Kurz vor Weihnachten hat der Hamburger Senat noch den Weg für die konkrete Umsetzung seiner Photovoltaik-Pflicht frei gemacht. Er verabschiedete eine erste Rechtsverordnung zum Klimaschutzgesetz, in dem die Vorschriften geregelt werden und die zum Jahresanfang in Kraft trat. So wird es ab 1. Januar 2023 eine allgemeine Errichtungs- und Nutzungspflicht für Photovoltaik-Anlagen auf Neubauten geben. Ab 2025 greift diese Vorschrift dann auch für Bestandsgebäude, sofern die Dachhaut vollständig saniert wird. Für die Umsetzung der Photovoltaik-Pflicht könnten sich die Hauseigentümer auch Dritten bedienen, also die Dachflächen verpachten, heißt es vom Hamburger Senat. Eine Mindestgröße der Photovoltaik-Anlagen wird mit dem Klimaschutzgesetz nicht vorgeschrieben.
Es sind zudem Ausnahmen enthalten. In diesen Fällen entfällt die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaik-Anlagen. Dies kann sein, wenn der Bau im Widerspruch zu anderen Vorschriften wie dem Denkmalschutz stehe, technisch unmöglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar sei. Zudem muss keine Photovoltaik-Anlage installiert werden, wenn das Dach bereits weitgehend durch eine Solarthermie-Anlage belegt ist.
„Mit der so ausgestalteten PV-Pflicht hat Hamburg ein gut fundiertes Regelwerk geschaffen, das den notwendigen Ausbau der Solarenergie stimuliert, ohne die Verpflichteten zu überfordern“, erklärte Gerhard Stryi-Hipp, Leiter der Gruppe Smart Cities am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE. Er hatte die Rechtsverordnung begutachtet. Die Hamburger Landesregierung hofft mit der Einführung der Photovoltaik-Pflicht sowie weiterer Vorschriften zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmesektor auch die wirtschaftlichen und konjunkturellen Folgen der Corona-Pandemie abfedern zu können. Damit würden die lokale und regionale Wirtschaft sowie Wertschöpfung gestärkt. Vor allem das Handwerk könne von den Neuregelungen profitieren.
Steiermark plant Photovoltaik-Pflicht im neuen Baugesetz
Im benachbarten Österreich könnte die Steiermark als zweites Bundesland nach Wien in Kürze eine Vorschrift zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf Wohn- und Nichtwohngebäuden verpflichtend vorschreiben. Vor Einigen Tages veröffentlichte die zuständige Landesrätin Ursula Lackner die geplante Novelle für das Baugesetz. Es befindet sich bis zum 29. Januar 2021 in der Konsultation.
„Nach Wien erkennt nun auch die Steiermark den Ernst der Lage. Damit gibt es zwei Bundesländer, die den unausweichlichen Weg der verpflichtenden PV-Anlagenerrichtung gehen“, kommentierte Herbert Paierl, Vorsitzender des Bundesverbands Photovoltaic Austria (PVA) die Vorlage. Die anderen sieben Bundesländer in Österreich müssten umgehend folgen. „Gebäude zu errichten, die Energie und Flächen verbrauchen, aber nicht gleichzeitig zur Sonnenstromproduktion genutzt werden, müssen der Vergangenheit angehören“, ergänzte PVA-Geschäftsführerin Vera Immitzer. Alle Flächen sollten für eine saubere Stromerzeugung genutzt werden.
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Hamburgs PV Pflicht rettet das Weltklima!
Klimaschutz kann nicht Städte oder Ländersache sein, sondern muss Bundessache sein.
In erster Linie schadet ein solch blinder Aktionismus mal wieder denen, die es sich nicht leisten können, z.B. Familien mit Eigentumswunsch.
Die Devise sollte lauten: Anreize, keine Pflichten.
Wenn dee Effekt ausbleibt, sind die Anreize zu gering!
Stand heute von Aktionismus zu reden verkennt den Ernst der Lage.
Hausbau ist eine teure und komplizierte Angelegenheit. Eine PV-Anlage erhöht die Kosten und das zu stemmende Finanzvolumen zunächst mal, egal wie rentabel sie langfristig ist. Von daher werden bloße Anreize in vielen Fällen nicht genügen, auch wenn sie wirtschaftlich noch so sinnvoll sind (ökologisch sowieso). Natürlich könnte man das Finanzierungsproblem beispielsweise durch KfW-Förderung lösen, aber das grundsätzliche Problem bleibt auch dann, dass sich viele Bauherren und -firmen die zusätzliche Komplexität ersparen würden, wenn sie eine Wahl haben.
Von daher führt aus meiner Sicht kein Weg an einer Verpflichtung vorbei.
leider muß man auch anmerken, dass der Bund in Person von Altmaier die Energiewende blockiert und ausbremst wo er kann. Daher ist es Zeit, dass Länder und ggf. auch Städte das Handeln übernehmen. Natürlich wäre eine bundesweite Regelung wünschenswert.
@les2005: bei dem zu stemmende Finanzvolumen schaut die Bank immer, welche Einnahmen und welche Ausgabenpflichten die Kreditnehmer haben. Weil eine PV-Anlage (derzeit) auf einem Einfamilienhaus sehr rentabel ist (sinkende Stromkosten, Einnahmen aus Überschuss-Stromverkauf), steigt das stemmbare Finanzvolumen durch die PV-Anlage mehr, als diese kostet (allerdings nur, sofern beim Bau der PV-Anlage das Gerüst sowieso steht).
Ob es sinnvoll ist, die Leute zu ihrem eigenen Vorteil zu zwingen ist eine andere Frage.
Der Anreiz hat ja im überwiegenden Teil der Fälle nicht funktioniert!
Wir haben gerade mal ca. 2 Mio PV Anlagen, aber bei wievielen (Privat-)Haushalten in D????
Trotzdem sich eine PV Anlage in den allermeisten Fällen immer noch finanziell für den Betreiber -auch im privaten Bereich- rechnet, sind immens viele geeignete Dächer leer geblieben.
Es ist schon ein Armutszeugnis, wenn man die Bevölkerung quasi zwingen muss, sich eine Geldquelle auf das Dach zu setzen, um die dringend notwendige Energiewende zu schaffen.
Wenn es der Bund regeln würde, wäre mir das auch lieber. Aber da hat der massgeblich Verantwortliche gerade wieder einmal bewiesen, dass er mit beiden Beinen fest auf der EE-Bremse steht.
Da haben die Hamburger Verantwortlichen mMn genau richtig reagiert. Wenn es der Bund nicht macht, machen Sie es eben selber! Damit hat Hamburg wenigstens den Anstand, Ihren Einwohnern den Spiegel vorzuhalten.
Natürlich wird Hamburg allein nicht die Welt retten. Das kann keiner alleine!
Aber wenn keiner anfängt, passiert auch nichts und dann gute Nacht für unsere Kinder und Enkelkinder.
Ich würde damit anfangen die letzten 6 AKWs erstmal nicht abzuschalten und mehr CO2 einzusparen als ALLE PV Anlagen zusammen. Zumindest für die nächsten 10 Jahre.
saveger6.de
Prima, dann lagern wir den strahlenden Müll die nächsten paar Jahrtausende bei Ihnen im Keller und alle sind zufrieden! (Ironiemodus AUS)
Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben funktioniert einfach nicht.
Zum Thema Atom und Kosten empfehle ich gern die folgende Lektüre (Kapitel 5.2):
https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik-in-deutschland.pdf
Darin wird überdeutlich, dass wir uns unbedingt am beschlossenen Atomausstieg halten sollten. Alles Andere können wir uns schlicht nicht leisten.
Ich zitiere mal:
„Die Risiken der Atomkraft werden von Fachleuten allerdings so hoch eingeschätzt, dass keine Versicherung oder Rückversicherung der Welt sich zutraut, Policen anzubieten. Eine Studie der Versicherungsforen Leipzig beziffert die Deckungssumme für das Risiko „Super-GAU“ auf 6 Billionen Euro, welche abhängig von der Aufbauperiode dieser Deckungssumme die Kilowattstunde in einer Spanne von rund 0,14 Euro bis 67,30 Euro verteuern würde [VFL]. In Folge „versichert“ im Wesentlichen der Steuerzahler die Atomindustrie.“
Und genau das schlagen Sie also vor?
In Hamburg werden, wie in den anderen Großstädten, exorbitante Renditen mit dem Verkauf von Grundstücken und Wohngebäuden erzielt. Die Nachfrage ist trotz der hohen Preise ungebrochen. Meines Erachtens gehen die Mehrkosten zu Lasten der Rendite und nicht des Käufers.
Schwierig könnte es eher bei der Nachrüstung bestehender Dächer werden. Wenn sich der „kleine“ Eigenheimbesitzer die Dachsanierung nicht mehr leisten kann, weil das Geld für PV fehlt.
@Jörg Hümmer
Das ’sich nicht leisten Können‘ Argument ist hier keines.
Eine PV Anlage auf passabler Ausrichtung und Dachneigung, welche nicht überteuert eingekauft wird, erarbeitet ihre Kosten ganz alleine im Rahmen der gesetzlich garantierten Stromabnahme und EE-Vergütung, inkl. den Kreditzins. Banken finanzieren das gerne, weil 100% sicher. Der Eigenverbrauchsvorteil verbleibt aber beim Betreiber.
Wo die Gegenbenheiten des Daches keine auskömmlichen Erträge ermöglichen wird auch der Zwang zum Bau entfallen. Das kann man heute mit sehr wenig Aufwand sehr sicher über PVGIS oder diverse Software-Tools herausfinden.
Dass der Zwang nur gilt, wenn die wirtschaftlichkeit gegeben ist, wurde hier in einem Beitrag auch bereits beleuchtet, ich finde aber gerade den Artikel nicht mehr. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass auch die Hamburger Verantwortlichen, dass so auch handhaben werden.
Falls nicht, könnte ich den Ärger allerdings nachvollziehen.
Es steht in der Verordnung (und im Artikel), dass die Installation der Photovoltaik-Anlage nur verpflichtend ist, wenn es wirtschaftlich vertretbar ist.
Frage:
Wie groß müssen denn die zu installierenden PV-Anlagen sein bzw. welche Leistung sollen sie denn haben?
Zum Beispiel für ein freistehendes Einfamilienhaus bzw. für ein Reihenhaus? Oder für eine 90-m2-Eigentumswohnung?
Ohne konkrete Zahlenangaben für die mindestens zu installierende Leistung der Solaranlage ist alles nur Larifari.
Schade, dass das Tübinger Modell mit der alternativen Kataster-Pflicht zur Vermietung der Dachfläche oder ähnliches nicht Schule macht.
Wenn die Energiewende an zunehmend erkennbaren Zwangsneurosen scheitert, ist nichts gewonnen.
Ich treffe immer öfter auf den Denkfehler, dass Hausbesitzer reiche Leute sein müssen. Es gibt auch den Fall, dass jemand seinen Lebensabend aus einer Miete bestreiten muss weil er oder sie nicht Rentnberechtigt ist und als Mieter Double Income no Kids hat, die ihren Urlaub auf den Seychellen verbringen.
Deswegen sollten wir dringend auf neue Ideen setzen.
Investitionen und Kosten müssen sowohl für Produzenten als auch für Konsumenten überschaubar und rentabel bleiben.
Wenn die Vergütung weiter sinkt, dann ändert sich auch die Geschwindigkeit der Energiewende.
Momentan wird auf Gesamtkosten optimiert und nicht, ob der Zug zum rechten Zeitpunkt im Bahnhof einfährt.
Wir befinden uns also in einem Dilemma n-ter Ordnung. Wenn jetzt jeder nur auf seiner Seite am Strick zieht, dann reist er irgendwann.
Die Technik ist klar. Wir brauchen nun neue Wege, dass diejenigen zum Zuge kommen, die ein Interesse haben.
Statt Friday for Future auf einer kalten Strasse ein paar Cent in die Zukunft investiert, wäre total uncool aber hätte auch seine Vorzüge, wir brauchen nur die Möglichkeit dazu!
Ich habe mich damals gewundert, als Hamburg die Photovoltaik Pflicht entschieden hat. Persönlich finde ich das gut, kann aber verstehen, dass sich viele Hausbauer daran stören. Ein Freund von mir ist Fachanwalt für Baurecht und er hat viele Fälle, die mit dieser Entscheidung zusammenhängen.