pv magazine award an Maxsolar: Ökostrom statt Lärm

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Anfänglich hat es unter den alteingesessenen Neuöttingern große Bedenken gegeben, dass eine fünf Meter hohe Lärmschutzwand das Ortsbild zu stark verändern könnte. Sie war aber notwendig, da die zulässige Lautstärke im angrenzenden Neubaugebiet um bis zu acht Dezibel überschritten wurde. Jetzt sei die Resonanz äußerst positiv. Bürgermeister Peter Haugeneder fasst das in blumige Worte: „Vor allem die Verknüpfung von Notwendigem mit dem Sinnvollen wurde von der Bevölkerung sehr begrüßt.“

Damals musste schnell eine „intelligente Lösung“ her, und die fanden die Firmen Kohlauer, Spezialist für Lärmschutzkonzepte, und Maxsolar, ein Projektierer und EPC für Photovoltaik-Anlagen. Kohlauer schlug ein Konzept für eine Lärmschutzwand aus vormontierten Elementen mit integrierten Spezial-Solarmodulen vor. Das würde helfen, die höheren Bau- kosten für die Lärmschutzwand mit den Einnahmen aus der Photovoltaik-Anlage zu refinanzieren.

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pv magazine award

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Preis für gute Ideen: In der Märzrunde haben drei Einreichungen die Juroren überzeugt.

Seit der letzten Runde im November bewarben sich neun Unternehmen. Drei Bewerbungen haben die Juroren Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, Hans Urban, Berater im Auftrag der Schletter Gruppe, und Winfried Wahl, Senior Manager RRC power solutions, in dieser Runde besonders überzeugt.

Maxsolar – Lärmschutz mit Photovoltaik

Lärmschutzwände sind sinnvoll und noch besser, wenn sie Solarstrom produzieren. Maxsolar hat zusammen mit seinen Kooperationspartnern gezeigt, dass sich gut aussehende standardisierte Lösungen entwickeln lassen, die nur wenig mehr kosten als Standard-Lärmschutzwände und gleichzeitig Einnahmen erwirtschaften. Nach Ansicht ist der Jury ist das eine hervorragende Photovoltaik-Anwendung mit dem Potenzial auf eine weitere Verbreitung. Daher erhält Maxsolar den pv magazine award „top business model“

Bisherige Preisträger

Bisher haben Sun Culture, Solartechnik Mitteldeutschland, Africa Green Tec, ­Greenergetic, die Energiegenossenschaft Egis, Buzzn – the people power, DGS-Franken, Mobisol, das Grünstromwerk, DZ-4 und Suntility den Preis in der Kategorie „top business model“ gewonnen. PVplug, Aquion, Ownworld, Ubitricity, RES, Laudeley Betriebstechnik, Strombank, Endreß & Widmann, E3/DC und Qinous wurden mit dem Preis in der Kategorie „top innovation“ ausgezeichnet.

Mehr Informationen zu den Kriterien, zu den bisherigen Preisträgern, zu den Juroren und alles Nötige, falls Sie sich bewerben wollen, finden Siehier.

Der nächste Einsendeschluss ist am 19. April

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Die Unternehmen haben für das Projekt ein Fertigbausystem mit standardisierten und vormontierten Elementen aus Acrylglas und einem patentierten Gitterdämmsystem entwickelt, das teilweise mit Solarmodulen verbunden ist. Dies hat den Vorteil, dass die Lärmschutzwand vor Ort in einem Zusammensteckverfahren schnell errichtet werden kann und die Elemente zukünftig auch in anderen Projekten eingesetzt werden können. Zwar existieren schon Lärmschutzwände aus Beton, auf denen nachträglich Solarmodule angebracht wurden. „Eine Lärmschutzwand aus einem vorgefertigten System mit integrierter Photovoltaik gibt es in dieser Größenordnung bisher aber noch nicht“, sagt Christoph Strasser, Vertriebsleiter von Maxsolar. Dafür zeichnet die Jury die Lösung mit dem pv magazine award in der Kategorie „top business model“ aus.

Zweieinhalb Jahre dauerte die Entwicklung. Im Sommer 2016 rollten dann die Bagger. Auf 234 Meter Länge wurden Fundament und Betonsockel gegossen. Im Abstand von vier Metern wurden darauf Tragpfosten aus T-Trägern angebracht, zwischen denen die einzelnen Segmente eingeschoben werden. Die Pfosten haben eine Neigung von fünf Grad, damit sie etwas mehr Sonnenlicht einfangen.

Die Wand ist fünf Meter hoch und in drei Zonen aufgeteilt. In der Zone eins, ganz unten, ruht das akustisch wirksame Gitterdämmsystem. Die zweite Zone beginnt in 1,28 Meter Höhe. Sie besteht aus 1,50 Meter hohen, durchsichtigen Acrylglas- Elementen, die den Anwohnern Durchblick gewähren. Zone drei enthält die Photovoltaik. Zwischen den Pfosten werden auf der sonnenzugewandten Seite zwei Photovoltaik-Elemente mit je zwei Modulen eingeschoben, auf deren Rückseite das Lärmschutz-Gitterdämmsystem angebracht ist. Den oberen Abschluss bildet der Kabelkanal. Nach Aussage von Christoph Strasser dauert es mit dem System noch eine Woche, 500 Meter Lärmschutzwand mit den speziell integrierten Solarmodulen aufzubauen.

Ökonomisch gut machbar

Der Maxsolar-Vertriebsleiter erwartet, dass die Anlage mit knapp 65 Kilowatt Leistung jährlich rund 58.000 Kilowattstunden Strom produziert, obwohl die Module fast senkrecht montiert sind. Den Betrieb übernimmt die Energiegenossenschaft Inn-Salzach (Egis), die die Elemente der Zone drei als Investor finanzierte. Als Gegenleistung für die Übernahme der Kosten ist die Nutzung der Lärmschutzwand für die Photovoltaik-Anlage entgeltfrei. Die Montessori-Schule im Ort nimmt derzeit 66 Prozent des Stroms ab, sodass sich im Vergleich zur reinen Einspeisevergütung etwas höhere Erträge erzielen lassen. „Damit können solche Lärmschutzwände Renditen von vier bis sechs Prozent erzielen“, sagt Pascal Land von der Egis.

Der Lärmschutzexperte Reinhard Kohlauer sieht daher mit dem neuen Konzept eigentlich einen Zukunftsmarkt, beklagt sich aber über die Mutlosigkeit der Entscheidungsträger in manchen Kommunen. Es sei einfach, Lärmschutzwände mit Photovoltaik aufzuwerten. „Doch in Deutschland blockieren meist Behörden das Photovoltaik-Schallschutz-Konzept, sei es aus Unwissenheit oder aus der Pflicht, dem billigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen“, sagt er. Die Angst vor zusätzlichen Kosten sei hoch, aber unbegründet. Der Bau einer Lärmschutzwand mit integrierter Photovoltaik, wie sie in Neuötting realisiert wurde, sei nämlich nur 15 Prozent teurer als der einer herkömmlichen Lärmschutzwand ohne Photovoltaik. Hinzu kommen allerdings noch die Investitionskosten für die Photovoltaik-Anlage. Die Gemeinde Neuöttingen profitierte davon, dass Egis die Kosten dafür übernahm. Grundsätzlich sei es möglich, die anfallen- den Mehrkosten mithilfe der Photovoltaik-Anlage über die Jahre zu refinanzieren, meint Christoph Strasser. (Carl Johannes Muth)

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