Flexible Tarife als Schlüssel für die Energiewende 4.0

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In der vergangenen Woche hat das Bundeskabinett die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) beschlossen. Sie übersetzt die 2019 reformierte EU-Strombinnenmarkt-Richtlinie, die eigentlich bis Ende 2020 umgesetzt hätte sein müssen, in nationales Recht. Um die Marktposition von Verbraucherinnen und Verbrauchern zukünftig zu stärken, wird es beispielsweise detailliertere Vorgaben zum Inhalt von Strom- und Gasrechnungen geben. Außerdem hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, dass Stromlieferanten mit mehr als 200.000 Kunden dynamische Stromtarife anbieten müssen.

Flexible Stromtarife senken Stromkosten

Verbraucher werden durch den Abschluss eines flexiblen Stromtarifs dazu angeregt, ihre Verbräuche in Zeiten günstiger Strompreise zu verlagern und dadurch Geld zu sparen. Dieses netzdienliche Verhalten führt dann beispielsweise dazu, dass das Elektroauto nachts mit günstigem grünem Strom geladen wird.

Bereits seit Ende 2010 werden flexible Angebote wie lastvariable oder tageszeitabhängige Tarife regelmäßig angeboten. Klassisch kennt man diese Tarife beispielsweise im Zusammenhang mit Nachtspeicherheizungen. Dynamische Tarife, auch Spot Tarife genannt, folgen der Börsenstrompreisentwicklung. Stromversorger geben dabei den Großhandelsmarktpreis, den sogenannten Spotpreis, an ihre Endkunden weiter.

Dynamische Stromtarife als kundenzentriertes Angebot

Bisher übernahmen Versorger das Risiko kurzfristiger Preisschwankungen und sicherten sich gegen dieses Risiko durch eine Art Versicherung, das so genannte Hedging, ab. Diese Absicherung wurde gegenüber dem Endkunden eingepreist. Bei dynamischen Tarifen entfällt dieses Risiko. Da die Börsenpreise täglich für den Folgetag veröffentlicht werden, haben sowohl Endverbraucher als auch Versorger volle Transparenz.

Die dynamischen Tarife stärken die Rolle der Verbraucher und sorgen dafür, dass sie sich aktiv mit ihrem Stromverbrauch auseinandersetzen. Die Tarife sind individuell auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten, indem sie auf das persönliche Verhalten reagieren – volle Flexibilität bei vollständiger Transparenz. Damit sind dynamische Tarife ein Schlüsselinstrument, um eine stärkere Kundenzentrierung zu erreichen und die Energiewende vom Kunden herzudenken.

Herausforderungen dynamischer Tarife

Die bislang als dynamische Tarife angepriesenen Stromverträge konnten den Verbrauch aufgrund der fehlenden Smart Meter nicht stundengenau abrechnen, so dass oft Durchschnittswerte angelegt wurden. Der beschleunigte Smart-Meter-Rollout löst diese Herausforderung. Das Einsparpotenzial kann jetzt voll ausgeschöpft werden.

Weiterhin ist die abrechnungs- und energiewirtschaftliche Seite der dynamischen Tarife komplex. Automatisierte Abrechnungssysteme, die große Datenmengen verarbeiten sowie individualisiert und für Kunden verständlich darstellen können, waren in der Energiewirtschaft bis vor kurzem nicht vorhanden.

Startschuss für die Energiewende 4.0

Dynamische Tarife sind ein relevanter Baustein, um die Energiewende intelligenter und gleichzeitig günstiger zu machen. Wer eine Heiz- oder Kühlanlage betreibt, ein Elektroauto oder eine Photovoltaik-Speicher-Kombination besitzt, möchte den Stromverbrauch steuern und dann Strom beziehen, wenn die Preise niedrig sind. Deshalb ist die Möglichkeit, dynamische Tarife anzubieten für Hardware-Hersteller besonders wichtig und interessant.

Die nun verabschiedete gesetzliche Regelung kann dabei erst der Startschuss für weitergreifende Regelungen zum Beispiel hinsichtlich steuerbarer Lasten sein. In der jetzigen Novelle findet sich keine aktualisierte Regelung zum §14a des Energiewirtschaftsgesetztes. Dieser sollte jedoch im Rahmen des Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetzes reformiert werden. An dem Gesetzesentwurf entzündete sich jedoch so starke Kritik, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier den Vorschlag zurückzog.

Die Allianz aus Verbraucherschützern und Automobilindustrie, die gemeinsam ein intelligentes, flexibles und dafür kostengünstiges Laden von Elektroautos forderten, verdeutlicht, dass innovative Regelungen für Industrie und Verbraucher gleichermaßen wertvoll sind. Mobilität und Strom müssen zusammengedacht werden.

Die Sektorenkopplung ist für die Energiewende unabdinglich. Dynamische Stromtarife und flexible Netzentgelte beim Laden von Speichern sind dafür die nächsten Schritte. Eine Flexibilisierung der Netzentgelte sorgt dafür, dass Speicher mehr und mehr grundlastfähig werden und damit das Netz entlasten. Es ist deshalb darauf zu hoffen, dass zukünftige Gesetzesvorschläge im Sinne der Verbraucher ausgestaltet werden.

— Der Autor Christian Chudoba ist CEO von Lumenaza und besitzt mehr als 15 Jahre Führungserfahrung in strategischer Geschäftsentwicklung, Business Development und Marketing. Er entwickelte eine neue Geschäftsidee basierend auf flexibler Software und trieb sie als Start-up in einem Konzern zu einem neuen Geschäftsfeld. In dieser Position betrieb er auch ein strategisches Investment in eine Partner-Firma, die eine Schlüsseltechnologie herstellte. Basierend auf dieser Erfahrung und seinem Interesse an Nachhaltigkeit, die ohne Verzicht einhergeht, treibt er seit Anfang 2013 die Entwicklung von Lumenaza voran. www.lumenaza.de

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