Energiegemeinschaften haben das Potenzial, vergünstigten erneuerbaren Strom in fast alle Haushalte in Deutschland zu bringen. Rund 35 Prozent des aktuellen Ausbauziels für erneuerbare Energien bis 2030 könnte auf diesem Wege entstehen. Das sind 75 Gigawatt. Diese Zahlen gehen aus einer Potenzialstudie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IöW) zum Energy Sharing hervor. Die Autoren der Studie untersuchten, welche Flächen zur Verfügung stehen und welche Gemeinden von einer Energiegemeinschaft profitieren könnten.
Bereits seit 2019 wurde durch die Europäische Union in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) eine Ausgestaltung eines Gesetzes für Energiegemeinschaften vorgeschrieben. Bisher haperte es in Deutschland noch an der Umsetzung. Die Bundesregierung ließ die Frist dafür im März vergangenen Jahres verstreichen. Doch der Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung lässt hoffen, dass es in dieser Legislaturperiode noch zu einer entsprechenden Umsetzung kommt.
Unter Energiegemeinschaften versteht man einen Zusammenschluss von Verbrauchern, die entweder gemeinsam in erneuerbare Energieanlagen investieren. Von angrenzenden Dörfern bezahlte Wind- und Photovoltaik-Kraftwerke wären ein Beispiel dafür. Das Modell Energiegemeinschaft umfasst auch das Szenario, bei dem der Strom von privaten Dachanlagen innerhalb des Ortsnetzes je nach Bedarf verteilt werden kann. Die verbrauchsnahe Stromproduktion soll dabei die Netze entlasten und so den notwendigen Ausbau der Stromnetze etwas verringern.
Die Autoren des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung zogen für ihre Studie ein Konzeptpapier des Bündnisses Bürgerenergie heran. Das Bündnis schlägt vor, dass mindesten 60 Prozent des Investitionskapitals durch natürliche Personen erbracht werden. So würden gemessen an den geeigneten Flächen und der Anzahl an Haushalten in der Umgebung eine Summe von 6,5 bis 12,8 Milliarden Euro frei werden. Privatpersonen müssten dem Modell zufolge 97 bis 191 Euro aufbringen, um sich an einer gemeinschaftlich genutzten Energieerzeugungsanlage zu beteiligen. Auf Haushalten gerechnet kommen die Autoren der Studie auf eine Investitionssumme von 192 bis 376 Euro. Das wäre deutlich weniger als die aktuellen durchschnittlichen Investitionen in solche Gemeinschaften. Die liegen derzeit bei 5.200 Euro pro Mitglied.
Gemessen an den Bedingungen, die an die Gründung einer Energiegemeinschaft geknüpft sind, ergibt sich ein Potenzial von 5.919 Energiegemeinschaften, die sich ins Leben rufen ließen. Davon wären 4.217 Gemeinschaften reine Photovoltaik-basierte Gemeinschaften. Die Verteilung zwischen den Bundesländern ist dabei sehr ungleich. Spitzenreiter sind Bayern und Nordrhein-Westfalen. Hier könnten zwischen 500 und 1.100 Gemeinschaften entstehen, die dann zwischen 11 und 17 Gigawatt erneuerbare Energieanlagen betreiben. Schlusslichter sind die Bundesländer mit geringer Fläche wie Berlin, Hamburg, Bremen und das Saarland. Hier lassen sich Anlagen mit einer Leistung von 200 bis 700 Megawatt pro Bundesland als Energiegemeinschaften starten.
Über verschiedene Simulationen ermittelten die Autoren auch die zu erwarteten Eigenverbrauchsquoten. Gemeinden, die nur auf Photovoltaik setzen und bei denen Wärme und Mobilität weitestgehend nicht stromgeführt sind, können etwas über 30 Prozent ihres Stroms selbst verbrauchen. Besser wird es bei Projekten, bei denen gleich viel Wind und Photovoltaik installiert wurde. Hier lassen sich Werte bis zu 55 Prozent Eigenverbrauch erreichen. Die Sektorenkopplung konnte in dem Model des Instituts den Eigenverbrauch nochmals auf 57 Prozent erhöhen.
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Ich kann diese Rechnung nicht nachvollziehen. Deutschland hat 83Mio Einwohner und braucht zur Zeit in 8760h 500TWh Strom. Das macht einen durchschnittlichen Leistungsbedarf pro Bürger von 700W. Mit PV braucht man dafür 7kWp (weil PV rechnerisch nur 1/10 der Zeit mit voller Leistung arbeitet). Die Investition/Bürger müsste also bei etwa 7000Euro liegen, nur für die Erzeugung des heute benötigten Stroms. Mit Windkraft sind die Zahlenverhältnisse ähnlich. Hinzu kommt nochmal das drei- bis vierfache für die anderen Sektoren, außerdem mindestens für den Strom Investitionen für die Speicherung in etwa gleicher Höhe wie für die Erzeugung. Ich komme dann auf einen Investitionsbedarf von 35000 Euro je Bürger, bei einer Lebensdauer der Anlagen von 20 Jahren jedes Jahr 1750 Euro, und nicht wie hier suggeriert einmalig „97 bis 191“. Da wurde wiedermal haufenweise Energiebedarf und die gesamte Abschreibung ignoriert.
An JCW: Auch Ihre Rechnung ist ziemlich pauschal. Denn es wird in der Simulation ja nicht vorausgesetzt, dass die Gemeinschaften ihren vollen Bedarf erzeugen, sondern nur rund 1/3. Unter diesen Annahmen käme man überschlagen auf rund 10 000€ pro Teilnehmer, aber mit Speicher . Das ist auch rund die Summe, auf die auch ich für unsere kleine Mietergemeinschaft komme, also habe ich das Vorhaben nicht weiter verfolgt.
Da müsste die Kosteneffizienz von Speicher und ‚Stromheizung‘ , mit welchem Verfahren auch immer, schon noch gewaltig verbessert werden….
Unter Bürgerenergie verstehe ich erneuerbare Energien unter Führung der Gemeinde oder der Stadt zum Wohle der Bürger. Es wird eine hohe Investitionen für Wind- und Solarpark und Speicher über die KfW gefördert und diese Summe wird durch den Energieertrag und den Energie Verkauf über 20 Jahre zurückgezahlt. Wenn privates Geld gesammelt wird und nach drei Jahren wird sich dann ein Windrad gekauft, dann muss es immer eine Dividende geben. Der eine hat viele Anteile, der andere gar keine, je nach Geldbeutel. Wenn die Kommune den Hut auf hat, dann kann sie für alle Bürger was tun und die Energiewende ist viel gerechter.