Baywa re und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE haben gemeinsam mit weiteren Partnern auf dem Bio-Obsthof Nachtwey in Gelsdorf in Rheinland-Pfalz eine Agri-PV-Forschungsanlage für Äpfel und Spalierobst errichtet. Nach ihren Angaben handelt es sich dabei um die erste Anlage dieser Art in Deutschland. Die Gesamtversuchsfläche des Forschungsprojekts umfasst rund 9.100 Quadratmeter. Die Agri-PV-Anlage mit einer Leistung von 258 Kilowatt nimmt etwa ein Drittel der Fläche des Areals ein.
Übergeordnetes Ziel des durch das Klimaschutz-Ministerium Rheinland-Pfalz und das Bundeslandwirtschaftsministerium geförderten Projektes ist es, die Klimaresilienz im Obstbau zu steigern und eine sichere, nachhaltige Apfelproduktion mit zusätzlicher Solarstromerzeugung zu gewährleisten. Das Vorhaben läuft über fünf Jahre.
Das Experten vergleichen zunächst anhand von acht Apfelsorten die Apfelerzeugung am gleichen Standort unter vier unterschiedlichen Kulturenschutzsystemen: nicht regendurchlässiger Folienschutz, regendurchlässiger Hagelschutz, Agri-PV mit fest installierten, lichtdurchlässigen, nicht regendurchlässigen Photovoltaik-Modulen sowie nachgeführten Modulen, die bei Bedarf regendurchlässig sind. Dabei kommen zwei verschiedene Modultypen mit unterschiedlich angeordneten Solarzellen – Streifen- und Blockmuster – zum Einsatz.
Auf diese Weise wollen die Forscher untersuchen, inwiefern Agri-PV-Anlagen die Pflanzen und Früchte vor schädlichen Umwelteinflüssen wie Hagel, Starkregen, Sonnenbrand, Frost oder extremen Temperaturen bewahren können. Darüber hinaus testen sie, inwiefern sich unterschiedliches Lichtmanagement durch verschiedene Modulkonfigurationen auf das Pflanzenwachstum und die Agrarerträge auswirkt. Zudem wollen die Partner die Anlage im Hinblick auf Landschaftsästhetik, Wirtschaftlichkeit, Sozialverträglichkeit sowie pflanzenbauliche Parameter untersuchen.
Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, ökonomische Vorteile der Agri-Photovoltaik für Landwirte aufzuzeigen. Dazu könnten unter anderem dauerhaft geringere und besser kalkulierbare Energiekosten, weniger Investitionskosten in Kulturenschutz sowie weniger Betriebsmittel- und Müllentsorgungskosten gehören.
Solarstrom unter anderem für Elektro-Traktor
Der erzeugte Solarstrom wird durch den Obsthof Nachtwey genutzt – zum einen für das Laden des vom Fendt-Mutterkonzern AGCO zur Verfügung gestellten batterieelektrischen Traktors, zum anderen für die Versorgung des Bewässerungssystems. Das Kühllager wird bereits heute von einer Photovoltaik-Dachanlage mit Grünstrom versorgt.
Die Folien- und Hagelschutzsysteme, die als Referenzsysteme dienen, hat das Baywa Agrar Obst und Hopfenzentrum aus Tettnang installiert. Das pflanzenphysiologische Monitoring ermöglicht „NEXT Farming“ – ein Software-Management-System der Baywa, mit der Landwirte ihren Betrieb sowie die Bewässerung steuern können. Über Datenmonitoring und Wettervorhersagen werden die Landwirte kontinuierlich über mögliche Risiken informiert, um ihren Anbau kontrollieren zu können.
Als Forschungspartner an dem Projekt sind neben Fraunhofer ISE und Baywa re das DLR Rheinpfalz (Agrarwissenschaft), Fendt (AGCO GmbH), EWS Schönau und der Bio-Obsthof Nachtwey beteiligt.
„Wir sehen in Agri-Photovoltaik eine langfristige Lösung, um Landwirte dabei zu unterstützen, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen“, erklärt Stephan Schindele, Head of Product Management Agri-PV bei Baywa re. „Wir können das bisherige Ökosystem erhalten und durch Synergieeffekte und die Solarstromerzeugung sogar aufwerten. Nachdem wir in den Niederlanden sehr erfolgreich professionellen Beerenanbau unter Agri- Photovoltaik realisiert haben, gehen wir in Gelsdorf den wichtigen Schritt Richtung Spalierobst.“ Die Potenziale und Synergien für Agri-PV kombiniert mit Apfel, Birnen, Kirschen, Kiwi und weiteren Dauerkulturen können beachtlich sein, so Schindele.
»Das Forschungsprojekt ,Agri-PV Obstbau‘ soll nicht nur Möglichkeiten aufzeigen, CO2-Emissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren, sondern auch die Verwendung kurzlebiger Materialien und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Fungiziden zu vermeiden und so entscheidend zum Klimaschutz beizutragen“, sagt Andreas Steinhüser, Stellvertretender Gruppenleiter Agri-Photovoltaik am Fraunhofer ISE. Darüber hinaus nähmen die Partner auch noch gesellschaftliche Fragen, wie Akzeptanz und Sozialverträglichkeit in den Fokus – denn diese Aspekte würden bei der weiteren Verbreitung der Agri-Photovoltaik eine entscheidende Rolle spielen.
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