Greenpeace-Studie: Atomkraft hat Deutschland bisher mehr als eine Billion Euro gekostet

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Im Herbst 1955 stieg Deutschland in die zivile Nutzung der Atomenergie ein. Seither sind mit staatlicher Förderung mehr als 100 Atomanlagen in Betrieb gegangen – kommerziell genutzte AKWs, Forschungsreaktoren und Lager für radioaktiven Müll. Greenpeace Energy hat das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) beauftragt, die dadurch verursachten Kosten zu ermitteln. Das Ergebnis: Die gesamtgesellschaftlichen Kosten werden auf mehr als eine Billion Euro geschätzt. In dieser Summe sind staatliche Förderungen, Verkaufspreise für den Atomstrom sowie externe Kosten enthalten. „Kein anderer Energieträger hat so hohe Kosten verursacht wie die riskante Atomkraft, die auch nach 65 Jahren höchst unwirtschaftlich ist“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.

Die in der Studie ermittelten Förderungen und staatlichen Ausgaben belaufen sich auf 287 Milliarden Euro (siehe Grafik). Erfasst wurden dabei Finanzhilfen, Forschungsausgaben oder Steuervergünstigungen, aber auch Vorteile für Atomkonzerne durch den Emissionshandel oder eigene Rückstellungen. Weitere neun Milliarden Euro entfallen der Studie zufolge auf sonstige staatliche Kosten, etwa für Polizeieinsätze bei Castor-Transporten oder für von der Bundesrepublik übernommene Atom-Folgekosten als staatlicher Nachfolger der DDR. Allein zwischen 2017 und 2019 hat das FÖS gesamtgesellschaftliche Kosten für Atomenergie von bis zu 533 Milliarden Euro ermittelt. Hochgerechnet auf den Zeitraum ab 1955 sei selbst bei konservativen Annahmen davon auszugehen, dass die Grenze von einer Billion Euro deutlich überschritten wurde, heißt es weiter.

Anders als bei erneuerbaren Energien werden diese Kosten nicht auf die Stromverbraucher umgelegt. „Ein Großteil dieser Kosten war im Strompreis nie enthalten, weshalb Atomenergie fälschlicherweise als kostengünstige Stromquelle galt“, so Tangermann weiter. Die AKW-Betreiber hätten zudem auch die externen Kosten auf die Gesellschaft abwälzen können, etwa das Risiko von Störfällen. Bis 2022 will Deutschland aus der Atomkraft aussteigen. Doch auch danach werden noch weitere Kosten anfallen, etwa für die noch ungelöste Endlagerung oder die weiterlaufende Produktion von Atombrennstoffen. Konkret absehbar sind dem FÖS zufolge bereits Kosten von mindestens sieben Milliarden Euro, die nicht durch die AKW-Betreiber gedeckt würden. Noch ungewiss dagegen, sei die Höhe der künftigen Beitragszahlungen an die internationale Atom-Organisation. „Weitere staatliche Ausgaben könnten hinzukommen – vor allem, wenn der 2017 eingerichtete Atomfonds nicht ausreicht, um die Kosten für ein künftiges Endlager zu decken“, sagt Studienleiterin Swantje Fiedler vom FÖS.

Es gibt Befürchtungen, dass Deutschland einen erneuten Ausstieg aus dem Atomausstieg vollziehen könnte. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung diese Geisterdebatte endlich mit einer klaren Ansage beendet, denn sie dient nur dazu, erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie zu diskreditieren und echten Klimaschutz zu verlangsamen“, sagte Tangermann dazu. Ein Weiterbetrieb bestehender AKW über das Jahr 2022 hinaus würde nicht nur die ohnehin ungelöste Endlagerung aufgrund zusätzlicher Atommüll-Mengen, sondern zudem zeitgemäße sicherheitstechnische Nachrüstungen alter AKWs nötig machen, heißt es in der Studie. Greenpeace Energy fordert auf Basis der Zahlen von der Bundesregierung, den Atomausstieg konsequenter als bisher umzusetzen. Neben der Abschaltung alles AKWs bis 2022 sollte Deutschland auch vertragliche Verpflichtungen zugunsten der Atomindustrie in der jetzigen Form zu beenden.

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