Serie – Wahlprüfsteine Energie und Photovoltaik: Bündnis 90/ Die Grünen

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Was bedeutet es konkret, das EEG von einem Förderinstrument zu einem Absicherungsinstrument weiterzuentwickeln?

Wir Grüne wollen einen schnellen und günstigen Ausbau der Erneuerbaren ermöglichen. Neben höheren Ausbauzielen sind dafür vor allem auch verlässliche Rahmenbedingungen notwendig, – auch für die Finanzierung. Erste Wind- und große Solaranlagen benötigen bereits heute keine EEG-Zahlungen mehr. Und der Trend zu langfristigen Lieferverträgen zwischen Ökostromerzeugern und Verbraucher*innen wie Power-Purchase-Agreements (PPAs) unterstützt diese Entwicklung. Gleichzeitig ist es notwendig, im Rahmen des EEG für eine ausreichende Förderung zu sorgen, in dem der sog. atmende Deckel reformiert und auch die Volleinspeisung wieder attraktiv gestaltet wird.

Eine Weiterentwicklung, die im europäischen Ausland zum Beispiel schon für Offshore-Auktionen verwendet wird, sind sogenannte Differenzverträge oder Contracts for Difference (CfD). Bei diesen wird nicht nur die Differenz zwischen Börsen-Strompreis und zugesagter Finanzierung an die Betreiber*innen ausgezahlt, sondern die Betreiber*innen zahlen umgekehrt an das EEG-Konto zurück, wenn sie ihren Strom bei hohen Marktpreisen für mehr Geld an der Börse verkaufen, als der zugesagte Vergütungssatz aus der EEG-Finanzierung beträgt. Damit werden Mitnahmeeffekte und Überforderung verhindert. Alles in allem kann der Strom mit Differenzverträgen 15 bis 30 Prozent günstiger sein als eine rein marktliche Option. Dieser Preisvorteil kommt allen gleichermaßen zugute: Haushalten, Industrie und Mittelstand.

Wie soll die Finanzierung von erneuerbaren Anlagen funktionieren?

Es bedarf einer Weiterentwicklung des EEGs, um langfristige Planungs- und auch Finanzierungssicherheit für den Ausbau zu gewährleisten. Neben höheren Ausbauzielen und Ausbaumengen im EEG wollen wir den Ausbau eben auch über langfristige Lieferverträge stärken und ermöglichen. Um den Solarenergieausbau zu stärken, wollen wir Grüne Solardächer zum Standard machen, beginnend mit Neubauten, öffentlichen und Gewerbegebäuden und umfassenden Dachsanierungen. Außerdem braucht es eine ausreichende Vergütung und dazu eine Reform des atmenden Deckels. Die Degression wollen wir dabei bis zum Erreichen eines Ausbaupfades von jährlich mindestens 10 Gigawatt Solarenergie netto aussetzen. Die Vergütung für Volleinspeisung wollen wir auf ein auskömmliches Niveau anzuheben. Für die Bürger*innenenergieprojekte gilt es, Solar-Projekte bis 1 Megawatt Leistung von der Ausschreibungspflicht zu befreien.

Wie möchten die Grünen tun, um die Wirtschaftlichkeit von Speichern verbessern?

Wir Grüne wollen den Strommarkt reformieren. Neben einem schnellen und kostengünstigen Ausbau von erneuerbaren Energien soll er unter anderem auch einen wirtschaftlichen Betrieb von Speichern gewährleisten. Mit zeitvariablen Preissignalen wollen wir dafür sorgen, dass mit Bürger*innenenergie alle zum Flexibilitätsdienstleister werden können: durch Erzeugung, Speicherung oder Lastmanagement. Außerdem wollen wir die Bürokratie für die Kund*innen auf dem Strommarkt reduzieren. Sie sollen das Recht erhalten, innerhalb einer Frist von acht Wochen die Voraussetzungen von ihrem Netzbetreibers zu erhalten, mit ihren Speichern Dienstleistungen an die Märkte zu erbringen.

Was möchten die Grünen in Bezug auf Mieterstrom verbessern?

Wir Grüne wollen Mieter*innenstrom fördern, entbürokratisieren und so weiterentwickeln, dass Mieter*innen stärker vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren. Die bisherigen Mieter*innenstromregeln lassen dies nicht zu, ein von der GroKo eingezogener Deckel von 500 Megawatt wurde bisher noch nicht einmal angekratzt. Zudem ist solch ein Deckel eine falsche Ausbaubremse. Wir halten es deshalb für sinnvoll, die Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtlinie zur gemeinschaftlichen Eigenversorgung und Energy-Sharing in Deutschland zum Anlass zu nehmen, auch das Mieter*innenstromkonzept so zu überarbeiten, dass vor allem der Solarausbau in den Städten Fahrt aufnimmt. Viel mehr Eigentümer*innen von Gebäuden können so PV Strom vom eigenen Dach gewinnbringend für alle Seiten erzeugen oder ermöglichen. Kurzfristig könnte eine Differenzierung der Größenklassen und eine weitere Anhebung des Mieterstromzuschlages nötig sein, um Mieter*innenstrom allgemeiner auch für die Wohnungswirtschaft attraktiv zu machen. Außerdem muss der zuletzt eingeführte Quartiersbegriff ausgedeutet werden.

Welche Reformen im Energierecht soll es in Bezug auf die Sektorenkopplung geben?

Wir Grüne wollen die Elektrifizierung der anderen Sektoren wie Verkehr, Wärme und Industrie weiter stärken. Neben einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien wollen wir dafür mit einer umfassenden Reform der Abgaben, Umlagen und Steuern sorgen. Wir wollen den Strom aus Erneuerbaren kostengünstig machen und damit finanziellen Anreize für dessen Einsatz schaffen. Dazu brauchen wir neben einem wirksamen CO2-Preis auch zeitvariable Preissignale unter anderem durch die Senkung der EEG-Umlage bei besonders viel Grünstrom im Netz.

Was sind zeitvariable Preissignale bei den Grünen? Sollen die tatsächlich auch beim Endverbraucher ankommen?

Wir setzen uns dafür ein, dass zeitvariable Preissignale unter Berücksichtigung der lokalen Netzsituation angeboten werden. Wie die Kund*innen dieses Angebot nutzen, ist jedem/r selbst überlassen und hängt von der individuellen Situation ab. Voraussetzung dafür ist der Einbau von einem intelligenten Messsystem (Smart-Meter-Gateway) und wir gehen davon aus, dass die allermeisten normalen Haushalte derzeit kein solches Messsystem einbauen. Das ist erst ab 6000 Kilowattstunden im Jahr verpflichtend. Moderne Messeinrichtungen werden derzeit deutschlandweit in allen Häusern verbaut und ersetzen dort die Ferrariszähler. Es ist wichtig, in der Diskussion klar zwischen modernen Messeinrichtungen (mME) und intelligenten Messsystemen (iMsys) zu differenzieren, da sonst Missverständnisse und Fehlinformationen entstehen.

Prinzipiell ist es aus unserer Sicht aktuell dringend, endlich geeignete intelligente Messsysteme einzubauen – allerdings nur in den Haushalten mit lohnenden flexiblen Verbrauchern. Das sind zum Beispiel Haushalte mit einem E-Auto oder einer Wärmepumpe. Diese neuen Verbraucher verändern den Strombezug der Haushalte maßgeblich und können darum die Stabilität des Stromnetzes gefährden, wenn sie nicht intelligent, das heißt abgestimmt auf Netz und Stromangebot, eingesetzt werden. Am Ende steht jedem/r Kund*in frei, seinen Eigenverbrauch zu optimieren, es sollte jedoch nicht das primäre Ziel sein, sondern vielmehr die Flexibilität für ein sicheres Energiesystem dem Markt bereitzustellen.

Grundsätzlich gilt es, das von der EU verbriefte Recht mit Leben zu füllen und die Energiewende Schritt für Schritt auf allen Ebenen weiter voranzubringen. Das heißt, aktive Kund*innen dürfen weder unverhältnismäßigen technischen Anforderungen ausgesetzt werden, noch zu hohe Kosten tragen. Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften soll es ermöglicht werden, durch systemdienliche Produktion, Verteilung und Nutzung von Strom zur Energiewende beizutragen. Dazu müssen von anderen Anbietern auch die notwendige intelligente Mess- und Steuerinfrastruktur, zum Beispiel Smart Meter Gateways und intelligente Ladesäulen, innerhalb der Frist eingebaut werden können. Dafür muss das BSI schnellstmöglich Smart-Home-geeignete Geräte zulassen. Kund*innen, die mit ihren intelligenten Heimspeichern und Batterien ihrer E-Autos Systemdienstleistungen erbringen, dürfen für diese nicht mit Abgaben und Umlagen belastet werden. So können sich auch Leute mit kleinem Geldbeutel an der Energiewende beteiligen

Gleichzeitig gibt es auch noch immer kaum variable Stromtarife, die es für Haushaltskunden lohnend machen würden, ihren Verbrauch zu steuern. In der jüngsten Reform des Energiewirtschaftsgesetzes tauchten allerdings erstmals Vorgaben auf. So müssen zukünftig Kund*innen, die ein iMsys besitzen, variable Stromtarife angeboten werden, wenn der Stromlieferant mehr als 200.000 Haushalte (2022) beliefert. Es ist uns ein großes Anliegen, dass es gelingt, diese tatsächlich zeitnah und wirksam umzusetzen, sodass sich die Steuerung des eigenen Stromverbrauchs auch finanziell lohnt. Wirklich absehbar ist der Pflichteinbau aktuell aber nur für die Besitzer*innen von PV-Anlagen auf dem Dach.

Solange diesen durch den Einbau der iMsys noch mehr Kosten als Nutzen entstehen (weil, die entsprechenden Tarife noch nicht angeboten werden), fordern wir eine entsprechende finanzielle Unterstützung.

Wie wollen die Grünen die Akzeptanz von Erneuerbaren Erzeugungsanlagen verbessern?

Der Ausbau von Erneuerbaren wird von einem großen Teil der Bevölkerung unterstützt – dies wollen wir Grüne weiter stärken. Alle Bürger*innen sollen bei der Energiewende mitmachen und vom sauberen erneuerbaren Strom profitieren können. Dafür wollen wir zum Beispiel die Bürger*innenenergie stärken. Diese Projekte sollen aus der Ausschreibungspflicht nach dem EU-Recht ausgenommen werden. Außerdem wollen wir Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften in Deutschland verankern. Auf der Basis könnten sich Produzent*innen und Verbraucher*innen vor Ort zusammentun und sauberen Ökostrom selbst erzeugen und verbrauchen. Außerdem wollen wir eine bundesweit einheitliche und verpflichtende Regelung einführen, mit der die Kommunen von den Erlösen der vor Ort ansässigen Erneuerbaren-Anlagen finanziell profitieren. Grundsätzlich wollen wir den Ausbau von Erneuerbaren massiv erhöhen und dabei für eine frühzeitige Bürger*innenbeteiligung sowie für einen Anwohner*innen-freundlichen und naturverträglichen Ausbau sorgen.

Beim Thema CO2-Preis setzen die Grünen auf ein Bürgerenergiegeld in Höhe von 75 Euro im Jahr. Gerade mit Blick auf einkommensschwache Haushalte: Reicht das wirklich, um die Mehrkosten, die sich aus CO2-Preis und Klimaschutz ergeben, zu kompensieren?

Derzeit ist noch vorgesehen, dass der nationale CO2-Preis 2025 bis auf 55 Euro weiter ansteigt. Wir wollen die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro also auf das Jahr 2023 vorziehen. Das Grüne Energiegeld sollte anfänglich 75 Euro sein auf der Basis eines CO2-Preises von 60 Euro im Jahr 2023.

Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung von CO2 (also mit einem hohen CO2-Preis) erreichen, würde das zu erheblichen sozialen Unwuchten führen. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen – und werden es wirksam und sozial gerecht einsetzen. Neben einem wirksamen CO2-Preis gehören zu dem notwendigen Instrumentenmix auch Anreize und Förderung sowie Ordnungsrecht und Abbau von umweltschädlichen Subventionen.

Zurück zu unserem Konzept: Nach 2023 soll der CO2-Preis so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben die Erreichung des neuen Klimaziels 2030 absichert. Diese zusätzlichen Einnahmen wollen wir nutzen, um ein Energiegeld in Höhe von anfänglich 75 Euro pro Kopf den Bürger*innen zu Jahresbeginn auszuzahlen. Damit soll der Staat in Vorleistung gehen und jede Person kann sofort sehen, wie viel durch klimabewusstes Verhalten tatsächlich am Jahresende übrig bleiben kann. So wird klimafreundliches Verhalten belohnt und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden soll. Die Auszahlung des Energiegeldes ist über verschiedene Varianten denkbar, zum Beispiel über eine Verknüpfung mit der Steuer-Identifikationsnummer.

Um darüber hinaus zum Beispiel insbesondere Pendler*innen mit niedrigen Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Klimabonus-Fonds auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf Bus und Bahn oder ein emissionsfreies Fahrzeug. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gehen vollständig in den Bundeshaushalt, aus dem dann auch das Energiegeld bezahlt werden würde. Der Anspruch auf das Energiegeld ist natürlich nicht vererbbar.

Richtig ist, dass Klimaschutz nicht zum Null-Tarif zu haben ist, aber die Kosten durch die Klimakrise und die Schäden betragen ein Vielfaches der Kosten, die entstehen, wenn wir jetzt engagiert handeln und in die Zukunft investieren. Um unser Klimaschutzprogramm zu finanzieren, wollen wir umwelt- und klimaschädliche Subventionen abbauen und in einem ersten Schritt 15 Milliarden Euro dieser Subventionen abschmelzen. Darüber hinaus wollen wir die Schuldenbremse im Grundgesetz für Bund und Länder zeitgemäß gestalten, sodass die Tragfähigkeit der zukünftigen Zinslast gewährleistet ist und zugleich die so dringenden Zukunftsinvestitionen ermöglicht werden.

 

Lesen Sie hier auch die Antworten der Freien Demokraten.

Lesen Sie hier auch die Antworten von Die Linke.

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