Die Bundesregierung plant, entweder am 20. oder am 27. Mai die nationale Wasserstoffstrategie zu verabschieden. Das hätte schon Ende letzten Jahres geschehen sollen. Doch zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft auf der einen und denen für Umwelt sowie für Bildung und Forschung auf der anderen Seite gab es in wichtigen Fragen unterschiedliche Positionen, was die Verabschiedung der Strategie verzögert hat. Ein zentraler Streitpunkt: Soll Deutschland künftig allein auf grünen Wasserstoff setzen? Oder aber, zumindest für eine Übergangsphase, zusätzlich auch auf blauen? Nun hat sich Energiewirtschaftliche Institut an der Kölner Universität (EWI) in dieser Frage zu Wort gemeldet – die Wissenschaftler plädieren für Technologieneutralität.
Grüner Wasserstoff stammt aus Elektrolyseuren, die mit Ökostrom betrieben werden. Blauer Wasserstoff wird dagegen aus Erdgas gewonnen. Das dabei entstehende Kohlendioxid wird abgeschieden und in unterirdischen Felsformationen gelagert. Damit kann es nicht in die Atmosphäre gelangen. Auch türkiser Wasserstoff stammt aus Erdgas. Er wird mithilfe einer Methanpyrolyse produziert, bei der aber kein gasförmiges Kohlendioxid, sondern fester Kohlenstoff anfällt, das so genannte Carbon Black. Das Material kann von der Industrie genutzt werden, etwa im Beton- oder Straßenbau. Alternativ lässt es sich ohne Aufwand endlagern.
pv magazine Titelthema Wasserstoff
Es gibt eine einfache Lösung für das Problem, das das EWI sieht, ohne dass die CO2-Verluste bei der Erdgasförderung und die Probleme bei der CO2-Speicherung den Klimawandel weiter anheizen: ein stärkerer Ausbau der Erneuerbaren.
In der Märzausgabe von pv magazine mit Schwerpunkt Wasserstoff finden Sie unter anderem einen Artikel dazu. Forscher des Fraunhoder ISE haben das kostengünstigste Energiewende-Szenario berechnet, das auch Wasserstoff berücksichtigt. Die Forscher rechnen aus, wie schnell Photovoltaik und Windkraft dafür ausgebaut werden können, wie viel Wasserstoff hierzulande grün produziert werden kann und wie viel sinnvollerweise importiert werden sollte.
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Die EWI-Forscher verweisen darauf, dass die Produktion von grünem Wasserstoff große Mengen an Strom aus erneuerbaren Energiequellen erfordert. Damit konkurriert die Wasserstoffelektrolyse unmittelbar mit alternativen Dekarbonisierungsoptionen, wie beispielsweise der Elektrifizierung des Industrie-, Verkehrs- oder Wärmesektors, um Solar- und Windstrom. Zugleich verläuft der Zubau an Photovoltaik- und Windkraft-Leistung zu langsam, um wie vorgesehen 2030 insgesamt 65 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen decken zu können.
Ein weiteres Problem liegt den Forschern zufolge darin, dass grüner Wasserstoff unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht wirtschaftlich ist. „Beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft lässt sich daher das altbekannte ‚Henne-Ei-Problem‘ beobachten: Die Anreize für potenzielle Erzeuger, etwa in Wasserstoff-Elektrolyseure zu investieren, sind aufgrund geringer Nachfrage und folglich niedriger Zahlungsbereitschaft für den CO2-neutralen Wasserstoff nicht ausreichend“, erklären die EWI-Forscher Simon Schulte und David Schlund. Gleichzeitig fehlten möglichen Endverbrauchern und Nachfragern Angebotsdiversität und die Sicherheit, dass ausreichend Wasserstoffmengen zu bezahlbaren Preisen bereitgestellt werden können. Zwischen Erzeugung und Verbrauch hingen außerdem die Anreize für den Infrastrukturauf- und -ausbau von Angebot und Nachfrage ab.
„Um das Henne-Ei-Problem zu lösen – oder zumindest abzumildern –, bieten sich zunächst alle drei Herstellungstechnologien zur Initiierung einer Wasserstoffwirtschaft an“, argumentieren Schulte und Schlund. Aufgrund günstigerer Erzeugungskosten hätten insbesondere blauer (kurz- bis mittelfristig) und türkiser Wasserstoff (mittelfristig) das Potenzial, konventionell hergestellten Wasserstoff – der derzeit noch große Mengen an CO2-Emissionen verursacht – in großem Stil zu verdrängen und gleichzeitig neue Nachfragesektoren zu erschließen. „Parallel dazu können durch Forschung und Entwicklung sowie Reallabore die Kosten der grünen Wasserstoffherstellung gesenkt werden, so dass dieser langfristig auch ohne Förderung im Markt bestehen kann“, so die EWI-Forscher.
Zeitgleich könne durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sichergestellt werden, dass langfristig ausreichend Strom für die Elektrifizierung von Endverbrauchssektoren und zusätzliche Strommengen für die Wasserelektrolyse zur Verfügung stehen.
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hat schon mal jemand der Entscheidungsträger oder Meinungsbildner darüber nachgedacht, dass der grüne Wasserstoff nicht mit der Elektrifizierung des Industrie-, Verkehrs- oder Wärmesektors etc. konkurrieren, sondern viel mehr die umweltschädlichen Akkus ersetzen soll. Zumindest beim Verkehr ist das politische Drängen auf Elektrizität durch die teils recht großen Akkus ohnehin nicht umweltfreundlich. Da wäre eine Brennstoffzelle bei Elektrofahrzeugen oder das direkte Verbrennen im Verbrennungsmotor doch viel sauberer.
Ich habe das Gefühl, dass beim „Elektroverkehr“, außer vielleicht bei Kurzstrecke, E-Bikes…, zu kurz gedacht wird. Oder es soll die Wirtschaft angekurbelt werden. Also zuerst mal sollen alle Elektroautos kaufen, die werden dann später wegen der Akkus als umweltschädlich eingestuft und dann soll wieder alles abgewrackt und Wasserstoffautos gekauft werden.
Mit Verlaub aber da sind Sie auf dem Irrweg denn ziemlich genau das Gegenteil ist der Fall:
H2 wird für die Umsetzung der Energiewende benötigt, um das Angebot der volatilen erneuerbaren Erzeuger an die Nachfrage anzupassen. Für kurzzeitige Lastverschiebung eigen sich Batterien, wie sie heute schon immer mehr anzutreffen sind (Quartierspeicher) und bereits heute bis auf Hunderte MWh hochskaliert werden.
Für längerfristige Speicherung bietet sich H2 (und weiterführend CH4) an, welches in vorhandener Infrastruktur verteilt und wie gewohnt genutzt oder aber auch rückverstromt werden kann.
Für stationäre Anwendungen können Brennstoffzellen mit höherem Wirkungsgrad als in PKWs eingesetzt werden, was den Wirkungsgrad durch die zweimalige Umwandlung nicht so vermindert wie die im PKW eingesetzten PEM-Brennstoffzellen.
H2 im PKW ist eine Verschwendung mit unzählichgen Nachteilen und nur ganz wenigen vrmeintlichen Vorteilen (für den Nutzer!). Es gliche einem Schildbürgerstreich!
Wo konkret sehen Sie solch unüberwindliche Probleme bei Batterien (die nebenbei gesagt in rasendem Tempo günstiger & besser werden), als dass Sie die mit vielen Nachteilen belegte Brennstoffzelle im PKW vorziehen würden?
Mir erschließt sich leider nicht, wie der Aufbau einer Infrastruktur, die über Chemische Prozesse Wasserstoff aus Gas herstellt, Margeneffekte für Elektrolyseure bringen soll. Ehrlich ist der Artikel wenigstens in dem Punkt, dass diese Chemischen Prozesse „billigeren“ Wasserstoff bereitstellen.
Grundsätzlich kann ich diesen Artikel nur als Versuch ansehen, unter dem Deckmantel der “ Technologieneutralität“ der Gaswirtschaft den Markt der Wasserstofferzeugung zu sichern und uns heimlich auch noch CCS unterzujubeln.
Was wir benötigen ist keine Wasserstoffwirtschaft sondern eine ökologische Versorgungsstruktur, in der grüner Wasserstoff eine Teilkomponente ist.
Hallo Herr Falb-Forsthuber
wenn das so lange dauert mit der Umstellung von H2 herstellen zu H2 in Strom umwandeln, dann muss das halt für „längerfristige“ Speicherungen des überschüssigen Stromes herhalten. Aber da wird ja bestimmt weiter geforscht wie auch in der Umweltfreundlichen Batterieherstellung /-recycling.
OK, bei den Batterien sehe ich die Probleme z.Zt. noch in der teils umweltschädlichen Herstellung (Rohstoffgewinnung in Chile…) wie auch im Recycling, das ja meines Wissens noch nicht funktioniert.
Wenn man den Studien glauben darf, ist ja bei größeren PKWs mit entsprechend großen Batterien ein Verbrenner für die Umwelt besser, dann halt Verbrenner und kein Umweg über H2.
Hallo Ludger Körner!
Hier – https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2017/Die_Kosten_synthetischer_Brenn-_und_Kraftstoffe_bis_2050/Agora_SynCost-Studie_WEB.pdf – finden Sie auf Seite 12 den Wirkungsgradvergleich der klar belegt dass Brennstoffzellen, zumindest für PKW, nicht geeignet sind. Übrigens gibt es im www jede Menge solcher Vergleichstabellen die im Prinzip das gleiche Ergebnis liefern.
Hier wird gerade der unsinnige Begriff von „Technologieoffenheit“ der deutschen Autobauer für die Wasserstoffindustrie auf „Technologieneutralität“ umbenannt.
Immer wieder das Argument Akkurecycling. Aber ob diese Techniken überhaupt funktionieren fragt niemand nach – „Blauer Wasserstoff wird dagegen aus Erdgas gewonnen. Das dabei entstehende Kohlendioxid wird abgeschieden und in unterirdischen Felsformationen gelagert. Damit kann es nicht in die Atmosphäre gelangen. Auch türkiser Wasserstoff stammt aus Erdgas. Er wird mithilfe einer Methanpyrolyse produziert, bei der aber kein gasförmiges Kohlendioxid, sondern fester Kohlenstoff anfällt, das so genannte Carbon Black“. Zumindest hinterfragungswürdig.
Hier – https://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article193054623/Das-zweite-Leben-der-Batterie.html?utm_source=Newsletter+%7C+Elektroauto-News.net&utm_campaign=0537453db9-Mail_from_09102017_COPY_01&utm_medium=email&utm_term=0_a13cad7d1b-0537453db9-146052589 – einer von vielen Berichten zu Akku-Recycling und, ganz wichtig!, Second-Life.
Übrigens haben die Verbrennungsmotorbauer das Abgasproblem in beinahe 150 Jahren nicht in den Griff bekommen und das wird auch nichts mehr.
Die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff in Deutschland ist angesichts des unterirdischen Wirkungsgrads ein schlimme Verschwendung von Grünstrom und ein Paradebeispiel für Ineffizienz !
Grünstrom ist zu schade um ihn in Elektrolyseuren zu verschwenden.
Was für einen Sinn die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas haben soll hat sich mir überhaupt noch nie erschlossen.
Die Welt muss wegkommen von fossilen Energien und Ressourcenverschwendung.
Dies funktioniert nur mit Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.
Man sieht an diesen Meinungsäußerungen eigentlich ganz klar, was derzeit fehlt: Ein ausreichender CO2-Preis und der Ausbau der erneuerbaren Energien.
Könnte man Solarstrom in Deutschland ohne EEG-Förderung gewinnen, dann aber auch ohne EEG-Umlage verbrauchen, wäre schon viel gewonnen.
Bei einem entsprechenden CO2-Preis würde es vielleicht auch einen zeitweiligen Markt geben, bei dem aus Erdgas gewonnenen H2 den überschüssigen Kohlenstoff mit carbon capture & sequestration anzufangen. Nachdem schon heute sehr viel H2 aus Erdgas gewonnen wird, kann damFür irgendwelche Subventionen dieser Prozesse gibt es gar keinen Anlass.
Korrektur: Nachdem schon heute sehr viel H2 aus Erdgas gewonnen wird, kann damit (CCS) sofort angefangen werden.