Hunderte Stromanbieter kündigen kräftige Preiserhöhungen von durchschnittlich 64 Prozent an

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Auch im neuen Jahr bleibt die Situation auf dem Energiemarkt angespannt. Getrieben vom Gaspreis macht sich auch die Unsicherheit auf dem Strommarkt breit. Das bekommen die Verbraucher mit der Stromrechnung zu spüren. Sieben Stromanbieter und einige Versorger sind bereits insolvent oder haben ihre Lieferungen eingestellt. Das zeigt eine Analyse des Informationsdienstleisters „Strom-Report“.

Innerhalb eines Jahres sei der Börsenstrompreis um satte 460 Prozent gestiegen. Waren es im Dezember 2020 noch 43 Euro pro Megawattstunde, lag der Preis ein Jahr später schon bei 240 Euro pro Megawattstunde. Die Preise für Stromlieferungen im Day-Ahead-Markt kletterten auch deutlich. Die Preise bewegen sich im Schnitt zwischen 50 und 100 Euro pro Megawattstunde, doch seit September bewegten sich die Preise regelmäßig im Bereich der 200 Euro Marke. Am 21.12. kletterte der Preis sogar auf 620 Euro pro Megawattstunde, ist seitdem aber wieder etwas gefallen.

Als Reaktion auf diese Entwicklung haben die Stromanbieter ihre Preise erhöht – teils drastisch. „Strom-Report“ zählt schon jetzt über 640 Stromanbieter und Energieversorger, die Preiserhöhungen für ihre Endkunden angekündigt haben. Die dürften auch nicht zu moderat ausfallen, denn eine Gruppe von 390 Versorgern werde die Preise durchschnittlich um 64 Prozent anheben. Für vierköpfige Familien könnten das gut 1000 Euro Mehrbelastung im Jahr bedeuten. Hunderte weitere Versorger werden „Strom-Report“ zu Folge ihre Preise um gut 40 Prozent anheben.

Zudem haben bereits sieben Stromanbieter das Handtuch geworfen und sind angesichts der turbulenten Marktlage im Insolvenzverfahren. Sie haben die Lieferungen an die Endkunden eingestellt. Insolvent sind Neckermann Strom, Smiling Green Energy, Dreischstrom, Lition Energie, Otima Energie, Fulminant Energie und zuletzt auch Enyway. Stromio, auch unter dem Vetriebsnamen Grünwelt bekannt, hat seine Lieferungen zum 21.12. eingestellt.

Die Kunden dieser Versorger rutschen somit in die Lieferverträge der Grundversorger. Doch die erheben teils horrende Preise für ihre Neukunden, die um ein Vielfaches über den Preisen für Bestandskunden liegen. Die Verbraucherzentrale NRW bezeichnet diesen Preisunterschied zwischen Neu- und Bestandskunden bei Grundversorgern „skandalös“.

Gerade ehemalige Kunden von Grünwelt berichten der Verbraucherzentrale NRW von enormen Preissteigerungen. „Sie sind in die Grundversorgung zurückgefallen und geradezu verzweifelt über die immensen Strompreise, die einige Energieanbieter für die Ersatzversorgung aufrufen“, sagte Vorstand Wolfgang Schuldzinski. „Die Höhe der Abschlagszahlungen beträgt ein Vielfaches der bisherigen monatlichen Stromkosten. Das bringt gerade Haushalte mit weniger Einkommen in Bedrängnis.“

Der Blick in die Quartalsberichter der großen Energieversorger zeigt, dass zumindest bis September bei allen Versorgern deutliche Gewinne eingefahren wurden und sie so mit einem Fettpolster in die turbulenten Winter starten konnten.

Eon konnte während der ersten nein Monates des Jahres sein Ergebnis (EBIT) von 2,4 auf 3,1 Milliarden Euro verbessern. Allein der Gewinn aus dem Verkauf von Energie stieg um 133 Prozent von Januar bis September. Der Umsätze stiegen mit moderaten 11 Prozent. Beim Energieriesen RWE zog der Umsatz mit 30 Prozent zwar deutlich an, allerdings konnte der Konzern sein Ergebnis nur um 136 Millionen auf 2,4 Milliarden Euro verbessern. Vattenfall konnte im gleichen Zeitraum seinen Umsatz nur um zwei Prozent steigern, doch mit einem Plus von gut einem Drittel dürften die Buchhalter des Konzerns zufrieden auf ihr EBIT-Ergebnis geblickt haben.

Zwar konnte EnBW seinen Umsatz um stolze 36 Prozent steigern, doch fuhr der Konzern für die ersten neun Monate des Jahres 2021 ein Minus von 20 Prozent beim bereinigten Ergebnis ein. Auch die MVV Energie konnte den Umsatz des Wirtschaftsjahrs vom 1.10.2020 bis 30.9.2021 um 18 Prozent steigern. Das Ergebnis konnte sogar um 19 Prozent gesteigert werden.

Wie lange die Gas- und Strompreise an den Handelsplätzen so hoch bleiben, ist noch ungewiss. Wenig Hoffnung macht da der Zusammenhang, dass die Gaspreise wegen der verzögerten Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 so hoch sind. Im November setzte die Bundesnetzagentur das Freigabeverfahren für die Pipeline unter Berufung auf das Energiewirtschaftsgesetzes aus.

Streitpunkt war die Verpflichtung einer Neugründung deutschen Tochtergesellschaft für den Betrieb der Pipeline. Die ersten Schritte dafür wurden zwar bereits eingeleitet doch der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, erklärte in der ARD, dass er nicht mit einer Inbetriebnahme im ersten Halbjahr 2022 rechne. Neben der Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur steht auch noch eine Prüfung durch die Europäische Kommission aus. Die könne vier bis fünf Monate dauern.

Sollten die Preise längerfristig auf einem so hohen Niveau bleiben, dürften das bald die meisten Verbraucher durch die Stromrechnung zu spüren bekommen. Wo Preisänderungen für das laufende Jahr anfallen, werden diese im Laufe des Januars bekannt gegeben und zum 1. März geltend gemacht.

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