Eon und RWE haben ihre Transaktion lange abgeschlossen – sie tauschten Geschäftsbereiche und stellten sich komplett neu auf. Doch bereits im Mai 2020 reichten elf Energieversorger Nichtigkeitsklagen gegen die Freigabe der EU-Kartellbehörden gegen den Deal ein. Im Februar 2021 die Unternehmen noch weitere Nichtigkeitsklagen gegen die Freigabe der Übernahme des Endkundengeschäfts und des Netzbetriebs von Innogy durch Eon eingereicht. Nun wird sich das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg damit befassen. Es sind von Mittwoch bis Freitag drei mündliche Verhandlungstage für die Klagen angesetzt, wie Naturstrom mitteilte.
Dessen Vorstandschef Thomas Banning sieht in der Ansetzung von drei vollen Tagen und der Besetzung der Kammer mit dem Maximum von fünf Richtern ein wichtiges Zeichen. „Die Ansetzung lässt mich hoffen, dass das Gericht den vorgebrachten Argumenten gebührenden Raum geben möchte. Und das ist auch dringend nötig“, sagte Banning. „Als Kind der Strommarktliberalisierung haben wir bei Naturstrom auch die Wildwestjahre Anfang der 2000er mitgemacht. Ich warne eindringlich davor, den aktuell leidlich funktionierenden Wettbewerbsrahmen zu beschädigen, indem sich Eon und RWE ungestört als Hegemon ihrer jeweiligen Einflusssphären etablieren können.“ Naturstrom ist eins der elf klagenden Unternehmen.
Die Klagen, die nun vor dem EU-Gericht verhandelt werden, richten sich Naturstrom zufolge gegen den Freigabebeschluss der EU-Kommission zu genau jenem Teil des Deals, der diese marktbeherrschende Stellung erst ermöglicht hat: nämlich zur Übernahme des Kraftwerksparks und des Stromgroßhandels von E.ON durch RWE (Fall M.8871). So war die damalige RWE-Tochter Innogy im Zuge des Deals zerschlagen und ihre Geschäftsaktivitäten auf RWE und Eon aufgeteilt worden. Damit standen die Energiekonzernen fortan nicht mehr im Wettbewerb zueinander, sondern konzentrierten sich auf jeweils separate Geschäftsfelder. Eon auf Endkundengeschäft und den Netzbetrieb, RWE hingegen auf die Erzeugung. Die Kläger verweisen darauf, dass das Bundeskartellamt in seinem „Marktmachtbericht zur Stromerzeugung“ die markbeherrschende Stellung von RWE in diesem Sektor offiziell bestätigt habe.
Neben den elf Klägern gibt es Kritik von weiteren Unternehmen an der Transaktion. In der Initiative #wirspielennichtmit habe sich ein breites Bündnis aus Akteuren der Energiewirtschaft, der Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammengefunden, hieß es weiter. Mehr als 30 Unternehmen, Verbände, Bürgerenergiegesellschaften und Vereine sei daran beteiligt, darunter Green Planet Energy, EWS Schönau, Polarstern, die Bürgerwerke, die GLS Bank, der Grüner Strom Label e.V., der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, der Bund der Energieverbraucher und der B.A.U.M. e. V. „Der Energiemarkt muss sich angesichts der aktuellen Herausforderungen massiv wandeln, und dafür braucht er Wettbewerb und Vielfalt“, sagt die DIW-Berlin-Wissenschaftlerin Dr. Claudia Kemfert, die ebenfalls die Positionen des Bündnisses mitträgt. „Beides wird behindert durch Konzerne, die ihr Geschäftsmodell auf zentrale Großstrukturen ausrichten.“
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Wer meine Kommentare hier liest, kann sich vorstellen, dass ich auf ein diesbezügliches Urteil sehr gespannt bin. Denn ausgehend von der folgenden Hochschulrecherche, hatte ich von Anfang an meine Bedenken.
Siehe hier:
Zitat: Diese zwei Artikel beantworteten sehr gut unsere Frage, wer eigentlich an der Strombörse einkauft. Denn es wurde immer nur von Versorgungsunternehmen, Stromhändlern, industriellen Großkunden und Banken gesprochen. Nun wissen wir dazu gehören auch die Stadtwerke und Unternehmen, wie E.ON, RWE usw. Es gibt also keinen Zwischenhändler mehr. Der Grund dafür, dass Unternehmen wie RWE auch an der Börse einkaufen, obwohl sie selbst rund 30 Kraftwerke besitzen und somit eigentlich genug Strom produzieren, ist einfach. Es gibt Tage, da ist der Strompreis an der Börse so günstig, dass eine Eigenproduktion viel teurer wäre. Daher werden dann die Kraftwerke gedrosselt und lieber günstig eingekauft. Zitat Ende.
Die Wertschöpfung auf dem Strommarkt findet auf zwei entscheidenden Stufen statt. Zum einen bis an die Börse. die EEX, da machen die Erzeuger, sprich Kraftwerksbetreiber ihre Geschäfte, und zum anderen ab der Börse, dem Handel und Vertrieb, das sind die Versorger. Im Zuge der Energiewende, und der dadurch möglichen Ertragsoptimierung, wie dem Zitat zu entnehmen ist, sind Kraftwerksbetreiber auch zu Händlern geworden. Diesen Prozess haben RWE und EON mit dem Deal nun Vergemeinsamt.
Nach dem Deal ist RWE nur noch Erzeuger, und EON nur noch – der Name Netze, Handel und Vertrieb sagt es schon – der Versorger.. Wer bis zur Börse aktiv ist hat, Einfluss auf die Einkaufspreise, sprich Strombeschaffung für die Händler. Bezogen auf den Deal heißt das, dass RWE mit seinen Angeboten an der Börse Einfluss hat auf die Börsenpreise, mit denen EON handelt.
Bezogen auf die Hochschulrecherche, die ich zitiert habe bedeutet das, wo man vor dem Deal noch getrennt auf der Lauer liegen musste, um an die Schnäppchen zu kommen, kann der eine nun vom anderen, möglicherweise erfahren, wann mit diesen zu rechnen ist, weil der ja an der Börse zu den Anbietern gehört. Das gilt so wohl für hohe als auch für niedrige, bis hin zu negativen Börsenpreisen die für Beide nützlich sein können. Womit wir wieder bei der Energiewende wären, die ich hier die Wende der großen Player nenne. Niedrige Börsenpreise werden benötigt um Speicher günstig zu füllen, womit PPA Verträge ergänzt werden, die wiederum bekanntlich von hohen Börsenpreisen , sprich hohem Marktwert der Erneuerbaren leben.
Ich hoffe die Richter bedienen sich mit guten und neutralen Sachverständigen.
Eine sehr gute Erklärung Herr Diehl. Ich habe noch etwas Sarkasmus anzufügen. Es gibt da einen alten Spruch: ein Sachverständiger ist nur so lange neutral, bis der Prozess Gegner weiß, wer das Gutachten erstellt.
Nachtrag zu meinem obigen Kommentar.
Was hohe oder niedrige Börsenpreise betrifft, ist dabei noch die Tatsache interessant, dass RWE ja auch die gesamte Ökoproduktion von EON übernommen hat. Für den Teil, den die nach EEG vergütet bekommen, kann denen egal sein wie tief der zeitweise durch den Merit Order Effekt die Börsenpreise senkt, womit EON „Handelt“, denn den Verlust, sprich „Die Kannibalisierung“ zahlen ja die Verbraucher, oder neuerdings der Staat, mit höherer EEG Umlage. Nach meinen Beobachtungen, haben bei diesem Deal Fachleute, mit viel Sachkenntnis bis in die Details , eine monetäre Spielwiese konstruiert, auf der für beide Seiten zur Ertragsoptimierung Vieles möglich ist. Solange man nicht zur Konkurrenz gehört die jetzt Klagen, könnte man auch sagen, managemental clever.
Interessant dazu auch das Folgende.
https://www.wiwo.de/finanzen/boerse/stromboerse-ausserboerslicher-preishandel/6247432-4.html
Man darf gespannt sein, ob drei mündliche Verhandlungstage alles Nötige auf den Tisch bringen.
Wieso Verhandlung?
Die Ma des Kartellamtes Der vorliegende Sachverhalt stellt eine Fusion von zwei mächtigen Energieversorgern dar; wenn auch mit verabredeter Arbeitsteilung.
scheinen hier bislang etwas doch Wesentliches übersehen zu haben?
@ Thomas I, stimmt, wieso Verhandlung, müsste eigentlich „Behandlungstage“ heißen