Ampel-Sondierungen: SPD, Grüne und FDP wollen bundesweite Photovoltaik-Pflicht

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Die Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung gehen voran. Der Wille, ein sogenanntes Ampel*-Bündnis zu schmieden, scheint bei SPD, Grünen und FDP groß – sie nennen es selbst eine „Fortschrittskoalition“. Am Freitag veröffentlichten die Parteien ein zwölfseitiges Papier mit den Ergebnissen ihrer bisherigen Sondierungen. „Es umfasst nur die Themen, über die die Verhandlungspartner vor Eintritt in Koalitionsverhandlungen eine Vorfestlegung erreichen wollten. Nicht alle Themen wurden besprochen, nicht jedes Thema bis in die Einzelheiten diskutiert“, heißt es dort.

Das Kapital 2 ist dabei überschrieben mit „Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“. Es lassen sich Grundzüge ablesen, wie die künftige Klimapolitik ausgestaltet werden soll. „Wir werden das Klimaschutzgesetz noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickeln und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg bringen“, versprechen SPD, Grüne und FDP. Alle Sektoren sollten ihren Beitrag leisten, um die Klimaziele zu erreichen.

„Wir machen es zu unserer gemeinsamen Mission, den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen“, so ein Ergebnis. Dafür sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigt sowie der dezentrale Erneuerbaren-Ausbau gestärkt werden. Konkrete Ausbauziele für einzelne Technologien sind noch nicht festgeschrieben. Allerdings verständigten sich die Parteien auf Maßnahmen, die den Zubau treiben sollen.

„Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden“, heißt es in dem Sondierungspapier. „Bürokratische Hürden werden wir abbauen und Wege eröffnen, um private Bauherren finanziell nicht zu überfordern. Wir sehen darin auch ein Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk.“ Zudem sollen zwei Prozent der Landesflächen für Windparks an Land ausgewiesen werden. Dabei sollten Standortkommunen von Windparks und Photovoltaik-Freiflächenanlagen „finanziell angemessen profitieren“. Auch ein verstärkter Ausbau der Windkraft auf See haben die Parteien auf der Agenda.

Einig sind sich SPD, Grüne und FDP auch, dass es einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung braucht. Dies sei aber nur möglich, wenn der angestrebte massive Ausbau der Erneuerbaren gelingt sowie moderne Gaskraftwerke errichtet würden, um den steigenden Strom- und Energiebedarf zu decken. „Die bis zur Versorgungssicherheit durch Erneuerbare Energien notwendigen Gaskraftwerke müssen so gebaut werden, dass sie auf klimaneutrale Gase (H2-ready) umgestellt werden können“, heißt es im Papier. Auf jeden Fall wollen sie das Kohleausstiegsgesetz bereits in der nächsten Legislaturperiode auf den Prüfstand stellen. Die vom Strukturwandel betroffenen Regionen sollen dabei flankierend entsprechend unterstützt werden.

Ebenfalls im Ergebnispapier festgehalten ist die Abschaffung der Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis. Es soll ein neues Strommarkt-Design erarbeitet werden und zudem das Brennstoffemissionshandelsgesetz sowie der europäische Emissionshandel überarbeitet werden.  Auch wollen sie Deutschland zu einem Leitmarkt für Elektromobilität machen und den Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigen. Ein generelles Tempolimit soll es hingegen nicht geben.

Jetzt bleibt abzuwarten, wie die weiteren Koalitionsverhandlungen laufen. Nach dem Abschluss der ersten Phase heißt es: „Die Sondierungsgespräche waren von Vertrauen, Respekt und gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt. Das wollen wir fortsetzen. Wir sind davon überzeugt, dass wir einen ambitionierten und tragfähigen Koalitionsvertrag schließen können.“

„Das Sondierungsergebnis klingt nach dem notwendigen energie- und klimapolitischen Aufbruch“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar), Carsten Körnig. „Um ein stabiles Fundament für eine Klimaschutz-Koalition zu schaffen, muss jetzt ein Koalitionsvertrag für einen attraktiven Investitionsrahmen für die Solarenergie sorgen und dafür klare und angemessene Ausbauziele definieren.“ Investitions- und Planungssicherheit sei für die Unternehmen wichtig, zumal nach Ansicht von Experten die installierte Photovoltaik-Leistung bereits bis 2025 – also dem Ende der Legislaturperiode – auf gut 100 Gigawatt verdoppelt werden müsse.

Der BSW begrüßtes daher, dass sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt haben, ein „Klimaschutz-Sofortprogramm“ aufsetzen und bürokratische Hürden abbauen zu wollen. Zugleich mahnte der Verband: Den Ampel-Sondierern müsse dabei bewusst sein, dass die von ihnen geplante Solardachpflicht bei Gewerbe-Neubauten nur einen Bruchteil des erforderlichen Photovoltaik-Ausbaus anstoßen werde. Es gelte vielmehr die Ausbauziele im EEG deutlich anzuheben, Barrieren für den solaren Eigenverbrauch abzubauen und Marktprämien auch für die solartechnische Nachrüstung im Gebäudebestand wieder die notwendige Attraktivität zu verleihen.

*Anmerkung der Redaktion: In der ersten Version schrieben wir von einem Jamaika-Bündnis. Das ist natürlich falsch: rot, grün, gelb ergeben eine Ampel. Vielen Dank für den Hinweis an den aufmerksamen Leser! Zudem haben wir den Kommentar des BSW-Solar nachträglich in den Artikel aufgenommen.

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