EEG-Novelle: Bundesrat, Verbände und Grüne setzen Bundesregierung unter Druck

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Einen Tag vor der ersten Lesung der EEG-Novelle im Bundestag lassen Verbände und die Grünen kein gutes Haar am Entwurf der Bundesregierung. Sie sei längst nicht ambitioniert genug, um den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden, lautet der gemeinsame Nenner der Kritiker. Bestätigt werden sie vom Bundesrat: Die Länderkammer verlangt in einer Ausschussempfehlung zahlreiche Änderungen. Auch die SPD rückt vom gemeinsam mit der Union im Kabinett verabschiedeten Entwurf ab. Fraktionsvize Matthias Miersch hat im Namen seiner Fraktion ein Grobkonzept für eine Novelle vorgelegt, die weit über die der Regierung hinausgeht. Darin enthalten ist eine Solarpflicht für private Neubauten und öffentliche Gebäude.

Ein zentraler Kritikpunkt des Bundesrates ist die Annahme der Bundesregierung, der Stromverbrauch werde 2030 bei 580 Terawattstunden und damit auf ähnlichem Niveau wie heute liegen. Aus dieser Annahme leitet das Bundeswirtschaftsministerium den nötigen Ausbaupfad für die Erneuerbaren ab. Der Verbrauch ist aber viel zu niedrig angesetzt, meint der Bundesrat – er geht davon aus, dass der Bedarf aufgrund der Sektorkopplung und der Elektrifizierung von industriellen Fertigungsprozessen auf bis zu 750 Terawattstunden ansteigen könnte.

Um das Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren in der Stromerzeugung bis 2030 einhalten zu können, muss der Ausbau der deutlich gesteigert werden, meint der Bundesrat – bei der Photovoltaik auf durchschnittlich zehn Gigawatt und bei der Windenergie an Land auf fünf Gigawatt pro Jahr. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) unterstützt diesen Vorschlag. „Der Bundestag muss hier der Stimme aus den Ländern folgen und den unzureichenden Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Altmaier klimapolitisch ambitioniert nachbessern“, erklärt Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Auch die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF) setzt in ihrer Kritik am Regierungsentwurf bei der Energienachfrage an. So moniert der Verband, dass die Novelle die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen behindere oder gar bestrafe. Das betreffe etwa die reduzierte EEG-Umlage für besonders energieintensive Unternehmen. Die so genannte besondere Ausgleichsregelung im EEG ist so gestaltet, dass ihnen ein Verlust der Privilegierung droht, wenn sie Effizienzmaßnahmen umsetzen. Sinkt die Stromkostenintensität unter eine bestimmte, harte Schwelle, fallen sie aus der Regelung heraus. Die volle EEG-Umlage wiegt dann weit schwerer als mögliche Stromkosteneinsparungen. Daher schrecken viele Unternehmen vor Maßnahmen zurück, durch die der Stromverbrauch stark sinken könnte.

Die DENEFF empfiehlt, das Problem jetzt durch eine Auffanglösung zu beseitigen, sodass Stromeffizienz nicht mehr zu einem Verlust der Begünstigung führt. „Die Energiewende wackelt gefährlich, wenn die Bundesregierung die Säulen Angebot und Nachfrage nicht zusammendenkt“, erklärt Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF. „Wir hoffen, dass der Bundestag einschreitet und endlich dafür sorgt, dass Unternehmen auch im EEG wieder zu effizienter Energienutzung motiviert werden.“

Die Grünen sehen die EEG-Novelle als Beleg dafür, dass die Bundesregierung an der Aufgabe Klimaschutz scheitert. „Im Gegensatz zu den Minimalplanungen des Wirtschaftsministers ist klimapolitisch mindestens doppelt so viel neue Wind- und Solarenergie pro Jahr notwendig“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter und der energiepolitischen Fraktionssprecherin Julia Verlinden. Das riesige Interesse an Solarausschreibungen zeige, dass eine Ausbauoffensive der Erneuerbaren möglich wäre, um klimaschädlichen Kohlekraftwerke zu ersetzen und Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und Wasserstoffproduktion mit sauberem Strom zu versorgen.

„Auch bei der Beteiligung mauert die Regierung. Viele wollen bei der Energiewende mitmachen und investieren, aber die Koalition erschwert das an allen Fronten“, so Hofreiter und Verlinden. Bei der direkten Nutzung der Solarenergie vom eigenen Dach bleibe der Entwurf der Regierung deutlich hinter den Vorgaben der EU für bessere Bürgerbeteiligung zurück. Beim Mieterstrom halte die Regierung bürokratische Hürden aufrecht. „So kommt die Energiewende insbesondere in den Städten nicht voran.“

Verband der Deutschen Energiehändler gegen Förderung von Post-EEG-Anlagen

Ebenso kritisieren die Grünen, dass es im Regierungsentwurf an Regelungen fehle, die einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb von Post-EEG-Anlagen ermöglicht. Der Verband Deutscher Energiehändler EFET hält dagegen nichts davon, diese Altanlagen weiter zu fördern. „Die Anlagenbetreiber hatten angesichts des klaren Zeithorizonts von 20-jähriger Förderung ausreichend Zeit, sich auf das Ende der Förderung einzustellen. Zugleich gibt es innovative und wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle, die einen marktlichen Weiterbetrieb sicherstellen. Diese dürfen nicht abgewürgt werden“, erklärt EFET-Geschäftsführerin Barbara Lempp.

Die Nutzung von Power Purchase Agreements auf Basis des EFET-Standardvertrags CPPA sei nur ein erfolgreiches Beispiel, das in anderen europäischen Ländern schon längst Schule gemacht hat. „Deutschland sollte hier keinen Sonderweg einschlagen. Die Politik hat seit Jahren ausdrücklich eine vollständige Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren gefordert! Nun ist die Chance, diesen Weg auch zu gehen“, kritisiert Lempp. Fraglich sei auch, ob solch eine Weiterförderung überhaupt europarechtlich zulässig wäre. Die EU-Beihilfe-Leitlinien sehen vor, dass eine Förderung nur bis zur vollständigen Abschreibung der Anlagen gewährt werden darf.

Die zusätzliche Unterstützung, die zur Debatte steht, werde gerade von den Endverbrauchern bezahlt, die von Covid-19 betroffen sind. Die Verlagerung auf diese ist nach Ansicht von  EFET nicht sachgerecht. Zudem haben sich die Spotmarktpreise bereits wieder erholt und das Vor-Covid-19-Niveau erreicht.

 

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