Die allesamt von den Grünen geführten Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Umwelt (BMUV) und Landwirtschaft (BMEL) wollen deutlich mehr Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen ermöglichen. Einem Eckpunktepapier der Ministerien zufolge soll es künftig grundsätzlich möglich sein, für Agri-Photovoltaik-Anlagen auf nahezu allen Ackerflächen eine EEG-Förderung in Anspruch zu nehmen. Zudem wollen die Minister die Flächenkulisse der benachteiligten Gebiete erweitern und landwirtschaftlich genutzte Moorböden als neue Flächenkategorie ins EEG aufnehmen, wie es am Donnerstag hieß. Umgesetzt werden soll all dies im Rahmen der EEG-Novelle, die das BMWK mit seinem Osterpaket vorlegen will.
„Wir rechnen damit, dass auf landwirtschaftlichen Flächen bis zu 200 Gigawatt zusätzliche Photovoltaik-Leistung installiert werden kann“, erklärt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Das bringe den Klimaschutz voran und behalte gleichzeitig die Belange der Landwirtschaft und des Naturschutzes im Auge.
Koppelung mit GAP-Förderung möglich
Bei der Agri-Photovoltaik soll die Förderung der Landwirtschaft mit EU-Mitteln aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) weiterhin möglich sein, sofern die landwirtschaftliche Nutzung nur bis zu 15 Prozent durch die Stromerzeugung beeinträchtigt ist. Bislang drohte Landwirten der Verlust der GAP-Förderung, wenn sie zusätzlich für die Photovoltaik eine EEG-Förderung in Anspruch nehmen. Photovoltaik-Anlagen in Schutzgebieten, auf Grünland und auf naturschutzrelevanten Ackerflächen wollen die Minister aus Gründen des Natur- und Klimaschutzes allerdings von dieser Regelung ausnehmen.
Darüber hinaus beabsichtigen die Ministerien, landwirtschaftlich genutzte Moorböden als neue Flächenkategorie ins EEG aufzunehmen. Voraussetzung für die Förderung ist die Wiedervernässung dieser bisher entwässerten Moorböden. Ziel ist es, mit der Wiedervernässung CO2 zu binden und gleichzeitig die Flächen für Photovoltaik-Stromerzeugung zu nutzen. Der Zugang zur Förderung der Wiedervernässung im Rahmen von Moorschutzprogrammen soll erhalten bleiben.
Die Flächenkulisse der so genannten benachteiligten Gebiete wird um diejenigen Flächen erweitert, die die Bundesländer im Zuge geänderter EU-Kriterien neu als benachteiligt definiert haben. Damit kommen hier Flächen in Betracht, die sowohl nach den alten wie nach den neuen EU-Kriterien ausgewiesen wurden. Den Ministerien zufolge umfasst die neue Kulisse etwa neun Prozent mehr Fläche im Vergleich zur alten Regelung. Die Bundesländer müssen die Flächen wie bisher im Rahmen der Länderöffnungsklausel für die Nutzung als Solarpark freigeben.
Kommunen können naturschutzfachliche Kriterien vorschreiben
Den Kommunen soll es nach dem Willen der Ministerien künftig möglich sein, bei allen Photovoltaik-Freiflächenanlagen naturschutzfachliche Kriterien vorzuschreiben. Dafür soll die im EEG geregelte finanzielle Beteiligung der Kommunen an den wirtschaftlichen Erträgen der Stromerzeugung mit naturschutzfachlichen Anforderungen verknüpft werden. So werden die Kommunen ermächtigt, in den Verträgen zur finanziellen Beteiligung dem Anlagenbetreiber vorzugeben, welche konkreten naturschutzfachlichen Anforderungen auf nach dem EEG geförderten oder ungeförderten Flächen im Einzelfall einzuhalten sind. Sofern die finanzielle Beteiligung auch auf Bestandsanlagen ausgedehnt wird, kann dies ebenso bei den dann neu abzuschließenden Verträgen gelten.
Zudem wollen die Ministerien Kommunen mit der Förderung einer Angebotsplanung dabei unterstützen, eine zügige Abwägung öffentlicher Belange und eine mit dem Netzausbau abgestimmte Verteilung von Anlagen auf der regionalen Ebene voranzubringen und diese mit den erforderlichen gemeindlichen Planungsschritten abzustimmen.
BSW-Solar: Agri-Photovoltaik braucht eigene Ausschreibungen
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt die Erklärung der drei Ministerien im Grundsatz. Die Vorschläge seien jedoch unzureichend. So seien die angestrebten Erleichterungen für die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung zwar positiv. Die Agri-Photovoltaik führe jedoch erfahrungsgemäß zu konstruktiv bedingten Mehrkosten, was eine gezielte Förderung mittels eines jährlich aufwachsenden Auktionsvolumens erforderlich mache. Andernfalls drohe die von der Bundesregierung angestrebte Öffnung der Standortkulisse für diese Nutzungsform weitgehend ins Leere zu laufen.
Nach Einschätzung des Verbandes ist es zudem überfällig, die derzeit sehr restriktive Standortkulisse für die Errichtung neuer Solarparks insgesamt und nicht nur für die Agri-Photovoltaik-Nutzung auszuweiten und zugleich Genehmigungsprozesse für Solarparks zu beschleunigen. Die aktuell sehr weitreichende gesetzliche Beschränkung möglicher Solarpark-Standorte auf Verkehrsrandstreifen, Konversionsflächen und ausgewählte benachteiligte Gebiete sei weder sachgerecht noch zeitgemäß. So sei nicht nachvollziehbar, dass bislang weiterhin keine bundeseinheitliche Öffnung der Photovoltaik-Standorte auf sogenannten „benachteiligten Gebieten“ angestrebt werde. Auch ist es nach Auffassung des BSW-Solar nicht zielführend, dass es jeder Kommune selbst überlassen werden solle, Naturschutzkriterien bei der Genehmigung von Solarparks zu definieren. Dadurch drohe es zu einer erheblichen Verzögerung von Genehmigungsprozessen zu kommen.
Der BSW-Solar betont, dass sich die für das Erreichen der Klimaziele notwendige Fläche in überschaubaren Grenzen halte. Es sei nicht erforderlich, mit der Photovoltaik in den Standortwettbewerb um landwirtschaftlich oder naturräumlich besonders wertvolle Flächen zu treten. Es bestehe zudem Einvernehmen mit Naturschützern, dass sich bei einer intelligenten Planung und Pflege der Solarpark-Standorte häufig sogar eine ökologische Aufwertung der für die Solarstromerzeugung genutzten Flächen erreichen lasse.
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) begrüßt das Eckpunktepapier dagegen uneingeschränkt. „Agri-Photovoltaik ist eine Riesenchance für Landwirtschaft und Energiewende. Damit gelingt Wertschöpfung auf den Bauernhöfen statt bei den Ölscheichs“, so der Minister. Energie- und Nahrungsmittelerzeugung auf derselben Fläche sei das Gebot der Stunde.
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Das klingt ja gerade so, als würden die Flächen für Photovoltaik gerade mal so für 200 GW Leistung reichen. Für 1 GW benötigt man ca. 1200 ha Fläche inkl. Blühstreifen zwischen den Modulereihen. Wir haben in Deutschland 2,4 Mio. ha Energiepflanzen angebaut. Also könnten wir 40 000 GW Solarenergie alleine auf diesen Flächen installieren. Dann würde trotzdem kein Quatratmeter für menschliche Nahrung fehlen. Wir werden in naher Zukunft keine Energiepflanzen mehr brauchen. Sie leisten vom Energieertrag nur ca. 1,5 % im Vergleich zu Solaranlagen, die Vergiftung von Boden und Grundwasser komplett außen vor gelassen. Außerdem können Bürger, Gemeinden und die Natur davon profitieren und der Staat müsste keinen Euro zuschießen. Agri-Photovoltaik ist fast nutzlos und funktioniert nur mit Subventionen. Kann sich unser Land das leisten? Wir brauchen 100 Mrd.€ Förderung pro Jahr für Speicher, Infrastruktur und Wasserstoff. Bei der Doppennutzung kommen die Insekten und Amphibien mit Sicherheit zu kurz und teuer ist es auch. Ich frage mich was das Ganze soll?
Agri-Solar hat seine Begründung nicht auf technischer, sondern politischer Basis. Es soll signalisiert werden, dass PV Nutzung parallel zur landwirtschaftlichen Nutzung möglich ist und somit durch die PV Anlagen keine Ackerfläche verloren geht. Es gibt neben den von Ernst Gruber erwähnten Flächen für Energiepflanzen auch noch viele brach liegende Felder für die EU Subventionen eingestrichen werden. Auch diese Felder wären für PV Anlagen geeignet.
Flächen gäbe es genug, es muss nur immer die Signalwirkung der Erstellung der PV Anlage berücksichtigt werden umd die Akzeptanz in der Bevölkerung zu gewährleisten.
Ernst Gruber hat vollkommen recht und ich lege noch einen drauf. Ich lese:“Bei der Agri-Photovoltaik soll die Förderung der Landwirtschaft mit EU-Mitteln aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) weiterhin möglich sein, sofern die landwirtschaftliche Nutzung nur bis zu 15 Prozent durch die Stromerzeugung beeinträchtigt ist. Bislang drohte Landwirten der Verlust der GAP-Förderung, wenn sie zusätzlich für die Photovoltaik eine EEG-Förderung in Anspruch nehmen.“
15 % Minderertrag ist quasi nicht messbar und insofern Käse. Die offizielle DIN SPEC 91434 zu Agri-PV de aus dem MAI 2021 sagt dazu: „Es muss sichergestellt sein, dass der Ertrag der Kulturpflanze(n) auf der Gesamtprojektfläche nach dem Bau der Agri-PV-Anlage mindestens 66 % des Referenzertrages beträgt.“ Dabei sind 66 % schon sportlich. Also wird von der Regierung eine Agri-PV-gefördert, die noch mal anders zu definieren ist, als bisher gedacht.
Wenn es eine Notwendigkeit für Agri-PV gäbe, weil es zum Beispiel nicht genügend Fläche für Biodiv-Solarparks im Agrarland hätte, dann könnte man für Agri-PV sein. Aber selbst dann ist die Energieausbeute bei der Produktion von Pflanzen im Vergleich zur Produktion von Solarenergie soviel schlechter (Faktor 40-80), dass es besser wäre, die beiden Arten der Nutzung von Sonnenenergie nicht zu vermischen. Die 2,4 Millionen Hektar Energiepflanzenanbaufläche könnten jährlich 2.400 Terawattstunden grünen Solarstrom erzeugen und nicht ein Gramm Pflanzenmaterial würden der Nahrungsmittel- oder Futtermittelproduktion fehlen.
Wenn Landwirte auch Ökosystemdienstleister sein sollen, dann sollte auch ein Biodiv-Solarpark noch als Landwirtschaft gelten und die GAP-Prämien für Greening kassieren dürfen. Dieses Gerichtsurteil (VG Regensburg, Urteil v. 15.11.2018 – RO 5 K 17.1331) zur Beihilfefähigkeit eines Solarparks ist leider noch nicht endgültig entschieden, könnte aber – entgegen die Auffassung des Bundesregierung – einen Biodiv-Solapark auch als beihilfefähig bewerten. Lassen wir uns überraschen.
Fazit: Agri-Photovoltaik ist eine Mogelpackung und eine Riesenchance für Subvenstionsliebhaber, verteuert unnötig den Strom, verbraucht unnötig viel Ressourcen für die Sonderkonstruktionen aus Metall und führt zu Investitionsruinen, wenn der Klimawandel in 10-15 Jahren die eigentlich gedachte agrarische Nutzung so schwierig macht, dass es vielleicht intelligenter gewesen wäre, direkt ein Gewächshaus oder ein Vertical-Farming-Projekt zu errichten. Noch ein wenig weiter gedacht wäre das hier eigentlich die bessere Idee: Agro-Photovoltaik mal anders! https://www.pv-magazine.de/2021/08/03/agro-photovoltaik-mal-anders/
Hallo Herr Schnitzler, können Sie mir sagen, woher die Information zu dem Effizienzfaktor 40-80 von Photovoltaik gegenüber Biomasse kommt? Ich habe nur diese Quelle gefunden, laut der er eher bei so 10 liegt, zumindest wenn die Produktion von Wasserstoff berücksichtigt wird.
https://www.photovoltaik.eu/solarmodule/solarzelle-schlaegt-blatt
Es sind nicht 40.000 GW ,sondern 4.000 GW die auf den Energipflanzen Flächen installiert werden könnten.
Aber das ist auch schon enorm,wenn man bedenkt das die derzeitige Installierte Leistung in Deutschland knappe 60 GW beträgt.
stimmt – 2,4 Millionen Hektar ergibt 2.400 Gigawatt installierbarer PV-Leistung – ergibt 2.400 Terawattstunden Solarstrom, bei 1.000 Vollaststunden / Jahr…
Hallo Dirk, sie haben recht. Bei mir hat sich eine Null zuviel eingeschlichen, sorry dafür.
Herr Schnitzler, ich kann mich noch an den Wirtschaftsminister Philipp Rösler von der FDP erinnern, der die Energiewende zurück eingeläutet hat. Seitdem ging der Ausbau der Erneuerbaren gewaltig zurück. Er wurde dann als Bauernopfer abgelöst und hat einen tollen Job in der Schweiz bekommen. Jetzt will Herr Volker Wissing als Digital- und Verkehrsminister unbedingt die schwarze Null halten. Umso mehr Subventionen für die Erneuerbaren ausgegeben werden, umso weniger kann man bauen, da die schwarze Null gesetzt ist. Da sollte man doch mal die Parteispenden etwas genauer ansehen. Experten empfehlen jedes Jahr 100 Mrd. für den Klimaschutz auszugeben. In den nächsten drei Jahren könnte man mit ihrer Art von Biodiv-Solarparks schnell und preiswert 30 bis 50 GW aus dem Boden stampfen. Mit kleinteiligen teuren Agri-Solarparks, am besten noch in 10 m Höhe, schafft man nur Verwaltungsaufwand und bringt der Natur nichts, aber auch gar nichts. Der Zubau von kleinteiligen Dachflächen kann langsam parallel mitwachsen, aber sollte wegen der Geschwindigkeit und der Kosten nicht vorrangig behandelt werden. Wir müssen der Welt zeigen, das 100% Erneuerbare machbar sind und billige, saubere Energie Vorteile für die Menschen und Wirtschaft hat. Lieber jetzt 100 Mrd. im Jahr für Erneuerbare ausgeben als in 20 Jahren jedes Jahr 100 Mrd. für Hochwasserschäden zu bezahlen.
Eine interessante Diskussion!
PV in der Fläche ist halt verdammt günstig.
Allerding: Haben sich die Ministerien beim Vorschlag den Agra-Raum mit einzubeziehen ausreichend um Lösungen von bisher überbauten Flächn gekümmert?
Die alte Diskussion – Energiegewinnung vs Produktion von Nahrungmitteln – sollte weiterhin sachlich geführt sein.
Welche Anreizsystem werden gestzt für die PV-Installation auf bestehenden..Fabrik-Dächern, Parkplätzen, Supermärkten?
Haben die Kommunen ihren möglichen Spielraum wirklich schon ausgenutzt?
Welches Signal wollen wir in 20 Jahren in der Welt „verkaufen“, wenn 20% der Agrafläche mit großen PV Installationen belegt sein werden und auf der anderen Hand die (flach) Dächer wg. stat. Problemen weitestgehend frei gelassen werden????
Ist es das?
Die Energy Whatch Group und die Uni LUT Finnland haben es ausgerechnet.
Wenn ca. 1 % der Weltweiten Landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Solarpanels belegt sind kann man damit den Welt Endenergiebedarf decken.
Energiepflanzen bräuchten wir dann theoretisch garnicht mehr anbauen. Diese machen ca. 7 % der Nutzflächen aus.
Unter dem Strich werden so, durch die Effiziente Flächennutzung durch PV viele Flächen frei für den Nahrungsmittel Anbau.
Eine Globale Sichtweise ist hier ganz nützlich , weil wir ja auch ein Globales Problem bekämpfen wollen.
Man kann es auch übertreiben! Solarparks brauchen niemals 20 % der landschaftlichen Flächen! Mit 2% können wir vielleicht noch weiter reden. Weltweit haben wir riesige Agrarflächen und trotzdem leiden 10% der Menschheit an Hunger und sind dem Tod näher als dem Leben. Strom aus PV kann das merklich verbessern. Wir müssen sehr schnell viel zu bauen. Dafür braucht es massenhaft Fachkräfte. Bei Solarparks werden nur ca 20% der Manpower gebraucht im Vergleich zu Dächer und Fassaden PV. Wer soll diese Handwerksleistung erbringen? Die nächste Generation Studienabgänger sicherlich nicht! Es gibt viele Möglichkeiten, ob Solarzäune, Fassade oder Dach. Dieses wird nebenbei weiter ausgebaut werden, aber der schnelle Aufbau von Solarparks wird Vorrang haben. Gemeinden müssen da ganz aktiv einsteigen und eventuell auch kostenlose Kredite bekommen. Die neue Regierung wird die Bürokratie stark beschränken und die vorhandene Technik für unterschiedliche Strompreise muss kommen. PV-Strom aus Solarparks ist die einfachste und billigste Art Strom herzustellen. Wenn so ein Park nach 10 Jahren abbezahlt ist, dann ist dieser noch 40 Jahre lang eine Goldgrube. Warum wollen dass die Bürger und vor allem die Gemeinden nicht begreifen.