Neue Studie sieht große Vorteile von grünem Wasserstoff aus heimischer Produktion gegenüber Importen

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Die im vergangenen Juni von der Bundesregierung vorgelegte Nationale Wasserstoffstrategie setzt, zumindest kurz- und mittelfristig, stark auf Importe. Ist das wirklich der richtige Weg? Oder sollte nicht vielmehr die heimische Erzeugung von grünem Wasserstoff stärker forciert werden? Fragen wie diese haben jetzt Experten von Wuppertal Institut und DIW Econ in einer Studie untersucht. Das Resümee: Es trifft nicht zu, dass importierter Wasserstoff allgemein günstiger ist, entscheidend sind je nach Herkunftsland die tatsächlich realisierbaren Strom- und Transportkosten.

Wird der grüne Wasserstoff stattdessen im eigenen Land produziert, wird dies zudem eine positive Beschäftigungswirkung und Wertschöpfung entfalten, heißt es in der vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) in Auftrag gegebenen Studie. Mit der Erreichung der Klimaziele 2050 beträgt die zusätzliche Wertschöpfung bis zu 30 Milliarden Euro im Jahr 2050 – unter der Voraussetzung, dass der Wasserstoff-Bedarf zu 90 Prozent aus heimischer Produktion gedeckt wird. Insgesamt bis zu 800.000 Arbeitsplätze könnten in diesem Fall geschaffen werden.

Auch eine im vergangenen Frühjahr veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE kommt zu dem Ergebnis, dass grüner Wasserstoff „made in Germany“ Vorteile gegenüber Importen haben kann. Optimalerweise sollten 60 bis 70 Prozent des 2050 benötigten Wasserstoffs in Deutschland produziert werden, 30 bis 40 Prozent importiert.

Die Fraunhofer-Forscher erwarten, dass der Wasserstoff im Jahr 2050 für zwölf Cent pro Kilowattstunde importiert werden kann. Wie teuer wiederum die Herstellungskosten in Deutschland sind, hängt entscheidend von den Stromkosten ab. Wenn zum Beispiel Erzeugungspeaks genutzt werden, die sonst abgeregelt werden, ist die Wasserstofferzeugung vergleichsweise günstig. Wenn extra Erzeugungsanlagen gebaut werden müssen, um mehr grünen Wasserstoff zu produzieren, liegen die Kosten höher. Darüber hinaus verweisen die Wissenschaftler darauf, dass die heimische Produktion weitere Vorteile bietet – etwa die Bereitstellung von Flexibilität für das Energiesystem.

Autoren sehen Gefahr der „verschleppten Energiewende“ in den Produktionsländern

Die neue Studie von Wuppertal Institut und DIW Econ zeigt auch, dass Wasserstoffimporte via Schiffstransport ökonomisch oftmals nicht sinnvoll sind, da diese eine energieintensive Verflüssigung voraussetzen. Die Kosten für den Transport per Schiff sind drei Mal so hoch wie beim Transport per Pipeline. Sie rechnen sich erst ab 4000 km Entfernung zum Produktionsland.

Ebenso geht aus der Studie hervor, dass Importe in den produzierenden Ländern zu unerwünschten Effekten führen können – zum Beispiel zu einer verschleppten Energiewende, wenn nicht von Anfang an die Transformation des Energiesystems vor Ort mitgedacht wird. Die Folge: Deutschland importiert grünen Wasserstoff, aber im Produktionsland fachen fossile Energieträger weiterhin den Klimawandel an. In Marokko zum Beispiel machen fossile Energieträger derzeit rund 90 Prozent des Primärenergiemix aus. Darüber hinaus sehen die Autoren der Studie die Gefahr, dass wasserstoffnutzende Produktionszweige wie die Stahl- und Chemieindustrie zunehmend dahin abwandern, wo der Wasserstoff produziert wird.

„Aktuell wird zu sehr über die Kosten und zu wenig über die Notwendigkeiten und positiven Effekte der heimischen Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien gesprochen“, meint Frank Merten, Co-Leiter des Forschungsbereichs Systeme und Infrastrukturen in der Abteilung Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal Institut und Projektkoordinator der Studie. „Wir brauchen sie als flexibles Speicherelement für die Integration von erneuerbarem Strom sowie als Grundlage für die Dekarbonisierung der heimischen Schwerindustrie. Dadurch bieten sich für Deutschland große Chancen, sich als Vorreiter und Spezialist auf dem künftigen Weltmarkt für grünen Wasserstoff zu positionieren.“

Co-Autor Yann Girard, Manager beim DIW Econ, betont, dass die heimische Produktion von grünem Wasserstoff mit Blick auf Wertschöpfung und Beschäftigung ein enormes volkswirtschaftliches Potenzial habe. Das sollte bei der Entscheidung, wie viel Wasserstoff aus dem Ausland importiert wird, nicht außer Acht gelassen werden.

„Die Bundesregierung muss die Blockaden lösen und entsprechende Anreize setzen, um die entsprechende Zahl von Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff, die Infrastruktur und vor allem ausreichend Strom aus Erneuerbaren Energien im eigenen Land zu erzeugen“, fordert Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE).

 

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