Im vergangenen Dezember hat die EU-Kommission ihren Entwurf für ein „Legislativpaket zu Wasserstoff und Gasmarktdekarbonisierung“ vorgelegt. Dieses so genannte Gasmarktpaket ist Teil des „Fit for 55“-Paketes. Es soll den europarechtlichen Rahmen für den Gasmarkt an die Ziele des Green Deals anpassen und Grundlagen für den Wasserstoffmarkt schaffen.
Der Nationale Wasserstoffrat (NWR) begrüßt nun in seiner Stellungnahme für die Bundesregierung im Grundsatz, dass die EU-Kommission mit dem Legislativpaket den regulatorischen Rahmen für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes schaffen möchte. Die Anforderungen an die schnelle Entwicklung eines europaweiten Wasserstoffnetzes, an den grenzüberschreitenden Wasserstoffhandel und -transport sowie im Hinblick auf bezahlbare Entgelte und Investitionssicherheit erfülle der Entwurf aber nur teilweise.
„Die Entwicklung eines europaweiten Wasserstoffnetzes mit bezahlbaren Entgelten und einfacher, grenzüberschreitender Transport und Handel sind für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes essenziell“, erklärt die NWR-Vorsitzende Katherina Reiche. Da weite Teile des bestehenden, europäischen Erdgasnetzes wie auch der Verteilnetze zukünftig auch für eine Wasserstoffinfrastruktur genutzt werden könnten, sei die Ausgangslage gut. Auch habe das regulatorische Rahmenwerk für Erdgas erfolgreich einen europäischen Gasbinnenmarkt mit hoher Wettbewerbsintensität geschaffen. Dies könne nun für Wasserstoff weiterentwickelt werden.
Unbundling-Regeln könnten Deutschland benachteiligen
Die vorgesehenen Regeln zur vertikalen und horizontalen Entflechtung der Wasserstoffnetze laufen dem nach Ansicht des Expertenrates allerdings zuwider. „Damit wird der schnelle, kostengünstige Aufbau eines Wasserstoffnetzes aus dem vorhandenen Erdgasnetz heraus in Deutschland und darüber hinaus faktisch verhindert“, fürchtet Reiche. Die Nutzung von Synergien jeglicher Art zwischen Gas- und Wasserstoffnetzen sei künftig unmöglich. Wegen des hierzulande gewählten Modells der Trennung von Marktrollen im Gasmarkt würde Deutschland wie auch Frankreich oder Tschechien beim Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur abgehängt, wenn die vorgeschlagenen Regeln in Kraft treten sollten, heißt es in der Stellungnahme. Wegen der Drehscheibenfunktion von Deutschland hätte dies auch negative Auswirkungen auf den Hochlauf in europäischen Nachbarländern. Der NWR appelliert an die Regierung, in Brüssel eine Anpassung der vorgeschlagenen Regeln zur Entflechtung zu bewirken.
Prüfungsbedarf sieht der Expertenrat auch im Hinblick auf eine Reihe von technischen Aspekten. Dazu gehört der vorgeschlagene Wert für eine H2-Beimischung im Erdgastransportnetz, dessen Sinnhaftigkeit und praktische Umsetzbarkeit mit den Anwendern bei sensiblen Industrieprozessen untersucht werden müsse. Auch die Ausgestaltung der Transportentgelte im zukünftigen Wasserstoffnetz bedürfe einer Überprüfung, so der Wasserstoffrat. Ebenso greife der aktuelle Vorschlag zur Zertifizierung zu kurz, da eine einheitlich europäische und marktgängige Ausgestaltung des Zertifizierungssystems fehle.
Der NWR besteht aus 25 hochrangigen Experten der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Die Mitglieder des Wasserstoffrats verfügen über Expertise in den Bereichen Erzeugung, Forschung und Innovation, Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Gebäude/Wärme, Infrastruktur, internationale Partnerschaften sowie Klima und Nachhaltigkeit. Ihre Aufgabe ist es, den Staatssekretärsausschuss für Wasserstoff durch Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie zu beraten und zu unterstützen.
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