Der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) hätte den Zeitpunkt für die Vorstellung seiner Branchenanalyse zur Marktentwicklung 2020 und den Erwartungen 2021 kaum besser wählen können. „Am heutigen Tag wird der 300.000ste Photovoltaik-Heimspeicher in Deutschland installiert“, sagte BVES-Bundesgeschäftsführer Urban Windelen bei einem Pressegespräch am Montag anlässlich der Vorstellung der Zahlen. Von wem das System stamme und wo genau es gerade installiert werde, wollte man nicht erklären, aber der Fakt an sich spricht dann doch für die weitere rasante Entwicklung des Speichermarktes im vergangenen Jahr. „Ein Zubau von über 100.000 allein an Hausspeichern in einem Jahr ist ein tolles Ergebnis“, so Windelen.
Bis zum Jahresende 2020 waren deutlichweit rund 285.000 Photovoltaik-Heimspeicher in Deutschland im Betrieb, wie Jörg Blaurock von 3 Energie Consulting erklärt, das die Analyse im Auftrag des Verbandes erstellt hat. Ihre kumulierte Speicherkapazität erreicht immerhin schon 2,3 Gigawattstunden. Die Größe der Speicher in diesem Segment habe sich binnen Jahresfrist auf von durchschnittlich 8,0 auf 8,5 Kilowattstunden erhöht. Von den gestiegenen Installationszahlen profitierten auch die Umsätze der Unternehmen. Sie stiegen der Analyse zufolge um etwa 60 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. „Der drohende 52 Gigawatt-Deckel für die Photovoltaik-Dachanlagen hat den Markt im vergangenen Jahr beflügelt und auch nach seiner Abschaffung gab es einen neuen Schub für Heimspeicher“, sagt Blaurock. Sicher hat auch die Corona-Pandemie und der wachsende Wunsch nach Energieautarkie den Absatz der Speicher in diesem Segment beflügelt. Und auch in diesem Jahr werde ein Zuwachs um mindestens 100.000 neue Photovoltaik-Heimspeicher erwartet. Dabei sei neben der Elektromobilität auch der weiter ungebremste Photovoltaik-Zubau ein wichtiger Treiber, zumal die Befreiung des solaren Eigenverbrauchs von der EEG-Umlage auf Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung mit dem EEG 2021 ausgeweitet wurde.
Weniger hilfreich war Covid-19 jedoch, wenn man sich das Segment der Gewerbe und Industriespeicher anschaut. Hier sei ein Umsatzrückgang um 20 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro 2020 zu verzeichnen gewesen. „Angesichts der Pandemie sind in der Industrie Aufträge verschoben oder storniert worden“, sagt Blaurock. Zugleich gebe der anziehende Ausbau der Ladeinfrastruktur in diesem Segment Anlass für eine leichte Erholung in diesem Jahr. Die dort genutzten Pufferspeicher werden in der Analyse ebenfalls zu diesem Segment gezählt und hätten bereits 2020 dafür gesorgt, dass der Umsatzrückgang weniger stark ausgefallen sei.
Der dritte Bereich, der für die Marktanalyse ausgewertet wird, ist die Systeminfrastruktur. In diesem Bereich sind Pumpspeicher inkludiert, die den größten Umsatzanteil ausmachen, bei denen es jedoch seit Jahren in Deutschland kaum Bewegung gebe. Der Umsatz bei Großspeichern sei von 2019 auf 2020 von 200 auf 65 Millionen Euro gesunken. Blaurock geht auch 2020 von einem weiteren Rückgang auf 30 Millionen Euro aus. Allerdings sind in seiner Analyse die Großspeicher aus den Innovationsausschreibungen nicht berücksichtigt, da noch unklar sei, wann diese ans Netz gingen. Ab 2022 könnten diese Projekte wie auch die geplanten Netzbooster wieder für mehr Umsatz sorgen. Doch im Moment gebe es kaum marktgetriebenen Ausbau von Großspeichern in Deutschland, da sich solche Projekte wegen der sinkenden Preise für Primärregelleistung kaum lohnten.
Insgesamt ist 2020 der Analyse zufolge der Umsatz der Energiespeicherbranche um 10 Prozent auf 7,1 Milliarden Euro gewachsen. Darin enthalten sind aber eben nicht nur Stromspeicher, sondern es werden thermischen, mechanischen, elektrochemische und chemische Speicher, Ladesäulen und Wasserstoff berücksichtigt. Gerade Wasserstoff-Anwendungen seien in den Bereichen noch eher marginal, doch ein wichtiges Zukunftsfeld. Das Haushaltssegment, zudem neben Heimspeichern auch Wärmepumpen gezählt werden, hat mit 3,5 Milliarden Euro erneut den mit Abstand größten Anteil.
Insgesamt ist die Speicherbranche jedoch bislang gut durch die Corona-Pandemie gekommen und auch für dieses Jahr herrscht nach Auswertung einer Branchenbefragung viel Zuversicht. Die Zahl der Beschäftigten bei Speicherunternehmen ist im vergangenen Jahr auf 14.200 weiter gestiegen. Für dieses Jahr wird ein Wachstum auf 16.000 Beschäftigte angenommen. „Jedes zweite befragte Unternehmen sucht derzeit nach Mitarbeitern“, sagt Blaurock. Dazu passt auch, dass 56 Prozent sehr positiv auf das Jahr 2020 blicken. Immerhin 26 Prozent sind eher positiv. „Damit hat sich der Optimismus in der Branche trotz Corona-Pandemie im Vergleich zum Vorjahr noch erhöht“, sagt Blaurock. Allerdings seien Unterschiede zwischen den Segmenten erkennbar. Gerade im Bereich „Gewerbe und Handel“ schlage die Corona-Krise schon auf das Geschäft. Dennoch über alle Unternehmen geblickt gehen immerhin 70 Prozent von steigenden Umsätzen aus. Die Zuwachsraten werden dabei auf 10 bis mehr als 100 Prozent geschätzt.
Nicht in der Branchenanalyse erfasst ist die Kostenentwicklung. Auf Nachfrage erklärte Windelen jedoch, dass sich die Kostendegression der vergangenen Jahre fortgesetzt hat. Allerdings sei die Preisentwicklung durch die verschiedenen Förderungen für Photovoltaik-Heimspeicher auch etwas ausgebremst worden. Dennoch sieht der BVES auch in Zukunft Potenzial für Kostensenkungen- „Die Entwicklung bei Rohstoffpreisen und der Zellchemie wird dabei maßgeblich die weitere Preisentwicklung beeinflussen“, lautete Windelens Fazit.
Als größte Markthemmnisse werden weiterhin die regulatorischen Maßnahmen gesehen. 51 Prozent gaben dies bei der Branchenbefragung an. Demgegenüber bereitet nur acht Prozent die Nachfrageentwicklung Sorge. Bezüglich der rechtlichen Rahmenbedingungen erläuterte Urban Windelen zum Schluss noch die verschiedenen Baustellen. Allen voran ist da die Novelle des EnWG zu nennen. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zu „active custimer“ erfolge damit nicht. Es fehle weiterhin an einer adäquaten Definition für Energiespeicher und auch das Recht auf Multi-Use-Anwendungen sei immer noch nicht final festgeschrieben. Letzteres ist auch Teil der Diskussion in einem möglichen Reparatur-EEG.
Dabei seien Speicher wichtig für den Erfolg der Energiewende. „Ohne Energiespeicher fehlt der Energiewende was. Das wird zunehmend offenbar“, sagte Windelen. Die technische Entwicklung sei weit fortgeschritten und verschiedene Technologien für alle Sektoren stünden zum Einsatz bereit. „Jetzt müssen nur endlich die regulatorischen Bremsen gelöst werden. Insbesondere wenn wir die heimische technische Exzellenz und hohe Wertschöpfung der Branche in Deutschland und Europa sichern und unterstützen wollen“, so der BVES-Bundesgeschäftsführer.
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