Good bye altes Stromnetz – über 600 Gigawatt Windkraft & Photovoltaik kommen nun offiziell

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In meinem letzten Beitrag hatte ich über den heimlichen Knaller von Habecks Ankündigungen am 11. Januar 2022 geschrieben – dem CO2 Exit im Stromsektor bis 2035.

Mancher Kommentar sah darin ein „Wiederkäuen staatlicher Propaganda“, die soweit weg von der Realität sei wie einst die 5-Jahrespläne der SED-Regierung in der DDR. Was bei anderen zu Schimpferei über den Staat generell führte. Ich denke, man muss bei seiner Kritik nicht gleich so in die Vollen gehen, denn man könnte diese Kommentare auch so übersetzen: Offenkundig erscheint vielen das Ziel unrealistisch oder ohne jede Unterfütterung eines Fahrplans dorthin verbunden mit wirksamen Maßnahmen einfach nur unseriös. Und über ein (Regierungs-) Ziel zu diskutieren, hat nichts damit zu tun, sich irgendeine Form von Propaganda anzueignen. Es ist eine Diskussion die mit weniger Aufregung geführt sicher zu einem besseren Ergebnis führt.

Nun wurde mit dem „Osterpaket“ eine ganze Reihe von Gesetzesnovellierungen begonnen. Das Bild der vorgelegten Unterlagen ist aus meiner Sicht sehr differenziert. Insgesamt reicht das auf keinen Fall aus, um das gesteckte CO2-Exit-Ziel bis 2035 zu erreichen. Erneut ist man zudem der Versuchung erlegen immer neue Vergütungstatbestände zu schaffen, welche dann sofort von der jeweiligen Teil- oder Nischeninteressengruppe sofort mit „ist zuwenig“ oder „reguliert zu stark“ attackiert werden. Das lenkt von den notwendigen Anpassungen in anderen Normen, Gesetzen und der Konzentration auf die „Arbeitspferde“ ab. Darum soll es hier aber nicht gehen.

Das Ziel CO2-Exit wurde stärker als jemals zuvor auf die nötigen Teilziele heruntergebrochen. Und mit mehr Realismus im Hinblick auf den ganz sicher massiv steigenden Stromverbrauch versehen.

Zu diesem stärkeren Realismus zählen die massiv angehobenen Ziele für den Photovoltaik- und Windkraftausbau. Deren Werte haben massive Auswirkungen unter anderem auf die Netzausplanungen oder auch auf die nun sofortig notwendigen massiven Speicher-Rollout „mit Hirn“.

Schauen wir uns die Gigawattziele einmal an:

Vor noch nicht einmal 2 Jahren hatten wir im EEG einen Deckel von 52 Gigawatt, der nur nach jahrelanger Mühe dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu entreißen war. Dieser hielt noch bis kurz vor seiner Abwahl 2021 an völlig unrealistischen Stromverbrauchsszenarien fest – schließlich sollten die absurd niedrigen Erneuerbaren-Ausbauziele nicht sofort auffallen. Das hat fatale Folgen auf das ganze Energiesystem: Denn nun stehen wir anno 2022 vor jahrelang falsch geplanten Netzausbauplänen und einem vollkommen planlosen Umgang mit den notwendigen Speicherkapazitäten. Es gibt schlicht keine Stelle in der Regierung, welche dieselben überhaupt plant. Hinzu kommt nun das Platzen der „Gasblase“ durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine – die Folgen sind kaum absehbar.

Nun steht im EEG §4 bei Windenergie (am Land) ein Ziel von 160 Gigawatt bis 2040. Hinzu kommt das Ziel von 40 Gigawatt Windkraft offshore bis 2035

Und für die Photovoltaik sind folgende Ziele vorgesehen:

  1. a) 88 Gigawatt im Jahr 2024,
    b) 128 Gigawatt im Jahr 2026,
    c) 172 Gigawatt im Jahr 2028,
    d) 215 Gigawatt im Jahr 2030,
    e) 309 Gigawatt im Jahr 2035 und
    f) 400 Gigawatt im Jahr 2040

Das macht zusammen 600 Gigawatt und sollte es beim Wind nicht klappen, wird noch viel mehr Photovoltaik aufzubauen sein.

Von den 400 Gigawatt Photovoltaik bis 2040 sollen 50 Prozent Photovoltaik-Freiflächenanlagen sein sowie 50 Prozent Gebäudegebunden.

Und nun wird auch endlich im Gesetz klar was die Vordenker der Branche schon seit 10 Jahren sagen: Die installierten Leistungen werden x-fach höher sein als die jeweils maximale Last im Stromsystem. Dies wird zwar durch den begonnenen massenhaften Rollout von Wärmepumpen und der vollständigen Ablösung des Verbrennungsbasierten Verkehrs steigen. Dennoch weit unter den Spitzenleistungen liegen und so muss sofort mit dem zeitlichen Verschieben erzeugter Energiemengen begonnen werden. Dabei ist zu beachten, das hier das Gros des Weges mit Stundenspeichern gegangen werden kann, wenn es zu einem ausgewogenen Wind- und Solarmix kommt. Zumal wird x- Millionen rollende Speicher sehen werden die „eh da“ Speicherung ermöglichen werden. Volldigitalisierung der Netze sowie deren auf das neue System Aus- und Umbauten sind dafür natürlich weiter nötig. Allerdings muss jeder neuer Netzentwicklungsplan die völlig veränderte Gaswelt einbeziehen und ohne Umwege in die neue Erneuerbaren-Welt führen – inklusive rollender und stationärer Speicher als was „Normales“.

Dafür ist mit den endlich erfolgten Anpassungen der Ziele im EEG auch formal der Rahmen gesetzt – die notwendigen Planungen müssen sich nun daran orientieren. Das ist was völlig anderes als die vielen Studien und Papiere, die all die Jahre vorher schon zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Und das ist daher ein sehr sehr großer Schritt voran.

— Der Autor Karl- Heinz Remmers ist seit 1992 als Solarunternehmer tätig. Zu Beginn mit der Planung und Montage von Solaranlagen sowie der Produktion von Solarthermie-Kollektoren. Seit 1996 dann parallel unter dem Namen Solarpraxis mit eigenen Fachartikeln, Buch- und Zeitschriftenverlag und dem bis heute aktivem Solarpraxis Engineering. Zu den erfolgreichen Gründungen zählen auch die nun von namhaften Partnern gemachte pv- magazine Group und die Konferenzserie „Forum Neue Energiewelt“. Neben Solarpraxis Engineering sind heute Entwicklung, Planung, Errichtung und Betrieb von Solaranlagen als „IPP“ im Fokus der Aktivität. Zudem betreibt er aktive politische Arbeit im Rahmen des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne). Mehr hier: https://www.remmers.solar/ueber-mich/ —

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