Aktuell ist immer wieder zu hören, dass viele Photovoltaik-Anlagen fertiggestellt sind, die aber nicht ans Netz angeschlossen werden können. Bei Photovoltaik-Anlagen ab 135 Kilowatt liegt das oftmals am fehlenden Anlagenzertifikat, wo die gestiegenen Anforderungen an die Betreiber und gleichzeitig limitierten Kapazitäten bei Zertifizierern zu einem Rückstau geführt haben (siehe Artikel im pv magazine Deutschland, März 2022). Doch auch bei Photovoltaik-Dachanlagen läuft nicht alles reibungslos. Die Bürokratie und unterschiedlichen Anforderungen der Verteilnetzbetreiber strapazieren hier die Nerven von Betreibern und Installateuren. Die Zusage für einen Netzanschluss dauern von wenigen Minuten bis zu acht Wochen, wie Patrick Bagusch von Installion kürzlich in einem Interview mit pv magazine erklärte.
Mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) könnte sich letzteres künftig ändern. Sie wurde am Freitag in zweiter und dritter Lesung im Bundestag diskutiert und verabschiedet.* Nach dem neuen Artikel 14e sollen die Verteilnetzbetreiber verpflichtet werden, eine gemeinsame Internetplattform einzurichten und zu betreiben. Darüber soll dann das Netzanschlussbegehren für Photovoltaik-Anlagen abgewickelt werden. Holger Schneidewindt von der Verbraucherzentrale NRW spricht von einem „Booster für Energiewende durch Prosumer“.
In Sachen „Digitalisierung der Energiewende“ ist dieser digitale Netzanschlussprozess für #Prosumer-Anlagen erstmal wichtiger als der #SmartMeter-Rollout – und wohl auch einfacher.https://t.co/KqCqco6ZvA
— Holger Schneidewindt (@cutwindt) June 24, 2022
Am Donnerstagsabend hatte der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) noch auf einige andere Änderungen hingewiesen, auf die sich SPD, Grüne und FDP für die EnWG-Novelle geeinigt hatten. Die geplanten Vereinfachungen für Netzausbau und Netzanschluss begrüßte der Verband. Der bne kritisierte jedoch die neuen und aus seiner Sicht „völlig unnötigen Regeln für den Smart-Meter Rollout“. Er fürchtet weitere Verzögerung bei der Digitalisierung der Energiewende.
„Nach dem Desaster bei der Digitalisierung brauchen wir jetzt vor allem weniger Vorgaben und mehr Kundenorientierung beim Smart-Meter-Rollout. Die Ampel geht leider genau den umgekehrten Weg“, erklärte bne-Geschäftsführer Robert Busch. „Bei der Zertifizierung intelligenter Messsystemen sollen zwingend auch netzrelevante Steuervorgänge vorgenommen werden. Dieser Schritt ist mehr als verwunderlich, ist doch in der Branche und in der Politik eigentlich unbestritten, dass die Digitalisierung des Energiemarktes gescheitert ist. Hier werden neue Schilder auf der falschen Straße aufgestellt“, so Busch weiter.
Dagegen positiv sei, dass in der EnWG-Novelle endlich die netzdienliche Flexibilität angegangen wird. Die Vorschläge müssten allerdings dringend praxistauglicher werden. So sei der bne bei den neu eingeführten Ausschreibungen für abschaltbare Lasten ab Juli 2023 skeptisch. „Die Bedingungen sind dermaßen restriktiv, dass die Ausschreibungen voraussichtlich keinen liquiden Markt finden werden“, erklärte Busch.
*Anmerkung der Redaktion: Die Novelle ist am Freitagnachmittag vom Bundestag verabschiedet worden. Daher wurde dieser Satz entsprechend nachträglich umformuliert.
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Ein Fortschritt wäre es schon, wenn Bürgerinnen und Bürger Informationen der Ortsnetztrafostationen zu Stromeintrag und Stromaustrag (mit Übersichten zugeordneter Standardlastprofile/Bilanzierungsstatistiken) unkompliziert nachkontrollieren könnten.
Und wieder ein neues Portal.
Sicher besser als aktuell ca. 800 verschiedene Verfahren.
Aber warum nicht einfach das Marktstammdatenregister um die benötigten Informationen erweitern? Da haben die Netzbetreiber doch schon Zugriff drauf.
Anlage dort vor dem Bau anmelden, Netzbereiber gibt Rückmeldung, nach dem Bau Inbetriebnahme bestätigen und Pläne hochladen. Fertig.
Verteilnetzbetreiber wollen keine Prosumer! Die brauchen Konsumenten! Die wollen Strom liefern.
Die Energiekonzerne wollen auch keine Prosumer! Die wollen Strom selbst erzeugen und verkaufen.
Also wirft man den sog. Prosumern so viele Hürden wie möglich in den Weg, damit ausgeförderte Anlagen möglichst verschrottet werden und neue Anlagen am besten gar nicht erst gebaut werden. Die Kreativität der Konzerne, Hürden zu erfinden und die Politik zu beeinflussen, ist riesengroß. Deshalb kommt die Energiewende nicht voran. Wir Prosumer dürfen zwar gerne in PV investieren. Rentieren sollte sich das für uns aber möglichst nicht mehr.
Dabei denke ich auch an meine Bürgersolaranlage. Die Hälfte meines selbst erzeugten Stroms darf ich an das Stadtwerk verschenken. Die verkaufen meine Energie dann an meinen Nachbarn. Nicht einmal das schwarze unter den Nägeln gönnt man uns Prosumern. Bei der Windkraft an Land haben regionale Eigentümer Gemeinschaften für Windräder aufgrund von Hürden auch fast immer das Nachsehen gegenüber Konzernen.
Ich bin sehr gespannt, was aus der geforderten Plattform wird und wann sie verfügbar sein wird.