Wer mit dem Zug nach Marburg reist, wurde dort jahrzehntelang von einem ausgesucht tristen, zahnsteinfarbenen Ärztehaus aus den frühen Achtziger Jahren empfangen. Aus dem alten Schandfleck ist jetzt jedoch nach umfassender Sanierung ein echtes Schmuckstück geworden – dank gebäudeintegrierter Photovoltaik: Eine das Haus auf zwei Seiten umfassende Solarfassade liefert nicht nur klimaneutralen Strom, sondern macht das Gebäude auch dank ihrer elegant schimmernden dunklen Färbung zu einem echten Blickfang. Das Projekt lag in den Händen des Architekten Hagen Plaehn aus Hannover und wurde am Freitagnachmittag im Beisein der Marburger Bürgermeisterin Nadine Bernshausen und des Geschäftsführers der Landesenergieagentur Hessen, Karsten McGovern, offiziell in Betrieb genommen.
Die Anlage mit einer Leistung von rund 50 Kilowatt wurde im Auftrag des Diagnostikzentrums Marburg errichtet – eine große Radiologiepraxis, die im Haus ansässig ist. Dem Betreiber der Praxis, Professor Siegfried Bien von der Uniklinik Marburg, gehört das Gebäude.
Die BIPV-Anlage besteht aus 120 Modulen mit Leistungen zwischen 271 und 577 Watt, die Sunovation aus dem unterfränkischen Elsenfeld individuell für das Gebäude hergestellt hat. Der Clou dabei: Manche Module sind gebogen, um der Fassade eine Rundung zu geben.
Die Module stammen aus der Sunovation-Baureihe „eForm color“. Sie haben eine schwarze Optik mit dezent sichtbaren Zellen. Das Rückseitenglas ist schwarz eingefärbt und die Verschaltung der Zellen auf der Vorderseite dunkel abgedeckt. Sunovation verwendet hier monokristalline Hochleistungszellen, die mit einem Temperatur‑, UV- und PID-beständigen Silikongel in beinahe beliebige Gläser eingekapselt werden können.
PPA-Vertrag mit den Stadtwerken Marburg
Aber nicht nur die Technik der BIPV-Module ist innovativ – auch die Finanzierung der Anlage: Das Kapital stammt von privaten Investoren, die sich mit Beträgen ab 12.300 Euro an der Anlage beteiligen konnten. Die krumme Zahl rührt daher, dass die Geldgeber einzelne Module erwerben konnten. Die Investoren haben den Marburger Verein Sonneninitiative e.V. beauftragt, einen PPA-Vertrag mit den lokalen Stadtwerken zu schließen. Der kommunale Versorger verkauft den abgenommenen Solarstrom dann an die Radiologiepraxis. Der PPA-Vertrag hat eine Laufzeit von 20 Jahren. Den Investoren winkt nach Angaben des Vereins eine jährliche Rendite von rund fünf Prozent. Die technische und kaufmännische Betriebsführung liegt in den Händen von Sonneninitiative e.V.
Gebäudeeigentümer Bien setzt schon länger auf die Photovoltaik. Vor einigen Jahren hat der Mediziner bereits eine klassische Dachanlage installieren lassen. Das Thema Klimaschutz hat für ihn höchste Priorität. So soll seine Praxis das das erste klimaneutrale radiologische Zentrum in Deutschland werden. Als weiteren Schritt auf diesem Weg nutzt Bien bereits die Abwärme der Computertomographen, um das Haus sowie Nachbargebäude zu beheizen – neben der BIPV-Anlage macht auch dieses Konzept Bien zum Vorreiter in Deutschland.
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Geht es nicht noch komplizierter? Müller kauft Paneele 1-5, Meier Paneele 6-8, und so weiter. D.h., in den kommenden 20 Jahren werden viele Arbeitsstunden notwendig sein, um den Ertrag jedes einzelnen Moduls zu verfolgen, abzurechnen etc. . Dann wird der Strom erst einmal an den örtlichen Versorger verkauft, der den an die Klinik liefert. Könnte vielleicht auch ich an diesem Spiel teilnehmen ? Ich würde nur 1 Cent auf die KWH aufschlagen. Mein Rechtsanwalt bereitet schon den Vertragsentwurf vor.
Wenn es eines Beweises bedurfte, warum die Energiewende scheitern wird, hier ist er. Die Menschen, die solche komplizierten Konstruktionen umsetzen, fehlen in der Produktion, Installation und Wartung.
Mindestinvest: 12.300 €
5% auf 20 Jahre ist doch eine super Sache. Da wären sicher viele sofort dabei, wenn das Konzept Schule machen würde.
Das gleiche für Schulen, Sporthallen etc. mit ähnlicher Bürgerbeteiligung. Sofort im dreistelligen Milliardenbetrag(!) pro Jahr(!). Dann schaffen wir noch was bis 2030.
Allein mir fehlt der Glaube.
Vielleicht ist es ganz bewusst kompliziert. Wenn dieser Preis für ein ein Fassaden Modul sein soll, dann rentiert sich diese Investition nur für den Eigentümer des Hauses, denn er hat eine neue Fassade bekommen. Wie lange die Rendite garantiert ist wird man sehen.
Das ist überhaupt nicht kompliziert, sondern ein Prinzip bei der Sonneninitiative. Ich bin seit 2008 mit einer Beteiligung an einer PV-Anlage auf einem Frankfurter Schuldach dabei. All die Jahre zu meiner Zufriedenheit.
Geschmack beim Bauen war schon immer Glückssache. Mein Eindruck ist, daß der Koloss absolut reinhaut und jegliches Umfeld gestalterisch sprengt. Ich verstehe nicht, wie ein Stadtplanungsamt eine solche Fassade zulassen kann. Schee is annerst.