Die Verwendung von Standardlastprofilen: Bei der Anlagenauslegung muss man den Energieverbrauch in dem entsprechenden Objekt berücksichtigen. Am einfachsten erscheint es, auf Standardlastprofile zurückzugreifen. Diese werden von den Verteilnetzbetreibern oder dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zur Verfügung gestellt. Sie bilden den prognostizierten Verbrauch der jeweiligen Verbrauchergruppe ab (zum Beispiel Haushalt, verschiedene Gewerbe oder Landwirtschaftsbetriebe).
Doch da es sich bei Standardlastprofilen um repräsentative Lastprofile handelt, die durch die Mittelung von Verbrauchsprofilen sehr vieler Anlagen entstehen, sind sie für die Auslegung von Eigenverbrauchssystemen nicht geeignet. Außerdem beruhen sie auf Daten, die in einer zeitlichen Auflösung von 15 Minuten erstellt werden. Damit fehlen viele Informationen, die ein reales Lastprofil bietet. So kann man bei einem individuellen Lastprofil schnell taktende Lasten, also Lasten, die über ein schnelles Ein- und Ausschalten gesteuert werden, sehr gut erkennen (siehe Grafik „Individuell erstelltes Haushaltslastprofil“). Das Verbrauchsprofil eines Herdes etwa, der sich intern immer nur für einige Sekunden ein- und dann wieder ausschaltet, lässt sich durch ein Standardlastprofil gar nicht abbilden.
50 Prozent Abweichung
Wichtig: Für den Eigenverbrauch zählt nur die Kilowattstunde, die auch wirklich zeitgleich zur Erzeugung verbraucht wird. In einem einzelnen Haushalt oder Betrieb mit einer PV-Anlage mittelt sich ein taktender Verbrauch nicht heraus, sondern ist für den realen Eigenverbrauch maßgebend. Berechnungen mit realen Last- und Einstrahlungsprofilen zeigen im Vergleich zur Verwendung von Standardlastprofilen Abweichungen von bis zu 50 Prozent. In der Regel wird der Eigenverbrauch bei der Verwendung von Standardlastprofilen stark überschätzt.
Die Messung realer Lastprofile und ihre Simulation: Dementsprechend eignet sich die Messung des individuellen Lastprofils sehr viel besser, um die Lastgänge eines Haushalts exakt zu erfassen. Eine solche Messung ist technisch zwar mit Hilfe geeigneter Messgeräte relativ einfach möglich, in der Umsetzung aber doch sehr aufwendig: Der Messzeitraum darf nicht zu kurz ausfallen und sollte am besten ein Jahr betragen. Ansonsten werden die erheblichen Unterschiede zwischen den Jahreszeiten nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem sollte die zeitliche Auflösung der Messung bei einer Sekunde, mindestens aber bei einer Minute liegen. Für die genaue Planung sind zusätzlich zu den Lastprofilen auch Einstrahlungsprofile für den gleichen Zeitraum und in der gleichen zeitlichen Auflösung notwendig.
Um eine genaue Analyse für eine bestimmte PV-Anlage zu erstellen, können die Daten dann in dafür geeigneten Simulationsumgebungen verwendet werden. Da solche hoch aufgelösten Daten allerdings nur von wenigen Simulationsumgebungen verarbeitet werden, ist man hier auf Programme angewiesen, die in der Solarbranche wenig verbreitet sind, wie zum Beispiel MATLAB Simulink und INSEL. Beide Programme erfordern deutlich mehr Fachkenntnisse im Bereich der Simulation als die gängigen Auslegungsprogramme. Dementsprechend werden solche Simulationen aktuell eigentlich nur von größeren Firmen, Universitäten oder Forschungseinrichtungen durchgeführt. Kleinere Unternehmen und Installateure sind bei der Planung von Eigenverbrauchssystemen also auf Alternativen angewiesen.
Alternativen zur Berechnung des Eigenverbrauchs: Eine unkomplizierte Alternative zur Planung von Eigenverbrauchssystemen bieten Auslegungsprogramme. Die Software Sunny Design von SMA beispielsweise berücksichtigt den natürlichen Eigenverbrauch und in der nächsten Version auch die Integration eines Zwischenspeichers bei der Bestimmung der Quote des Eigenverbrauchs.
Für die Berechnung sind reale Lastprofile hinterlegt, die entsprechend dem Jahresstromverbrauch skaliert werden, so dass der Eigenverbrauch relativ genau abgeschätzt werden kann. Für die Auslegung des Speichersystems ist nicht entscheidend, ob die Spülmaschine im realen Fall genau zum selben Zeitpunkt wie in der verwendeten Datenvorlage eingeschaltet wird (wie zum Beispiel in der Grafik „Individuell erstelltes Haushaltslastprofil“). Entscheidend ist, dass es überhaupt geschieht und dass dann kurz relativ viel Strom verbraucht wird. Fehlabschätzungen sind bei der Planung mit Auslegungsprogrammen zwar auch nicht ganz vermeidbar, da ja das genaue Lastprofil des betreffenden Haushalts nicht bekannt ist. Interne Untersuchungen bei uns im Unternehmen, bei denen Simulationen mit den Daten aus Feldtests verglichen wurden, haben jedoch gezeigt, dass die Abweichung bei diesem Vorgehen bei weniger als zehn Prozent liegt. Damit liefert das Programm ein deutlich genaueres Ergebnis als die Berechnung auf der Basis von Standardlastprofilen. Einige Hersteller – vor allem Hersteller von Speichersystemen – bieten auch Online-Auslegungstools. Hier gibt es durchaus einige gute Tools, die relativ genaue und nachvollziehbare Aussagen liefern können, die Ergebnisse anderer Tools wiederum lassen sich kaum nachvollziehen. Hier hilft im Zweifelsfall nur der Vergleich verschiedener Ergebnisse untereinander.
Anlage berechnen
Koordinatensystem zur Abschätzung der Eigenverbrauchsquote: Eine erste Abschätzung der möglichen Eigenverbrauchsquote in Abhängigkeit von Photovoltaik-Anlagengröße, Speichergröße und Jahresstromverbrauch ermöglicht auch die Grafik „Abschätzung von Eigenverbrauchsquoten“. Für ihre Erstellung wurden über 100 unterschiedliche Systeme mit hoch aufgelösten Einstrahlungs- und Verbrauchsprofilen über ein Jahr simuliert. Das hierfür verwendete Simulationsmodell wurde vorher mit den Ergebnissen verschiedener realer Feldtestanlagen überprüft, optimiert und validiert.
Für die Bestimmung der Eigenverbrauchsquote werden zunächst die X- und Y-Achse mit dem Jahresstromverbrauch multipliziert. Anschließend kann für die geplante PV-Anlagengröße und Batteriegröße direkt die Eigenverbrauchsquote abgelesen werden. Die Ergebnisse sind repräsentativ für Haushalte mit einem Stromverbrauch zwischen 2.500 und 7.000 Kilowattstunden im Jahr.
Fazit: Die individuelle Messung von Lastprofilen und die Simulation von Eigenverbrauchssystemen sind zwarmöglich, aber sehr aufwendig. Dementsprechend sind sie für Auslegungen von Photovoltaikanlagen für Einfamilienhäuser und Anlagen bis zu 40 Kilowatt im Gewerbebereich kaum geeignet. Planer solcher Anlagen sind deshalb auf belastbare Informationen von Herstellern oder Dritten angewiesen. Um die Glaubwürdigkeit von Aussagen besser einschätzen zu können, sollte man sich über Genauigkeit und Herkunft der verwendeten Lastprofile sowie deren zeitliche Auflösung näher informieren. Im Zweifel sind die Ergebnisse unterschiedlicher Stellen miteinander zu vergleichen. Doch selbst bei guten Planungshilfen und Auslegungstools ist mit Fehleinschätzungen von bis zu zehn Prozent zu rechnen. Dies lässt sich kaum vermeiden, da der zukünftige Verbrauch beziehungsweise das Lastprofil eines Haushalts sowie die Einstrahlungsverhältnisse nicht genau bekannt sein können.
Catrin Nähr arbeitet bei SMA Solar Technology im Team Corporate Press, Martin Rothert als Abteilungsleiter des Produktmanagements im Bereich Off-Grid Solutions.
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