„Es sind alles Topverkäufer, aber mit der Photovoltaik, das läuft nicht.“ Mit diesem Satz zitiert der Geschäftsführer eines Installationsbetriebes den Verkaufstrainer Torsten Zschiedrich Anfang März kurzfristig nach Stuttgart. Einen Tag lang trainiert der Geschäftsführer der „Akademie für angewandtes Erfolgstraining pro Leistung“ im niedersächsischen Dörnten daraufhin mit zehn Vertriebsmitarbeitern das Verkaufen.
Danach wundert er sich nicht mehr. „Den meisten fehlten die verkäuferischen Grundelemente“, resümiert er. Wie läuft ein Verkaufsgespräch ab? Wie gehe ich mit dem Kunden um? An dem Basiswissen habe es gehapert, erklärt er, und auch mit der „sozialen Kompetenz“ sei er nicht zufrieden gewesen.
„Das wird alles wichtiger“, sagt Zschiedrich und spricht damit kein Geheimnis aus. Nach zwei Boomjahren müssen die deutschen Handwerker sich trotz Fukushima wahrscheinlich auf einen schrumpfenden Photovoltaikmarkt einstellen. Die Reaktion darauf ist verhalten. Ein bisschen mehr Werbung, neue Geschäftsfelder erkunden, sich mit dem Thema Eigenverbrauch beschäftigen: Torsten Zschiedrich, der auf Vertriebsschulungen in der Solarbranche spezialisiert ist, ist das zu wenig.Nach einem Jahr mit gleich drei Auftragsspitzen erlebten viele Photovoltaikanbieter Anfang 2011 einen Einbruch, den sie – allen Vorboten zum Trotz – in dem Maße nicht erwartet hatten. „Im Januar hatten wir nicht eine Nachfrage“, sagt Gerhard Weiße, Geschäftsführer des Solarfachbetriebes Solar-Partner Süd im bayerischen Kienberg, immer noch leicht verwundert. „Im Februar hatten wir ein paar Nachfragen, gekauft haben nur zwei bis drei Interessenten. Jetzt geht es langsam los“, berichtet er Mitte März. „Die Nachfragen werden zu Aufträgen.“ 1996 installierte Weiße die ersten Module. Im vergangenen Jahr brachte sein Betrieb„weit über zehn Megawatt“ Photovoltaikleistung auf die Dächer. Die aktuelle Kaufzurückhaltung ist neu für ihn.
Auch Anja Tappeser, Mitinhaberin von Solartechnik Tappeser in Schwerte, berichtet von einem „schleppenden Jahresbeginn“. Nikolaus Fritz, Inhaber von Elektro Fritz in Rimsting am Chiemsee, stimmt ein: „Die Nachfrage ist nicht wie letztes Jahr.“ Von solchen Stimmen gibt es viele mehr. Doch es gibt auch Betriebe, bei denen der Einbruch weniger extrem war. Einer davon ist System Sonne in Frickingen am Bodensee. Geschäftsführer Gottfried Grundler sagt: „Wir haben viele Anfragen und viel Arbeit.“ Er führt das darauf zurück, dass er viele Privatkunden hat, „schon lange im Geschäft und breit aufgestellt“ ist.
Zwar ist die Stimmung unter den Installationsbetrieben getrübt, doch von Untergangsstimmung zu sprechen wäre übertrieben. Dass die Nachfrage wegen der Vergütungsabsenkungen in diesem Jahr zurückgehen würde, war allen klar. Gerhard Weiße und Nikolaus Fritz schätzen, dass sie in diesem Jahr etwa die Hälfte der Leistung von 2010 installieren werden. Auf den Gesamtmarkt übertragen, entspräche dies einer Leistung von etwa dreieinhalb Gigawatt, also dem, was die Bundesregierung hierzulande je Jahr maximal neu installiert sehen will.
Aktionismus hat die veränderte Marktsituation dennoch nicht ausgelöst. Es scheint vielmehr, als ob sich die Installateure noch an die neue Situation gewöhnen und nun langsam beginnen, Strategien zu entwickeln und die ersten Maßnahmen umzusetzen.
Mehr als Photovoltaik
Halbwegs sicher fühlen können sich jene, die nicht allein auf die Photovoltaik gesetzt haben. So zum Beispiel Nikolaus Fritz von Elektro Fritz, der wieder mehr in seinen Geschäftbereichen mobile Sägewerke und Umbauten machen will. Josip Zuparic von Solarbonus aus München will den Geschäftsbereich Großanlagen am liebsten im Ausland ausbauen. Dies war für ihn bisher die „Kür“, während er im Hauptgeschäft kleinere Anlagen in München und Umgebung installierte.
Firmen, die bislang allein Photovoltaik anbieten, erwägen nun, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Anja und Jörg Tappeser von Solartechnik Tappeser wollen sich beispielsweise über Wärmepumpen informieren. Suntime aus der Nähe von München spielt mit dem Gedanken, LED-Beleuchtung in das Angebot aufzunehmen. Aktuell konzentrieren sich die beiden Geschäftsführer Stefan Malinke und Peter Thievessen auf ihre Heimatgemeinde. Die zahlt für Anlagen bis drei Kilowatt Leistung einen Zuschuss von 1.000 Euro. „Damit machen wir hier nun massiv Werbung“, sagt Malinke.
Darüber hinaus stellen viele Installateure fest, dass es neuerdings einen höheren Aufklärungs- und Beratungsbedarf gibt. „Die Rendite ist immer noch gut“, betont Gottfried Grundler und vergleicht sie mit dem Stand von vor fünf Jahren. Allerdings müsse man das den Kunden heute genauer vorrechnen.
Schlechte Presse
Einen großen Schaden richte die negative Berichterstattung in der allgemeinen Presse an, bedauert er. „Die Leute werden durch den Gegenwind verunsichert.“ Wohl jeder Installateur wurde schon einmal mit dem Vorwurf konfrontiert, die Umlage für die Einspeisevergütung treibe den Strompreis in die Höhe. „Dasmacht uns wirklich zu schaffen“, sagt Weiße von Solar-Partner Süd. Bis zum 1. Oktober 2010 sei die Photovoltaik noch positiv durch die Presse gegangen. Seitdem habe sich das geändert.
Weiße reagiert darauf, indem er zum ersten Mal in der 17-jährigen Firmengeschichte zu Vorträgen über Solarstromanlagen einlädt. Zu dem ersten Vortrag zum Thema Eigenverbrauch an einem Samstagvormittag im Februar kamen über 40 Personen, berichtet er zufrieden. „Und das, obwohl wir fünf Euro Eintritt genommen haben.“ Die Eintrittsgelder spendet das Unternehmen einem Krebszentrum in der Nachbarschaft.
Jörg Tappeser lädt mit dem Handwerkerverbund „Energiegewinner“ einmal im Monat zu Vorträgen ein. Zu den Energiegewinnern haben sich verschiedene Gewerke zusammengeschlossen, darunter auch ein Dachdecker und ein Maler. Nach dem Vortrag präsentieren sie sich an Infoständen.
Tappeser schaltet außerdem keine Anzeigen mehr in kostenfreien Wochen- und Anzeigenblättern, sondern inseriert nun in großen Tageszeitungen wie den Ruhr-Nachrichten und der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Da alle Firmen der Energiegewinner sich ein Anzeigenpaket teilen, wird es für alle günstiger. Darüber hinaus wird er in diesem Jahr zum ersten Mal an der „Woche der Sonne“ teilnehmen.
Die Aktionswoche für Solarenergie (www.woche-der-sonne.de), die derBundesverband Solarwirtschaft seit mehreren Jahren organisiert und mit Werbematerialien unterstützt, findet vom 6. bis 15. Mai überall dort in Deutschland statt, wo Handwerker, Energieberater, Schulen oder andere Teilnehmer Veranstaltungen anbieten. Anja und Jörg Tappeser laden mit den Energiegewinnern zu einer E-Bike-Tour zu Anlagen ein. Für sie steht fest: „Die Leute müssen wieder überzeugt werden, eine Anlage zu bauen.“
Kompetenzen bündeln
Dem stimmt Vertriebsexperte Torsten Zschiedrich zu. Um Desorientierung und Kaufzurückhaltung Paroli zu bieten, sei es im Moment besonders wichtig, sich gründlich über den Markt zu informieren und sachlich und kompetent in der Öffentlichkeit aufzutreten, sagt er. „Viele Handwerker kennen die Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit ausländischen Märkten zu wenig“, stellt er in den Schulungen fest, die er für Systemhäuser durchführt. Das führe dazu, dass sie die gerade vorherrschende Unsicherheit weitergeben, anstatt selbstsicher Aussagen zum zukünftigen Markt zu treffen. Welche Auswirkungen haben Änderungen in Italien oder Frankreich auf den deutschen Markt? Wie entwickeln sich Märkte und Preise? Wer gut informiert ist, könne Szenarien aufzeigen und den Interessenten eine Grundlage für eine fundierte Kaufentscheidung bieten, auch in Zeiten, in denen die nächste Vergütungsabsenkung zwischen dreiund 15 Prozent schwankt. Dessen ist Zschiedrich sich sicher.
Zudem sieht er einen grundlegenden Wandel auf die Installateure zukommen. „Photovoltaikhandwerker müssen zu Solarexperten werden. Sie müssen Kompetenzen bündeln und ein breites Wissen haben“, sagt er. Darunter fällt für ihn, dass ein Handwerker ein Gebäude und dessen Energieverbrauch analysieren können muss, dass er über Steuern und Finanzierung beraten kann, die Anlage plant und baut und sich mit Ertrags- und Qualitätssicherung auskennt.
„Sie müssen die Anlagen so bauen, dass sie mehr Ertrag bringen und Risiken gemindert werden“, formuliert er die zukünftige Aufgabe. Dazu gehöre auch, dass Handwerker sich mit aktuellen Thematiken wie Brandschutz auskennen und auf Rückfragen, die durch Medienberichte ausgelöst werden, kompetent reagieren können.
Ein solches Thema ist auch der Eigenverbrauch. Hier sieht Zschiedrich eine große Chance für Handwerksbetriebe. „Sie müssen sich umfassend über diese Nutzungsform informieren.“ Eigenverbrauch eigne sich besonders für Gewerbe- und Industriebetriebe sowie Mittelständler, die tagsüber einen hohen Energieverbrauch haben, und weniger für Einfamilienhäuser, erläutert Zschiedrich. Diese Zielgruppen gelte es anzusprechen.
Als potenzielles neues Geschäftsfeld betrachtet er auch die Elektromobilität. Handwerkern rät er dazu, sich damit auseinanderzusetzen und zu überlegen: „Wo kann ich Anlagen platzieren, die später mit Elektromobilität zu tun haben?“ Autohäuser und Parkplatzüberdachungen seien solche Orte. Die Betreiber können jetzt Anlagen als Investment bauen, und sie später, wenn die Elektromobilität weiter fortgeschritten ist, als Tankstellen nutzen.
Für viele erweist sich nun auch erst als Nachteil, was jahrelang als Vorteil galt. Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen war so hoch, dass die Anbieter nicht „verkaufen“ mussten und auch Quereinsteiger mühelos Anlagen loswurden. Jetzt sind Vertriebs-Know-how und Solarkompetenz gefragt. Für den Moment lautet Zschiedrichs vordringlicher Rat aber, keine Zeit zu verlieren und umgehend zu handeln. „Wer jetzt nichts macht, wird in drei Monaten erst recht nichts zu tun haben“, warnt er.
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