werden“, erklärten die Verbände. Auch klassische Photovoltaik-Anlagen leisteten bereit seinen wichtigen Beitrag zur Bioversität.
Anmerkung der Redaktion: Das Statement der Landesverbände ist nachträglich in den Artikel aufgenommen worden.
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Eine halbe Million für Äpfel, dasselbe braucht man noch für Pflaumen, Birnen, Kirschen und Aprikosen. Für Himbeeren, Erdbeeren, Stachelbeeren und Johannisbeeren braucht man sicherlich mehr Förderung. Jede landwirtschaftliche Lehranstalt und jedes Bundesland verschwendet hier Geld für die selbe Sache. Pv-parks mit Grünstreifen sind die einzige Art preiswerte grüne Energie herzustellen. Alles andere ist Sache der Bauern. Er soll die Förderung für sein landwirtschaftliches Produkt bekommen und die übliche Zulage wie ein Solarpark. Alles andere können wir uns gar nicht leisten, da das Geld irgendwann knapp werden wird.
Auch wenn es sich schön liest, in Wirklichkeit ist Agri-PV ein nicht notwendiger Versuch, die Energiewende zu verlangsamen und zu verteuern. Es gibt ausreichend Fläche für „normale“ Solarparks. Ich denke in erster Linie an die Ackerflächen für den Anbau von Energiepflanzen. Auf den knapp 2,3 Millionen Hektar könnten jährlich 2.300 Terawattstunden grünen Stroms geerntet werden. Das ist ungefähr 50 bis 80 mal mehr Energie, als auf den 2,3 Millionen Hektar mit Energiepflanzen geerntet wird.
Als nächstes denke ich an die 6 Millionen Hektar Futtermittelanbaufläche auf Acker- und Grünland, wenn die 2,3 Millionen aus dem Energiepflanzenanbau nicht reichen sollten. Als drittes denke ich, dass wir 10-20 % ökologische Vorrangflächen im Agrarland (ca. 17 Millionen Hektar) aus Artenschutzgründen sehr dringend benötigen. Das wären 1,7 bis 3,4 Millionen Hektar. Wenn man diese ökologischen Vorrangflächen mit Biodiv-Solarparks, dann könnte man die Biodiversitätskrise systematisch beackern und viel Geld für den Umbau der Landwirtschaft ohne jede Subvention aus Brüssel ernten. Es gibt in meinen Augen also gar keine Flächenkonkurrenz, welche Agri-PV begründet. Darum verstehe ich natürlich auch nicht, warum hier Fördergelder eingesetzt werden.
In 5-10 Jahren, spätestens 20 Jahren, wächst dank des Klimawandels vermutlich kein Apfelbaum mehr in Grafschaft, weil es den Bäumen auch dort zu heiß wird. Hat man dies bei der ganzen Euphorie auch bedacht? Auch der Weinanbau geht dann vermutlich nur noch im Gewächshaus, weil es auch dem Wein im Schatten eines Solarpanels zu heiß wird.
Letzte Anmerkung: Biodiversitätsschutz sind Obstanbau und Weinanbau aber auf keinen Fall, wie das „auch“ im letzten Satz des Artikels vorgaukeln mag. Das sind Monokulturen mit abenteuerlichem Pestizideinsatz. Also bitte nicht mit falschen Etiketten schmücken!
Jooh! Woran werden die eigentlich die Förderzusagen festgemacht?
Ist es z.Z. unser wichtigtstes Ziel den „verschatteten Obstbau“ entsprechend zu fördern?
Ohne weiters Fachwissen werde ich vermuten, daß es funktionieren wird.
Aber wird dieser Einsatz von PV uns in der Klimakriese wirklich maßgeblich vorranbringen?
Den verantwortlichen Entscheidern wünsche ich zukünftig ein eher ruhiges Händchen und bei der Mittelvergabe eher mal das Hirn einzuschalten; sorry! Solch ein Unfug gibt´s doch gar nicht!
Das ist alles richtig, Herr Schnitzler, aber es geht von der Prämisse aus, dass Agri-PV im Vergleich zu Freiflächenanlagen teuer ist. Für viele APV Systeme mag das zutreffen (wobei bei oben genannter Förderung vor allem die Forschungsaktivitäten den Preis in die Höhe treiben), aber nicht für Nachführsysteme auf Acker- oder Grünland, bei denen die höheren Kosten durch den höheren Ertrag annähernd kompensiert werden. Das Problem in D ist, dass die Solarwirtschaft traditionell Vorbehalte in Bezug auf Nachführsysteme hat, deshalb gibt es noch zu wenige Forschungsergebnisse die das Offensichtliche bestätigen würden.
Das Problem von Landwirten ist auch, dass mit „normalen“ FFA’s die Pachtpreise in die Höhe schnellen, und sie selbst dadurch nicht expandieren können = verminderte Optimierung der Wirtschaftlichkeit.
Wenn unter wirtschaftlichen Bedingungen APV ähnlich ertragreich für den Energiewirt ist, sieht die Bewertung natürlich anders aus, beides hat seine Berechtigung, jedes Projekt hat seine eigenen Standortbedingungen. APV ermöglicht weitere Flächen zu renaturieren, da es mindestens 80% weniger landwirtschaftlichen Ertrag vernichtet, für die gleiche erzeugte Energie, im Vergleich zu FFA’s.
@Axel Pustet: Ich glaube Ihnen nicht, weil ich mit vielen Landwirten spreche und selber mal einer war. Im Solarpark mit Agrartechnik rumzufahren macht betriebswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn, weil der Ertrag eines reinen Solarparks viel höher ist. Aus versicherungstechnischen Gründen muss der auch immer komplett eingezäunt sein und sollte möglichts nicht betreten, geschweige denn befahren werden. 16-jährige Treckerfahre fahren sogar Hochspannungsmasten um, wie vor wenigen Tagen im Rheinland geschehen. Das Problem mit den Pachtpreisen sehe ich auch – aber das gilt ja nur für Nicht-Landbesitzer-Landwirte. Immerhin sind das ca. 50 % der bewirtschafteten Flächen. Dafür habe ich eine Lösung: Solarparks dürften nur auf Flächen errichtet werden, die von der Kommune verpachtet werden. Will sagen: Die Kommune pachtet das Land vom Landbesitzer für einen moderaten Pachtpreis an, der maximal das doppelte der ortsüblichen Pacht betragen darf. An den Solarparkbetreiber wird die Fläche dann für den maximal möglichen Pachtpreis weiterverpachtet. Von der Differenz erhält der bisherige Pächter für max. 20 Jahre einen Anteil und der Hauptanteil wandert in die kommunale Kasse, um Gutes in der Kommune zu tun. Was halten Sie davon?
Hallo Herr Schnitzler,
ich bin mir nicht sicher was sie nicht glauben, wir bauen FFA’s und ich weiß, was Nachführsysteme kosten, weil ich selbst im Management einer Tracker-Firma war. Unsere Kalkulationen ergeben, dass Agri-PV Anlagen ähnlich wirtschaftlich sind wie FFA’s. Bearbeitungsmaschinen werden mit GPS fahren, also auf wenige Zentimeter genau.
Ein wichtiger Punkt sind Versicherungen (wir arbeiten daran), und vor allem die Akzeptanz der Landwirte: das wird dauern, richtig. An den anderen Zahlen, wie z.B. dass 80% weniger LW-Ertrag pro erzeugter kWh vernichtet wird, gibt es kaum zu rütteln. Aber es ginge zu weit, dies im Detail in den Kommentaren zu erörtern, ich bin mir sicher, Sie finden mich im Internet, Sie können mich gerne kontaktieren.
Weil ich um die Ecke wohne, habe ich mir die im Text beschriebene Versuchsanlage in Gelsdorf angesehen. Was direkt mal auffällt: Das Bild über dem Artikel hier ist eine andere Anlage. Könnte man besser machen?!
Die Besichtigung brachte aber einen sehr spannenden Erkenntnisgewinn: Anstelle aufwändiger Hagelschutznetz/-folienbauten bietet die AGRI-PV-Anlage, knapp 4 Meter über den Obstbäumen Vorteile: Die Blätter der Bäume bleiben bei „normalem“ Regen trocken – das reduziert den Krankheitsbefall enorm. Die Ernte bei Regen kann quasi trockenen Fußes erfolgen. Unter den Bäumchen wächst weniger bis gar kein „Un“-Kraut, weil es dort sehr trocken ist. Wenn es regnet bildet sich an den Tropfkanten der 2 Meter langen Module relativ mehr Niederschlag, der in der dort stehenden Vegetation gut versickern kann, der dadurch beim nachfolgenden Sonnenschein aufgrund der relativen Abschattung durch die Module nicht so schnell verdunstet und somit die Wassermenge-verfügbarkeit für die Obstbäume erhöht. In luftiger Höhe nisten schon die ersten Vögel, die sich von viel Metall und Glas nicht abschrecken lassen. Greifvögel nutzen die Ansitzgelegenheit auch schon.
Da die Obstbauern Gestelle in der Obstbaumreihe gewohnt sind, ist eine mögliche Unfallgefahr auch kein Thema.
Es wird geforscht werden und am Ende werden wir noch mehr wissen, ob das für schutzbedürftige Sonderkulturen eine gute und lohnenswerte Sache ist.
Der Obstbauern vor Ort ist jedenfalls sehr zufrieden.