Gauck und die Energiewende: Interpretieren Sie mit!

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Nachdem der „Spiegel“ diese Woche erst mit falschen Behauptungen und unbegründeten ZahlenStimmung gegen die Photovoltaik machte, legte dieOnline-Ausgabe noch einen drauf. Sie stellte eine Rede des Bundespräsidenten Joachim Gauck in einen Zusammenhang, nach dem sie sich gegen die Solarförderung richtete. Die SPD stieg schon kurz danach darauf ein. In der „Welt“ erwiderte SPD-Umweltpolitikerin Ute Vogt: "Der Bundespräsident beginnt offenbar, sich in die Umweltpolitik einzuarbeiten. Aber da muss er noch etwas tiefer gehen".„Zeit Online“ zitiert den früheren Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, SPD, mit den Worten: "Gaucks Kritik hängt wohl mit seiner Ost-Mentalität zusammen. Er hat Angst vor der Planwirtschaft."
Dabei hat sich Joachim Gauck gar nicht eindeutig geäußert. DieRede ist inzwischen online für jeden einsehbar. Darin zweifelt er, dass die Energiewende „allein mit planwirtschaftlichen Verordnungen“ gelingen kann und „wohl auch nicht mit einem Übermaß an Subventionen“. Da keiner ein „Übermaß“ gut finden kann, wundert es dabei fast, dass er seine Skepsis daran sogar noch mit dem Wörtchen „wohl“ relativiert. Und das „allein“ im Zusammenhang mit Planwirtschaft macht ihn ja schon fast zu einem Befürworter derselben. Andreas Schulze, Sprecher des Bundespräsidenten, teilt auf Anfrage der photovoltaik außerdem mit, dass Joachim Gauck dabei keine bestimmte Fördermaßnahme angesprochen habe.
Trotzdem zitiert „Zeit Online“ die Passagen mit der Einleitung „sagte der Bundespräsident mit Blick auf die Milliardenkosten bei der Förderung von Solar- und Windenergie“. „Spiegel Online“ stellt fest: „Bei der Umsetzung der Energiewende gibt es insbesondere Streit um die Frage, mit wieviel Geld der Solarstrom gefördert werden soll. Gaucks Äußerungen dürften auf Zustimmung bei der FDP stoßen.“
Das Bundespräsidialamt nennt das lapidar „Interpretationen“. Zum Glück lebten wir in einem Land, wo die Freiheit dazu herrscht, heißt es. Der Bundespräsident wolle lediglich Diskussionen anstoßen. Allerdings kann man nun mal nicht behaupten, dass die Diskussion über diverse Steuerungsmöglichkeiten bei der Energiewende bisher noch nicht stattgefunden habe. Sie leidet nicht an Diskussionsbeiträgen, sondern darunter, dass es sehr viel miteinander verwobene Einzelinteressen gibt, bei denen es um sehr viel Geld geht und die nicht immer offengelegt werden.
Da hilft nur eines: Joachim Gauck beim Wort nehmen und selber interpretieren. Laut Internetveröffentlichung hat er gesagt: "Es [das Projekt Energiewende] kann uns aber gelingen mit überzeugenden Innovationen und im fairen Wettbewerb." Das ist ganz im Sinne des EEG. Es erlaubt Innovationen zur Markteinführung erneuerbarer Energien in einem fairen Wettbewerb mit sehr marktwirtschaftlichen Mechanismen, die zu der drastischen Kostensenkung bei Wind- und Solaranlagen geführt haben. "Marktwirtschaftliche, wachstumsfreundliche Umweltpolitik heißt für mich“, so Gauck weiter, „dass Kosten für Umweltbelastungen und Umweltrisiken den Verursachern in Rechnung gestellt werden und nicht den Steuerzahlern." Das widerspricht eindeutig den Ausnahmeregelungen, mit denen die Bundesregierung stromintensive Industriebetriebe, die die Umwelt besonders belasten, von den Kosten der Energiewende und des Netzausbaus befreit und durch die nächstes Jahr die privaten Verbraucher zusätzlich belastet werden. Es könnte auch ein Anstoß sein, die versteckten Umweltkosten von zum Beispiel Atomenergie und Braunkohle wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
Es wäre allerdings durchaus interessant zu wissen, was Joachim Gauck wirklich sagen wollte. Denn dann könnte man zustimmen oder widersprechen – und diskutieren. (Michael Fuhs)

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