Extrem schnell schaltende Galliumnitrid-Halbleiter könnten schon bald ihren Nutzen in Photovoltaik-Wechselrichtern finden. Dazu ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft gefördertes Forschungsprojekt an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg gestartet. Unter dem Projektnamen „GaN-HighPower“ arbeiten das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE, die Technische Hochschule Köln, die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, der Wechselrichterhersteller SMA Solar Technology und die Halbleiter-Unternehmen Infineon Technologies sowie Vacuumschmelze GmbH an der Erprobung solcher Halbleiter in Wechselrichtern. Bis 2024 wird das Projekt laufen und durch eine Summe von 4,1 Millionen Euro vom Bund gefördert.
Explizit erforschen die Verbundpartner den Einsatz von unterschiedlichen Galliumnitrid-Halbleitermodulen, die in unterschiedlichen Topologien und mit unterschiedlichen magnetischen Bauelementen getestet werden. Durch das Testen, Charakterisieren und Modellieren der Halbleiter, Topologien und die Abstimmung mit anderen Komponenten werde so ein Photovoltaik-Wechselrichter mit 100 Kilovoltampere Leistung entwickelt. „Gerade eine funktionierende Ansteuerelektronik für die schnellschaltenden GaN-Halbleiter zu entwickeln, stellt eine wesentliche Herausforderung dar“, sagt Marco Jung, Professor am Fachbereich Elektrotechnik, Maschinenbau und Technikjournalismusan der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, der das Projekt leitet.
Bisher kamen Galliumnitrid-Halbleiter nur in Anwendungsbereichen mit deutlich kleinerem Leistungsbereich wie etwa in Mobiltelefonen zum Einsatz. Gemeinsam mit den Halbleiterherstellern sollen also Galliumnitrid-Produkte mit hoher Spannungsfestigkeit hergestellt werden. Gelingt dies, können diese Halbleiter das Gewicht von Wechselrichter deutlich senken. Durch die hohen Schaltfrequenzen lassen sich magnetische Bauteile wie Drosselspulen, die zur Korrektur der Sinuswellenform genutzt werden, deutlich kleiner skalieren.
Wem das bekannt vorkommt, erlebt kein Deja-vu. Seit einigen Jahren schon entwickeln diverse Hersteller Wechselrichter, die mit Siliziumkarbid-Halbleitern, sogenannten Metalloxid-Halbleiter-Feld-Effekt-Transistoren (MOSFETs), funktionieren. Im Vergleich zu den sonst gewöhnlichen Insulated-gate bipolar Transistors (IGBTs), die bei 16 Kilohertz schalten, sind Siliziumkarbid-Halbleiter deutlich schneller und schalten bei 50 Kilohertz. Zum Vergleich Galliumnitrid-Halbleiter, die schon heute für Anwendungen in Mobilfunkbereich vorgesehen sind, schalten locker mit 250 Kilohertz, einige gehen sogar in den Megahertzbereich. In Geräten, in denen MOSFETs verbaut wurden, konnten Leistungsdichten von weniger als einem Kilogramm pro Kilowatt erreicht werden. Auch bei Siliziumkarbid lag die Herausforderung anfänglich bei der Spannungsfestigkeit. Doch gerade durch das Wachstum in der Elektromobilität wurden MOSFETs mit hoher Spannungsfestigkeit entwickelt und vertrieben, wovon auch die Photovoltaik-Branche profitierte.
Siliziumkarbid-Halbleiter erlauben ebenfalls nicht immer den Bau eines Wechselrichters in der gewünschten Gewichtsklasse. Hochleistungsstrangwechselrichter mit deutlich über 100 Kilowatt Leistung können nicht mehr von Hand im Feld installiert werden. Hierzu müssen Maschinen zum Einsatz kommen.
Bereits im Juli entwickelte das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme einen Hybridwechselrichter, der sowohl Galliumnitrid- als auch Siliziumkarbid-Halbleiter nutze. Der Vorteil dieses Testgeräts sollte sein, dass dieser auch bei geringer Teillast im oberen Effizienzbereich von 98 Prozent arbeiten könne.
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Ein grundsätzlich interessanter Artikel allerdings sind MOSFETs eine Bauform, die auch mit Silizium hergestellt werden kann (das ist sogar die Regel). Aber höhere Schaltfrequenzen haben die genannten Vorteile bei der Dimensionierung der passiven Bauelemente und diese können mit modernen Materialien höher ausfallen