EEG-Osterpaket: Geplante Restriktionen nehmen Floating-Photovoltaik den Wind aus den Segeln

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pv magazine: Im EEG-Osterpaket sind einige neue Vorgaben für Floating-Photovoltaik enthalten. Welche sind das?

Christian Kirschning: Auf Seite 298 wird eine Ergänzung des Wasserhaushaltgesetzes WHG in Aussicht gestellt, wonach sämtliche schwimmenden Photovoltaik-Anlagen auf allen Gewässern in Deutschland einen Abstand von 50 Meter zum Ufer haben müssen und nicht mehr als 15 Prozent der Wasserfläche bedecken dürfen.

Sind diese Regelungen sinnvoll und wie wirken sich diese auf die Wirtschaftlichkeit der Anlagen aus?

Wir haben aktuell viele Gewässer in der Projektentwicklung, wo die Ufer nicht einmal 50 Meter Abstand zueinander haben. Das können Baggerseen aber auch Löschwasser- oder Fischteiche sein. Alle diese Gewässer galten bisher als sonstige bauliche Anlagen und konnten im Einklang mit den Genehmigungsbehörde beplant werden. Hier stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit nicht mehr, wenn die Anlagen gar nicht gebaut werden können.

Und die Restriktion der zu belegenden Wasserfläche?

Die Flächenbegrenzung ist absurd. Flächen, die größer als 3 bei 5 Hektar freie Wasserfläche haben, ziehen größere Mengen Zugvögel wie Gänse oder Schwäne an. Zum Beispiel in der Nähe von Flughäfen oder auf Trinkwassertalsperren ist das ein Risiko für den Luftverkehr oder die Qualität des Trinkwassers. Einer der Vogelkundler, ein Diplom-Biologe, hat zu einem unserer Projekte geäußert, dass wir maximal 30 Prozent der Wasseroberfläche frei halten sollten, um den dort heimischen Vögeln den angemessenen Zugang zum Wasser zu gewährleisten. Wie kommt man dann im Gesetzentwurf auf 85 Prozent freie Wasserfläche?

Werden mit den vorgeschlagenen Vorgaben im EEG-Entwurf gewisse Wasserflächen für schwimmende Photovoltaik-Anlagen komplett unattraktiv?

Im Grunde werden alle Kleinanlagen auf Fischteichen und die meisten auf Baggerseen unattraktiv. Großanlagen beispielsweise auf Braunkohlerestseen werden wegen der Verkleinerung der genutzten Fläche viel anfälliger gegen Wind und Wellen und daher erheblich teurer. Es ist die Frage, ob Floating-Photovoltaik unter diesen Bedingungen in Deutschland überhaupt eine Rolle spielen kann.

Können sie einschätzen, wie viele schwimmende Photovoltaik-Anlagen nicht mehr realisiert würden, die sich jetzt schon in der Planung befinden, wenn der EEG-Entwurf so umgesetzt wird?

Hunderte kleinere Anlagen werden nicht realisiert, auch weil die zusätzlichen Regeln die Investoren abschrecken. Anlagen, die aktuell mit 6 Megawatt geplant werden, könnten nun kaum 1 Megawatt groß werden. Ob die realisiert werden? Ich habe da meine Zweifel, weil unter Umständen Anlagenleistung mit den Anschlusskosten nicht mehr zusammenpassen. Eine weitere 1 Megawatt-Anlage zur Eigenstromversorgung einer Universität sollte auf einem auch von Anglern genutzten See in Absprache mit ihnen möglichst nah am Ufer, außerhalb des Blickfeldes der Sportler platziert werden. Mit 50 Meter Abstand zum Ufer säße die Anlage nun mitten auf dem See. Es ist fraglich, ob die Angler das akzeptieren werden. Die exponierte Lage wird auch hier zu höheren Kosten für die Verankerung und den Netzanschluss führen. Also ist auch hier die Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt.

Welche Änderungen am Osterpaket wären aus ihrer Sicht sinnvoll, damit die Anlagen doch noch gebaut werden?

Der Mindestabstand für Windräder wird in dem Paket verringert. Das war eine der Grundforderungen der Grünen im Wahlkampf. Von Abstandsregeln und Flächenbegrenzungen war noch im Referentenentwurf nichts zu finden und ist erst jetzt im Kabinettsbeschluss aufgetaucht. Das hat mir aktuell der Bundesverband Solarwirtschaft bestätigt. Überlassen wir die Beschränkung doch einfach den Genehmigungspartnern vor Ort, der unteren Wasserbehörde, den Umweltschützern und so weiter. Zügeln wir unsere Regelungswut.

Angesichts der steigenden Temperaturen, die mehr Hitzesommer verursachen, könnten schwimmende Photovoltaik-Anlagen da helfen, die Verdunstung in den Gewässern zu verringern?

Die Braunkohlerestseen der Lausitz haben in den Hitzesommern nachweislich mehr Wasser durch Verdunstung verloren, als durch Zuleitung und Grundwasser aufgefüllt werden konnten. Ohne großflächige Floating-Photovoltaik-Anlagen werden diese Seen auf lange Sicht nie ihre geplanten Füllstände erreichen können.

Ein Grund, warum sich manche Regionen bislang gegen Floating-Photovoltaik entscheiden, ist auch, dass sie eine Beeinträchtigung des Tourismus befürchten, wenn Seen mit Solarmodulen belegt werden. Teilen Sie diese Einschätzung und mit welchen Argumenten könnte man die Gemeinden doch überzeugen?

Die wenigsten Gewässer, mit denen ich mich bisher beschäftigt habe, zählen zu irgendeiner Art Tourismus-Magnet. Wir wollen auch den Seglern der verschiedenen Regionen nicht die Reviere streitig machen. Aber Floating-Photovoltaik kann sicherlich zusammen mit einer Wasserski-Anlage bestehen und die Nachhaltigkeit dieses Sports befördern. Der Naherholungswert vieler Gewässer wird von schwimmenden Photovoltaik-Anlagen nicht wesentlich eingeschränkt und kann ganze Gemeinden auf einen Schlag klimaneutral stellen.

Gehen Sie aktiv mit diesem Argument auf Gemeinden zu?

Der Stadt Düsseldorf habe ich vorgeschlagen, mehrere Seen im Stadtgebiet auch für Floating-Photovoltaik zu nutzen. Mit diesen 55 Megawatt könnten 30 Prozent der städtischen Einrichtungen CO2 neutral werden. Und das in einer Bauzeit von nur zwei Jahren. Seit dem Jahr 2000 hat Düsseldorf privat und öffentlich etwa 30 Megawatt Photovoltaik installiert. Floating-Photovoltaik kann also ein wichtiger Baustein sein, um 2035 klimaneutral zu sein.

Wir brauchen ja möglichst schnell viel zusätzliche Photovoltaik-Leistung. Wie groß wäre aus ihrer Sicht das technische Potenzial für schwimmende Photovoltaik-Anlagen in Deutschland, sofern man die Errichtung nicht so stark reglementiert, wie es jetzt im EEG-Osterpaket vorgesehen ist?

Wenn wir 50 Prozent der aktuellen Braunkohlerestseen der Lausitz für Photovoltaik nutzen und den Rest den Seglern lassen, haben wir Platz für 14 Gigawatt Photovoltaik. Die Braunkohlegruben im rheinischen Revier würden Platz für 10 Gigawatt bieten, das wäre mehr als die aktuelle Braunkohlekapazität. Auf Baggerseen in Niedersachsen gibt es ein Potential von rund 20 Gigawatt. Solche Gewässer gibt es überall in Deutschland. Hinzu kommen Talsperren und Stauseen. Bisher habe ich mir keine Gedanken gemacht, ob das Potenzial erschöpflich wäre. Mit der neuen Regelung allerdings werden wir uns dieses Potentials berauben und den Erfolg der Energiewende in Frage stellen.

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