Die Kapazitäten im Baugewerbe sind trotz Corona-Krise stabil und die Praxis zeigt, dass Bauvorhaben umgesetzt werden, die Zahl der Baugenehmigungen ist hoch. Es ist immens wichtig, den Blick auf die Zeit nach Corona zu richten, denn die Klimakrise bleibt akut. Banken wie die KfW-Förderbank halten an ihren Förderprodukten für die Errichtung energieeffizienter Gebäude fest und so sichern sich kluge Bauherren gerade zinsgünstige Kreditfinanzierungen und Tilgungszuschüsse für klimaschonende Neubauten.
Die KfW-Fördermöglichkeiten
Bei KfW 153 (Energieeffizient Bauen) zum Beispiel handelt es sich um ein Darlehen zu niedrigen Zinsen in Höhe von bis zu 120.000 Euro pro Wohneinheit und, besonders attraktiv, Tilgungszuschüsse von bis zu 30.000 Euro, ebenfalls pro Wohneinheit. Die genauen Konditionen hängen dabei vom Energiestandard ab: Es kommen die Effizienzhaus-Standards 40, 40+ und 55 infrage. Hier gilt, je niedriger die Zahl, desto besser die Energieeffizienz, denn umso geringer ist der Energiebedarf. Gleichzeitig steigt die Förderung: Für ein KfW-Effizienzhaus 40 gibt es mehr Förderung als für ein KfW-Energieeffizienzhaus 55. Im Rahmen dieser Förderlogik der KfW steht die Referenzzahl 100 dafür, dass ein Neubau die Anforderungen der EnEV in Bezug auf den Primärenergiebedarf komplett erfüllt. Bei einem KfW-Effizienzhaus 40 werden diese Vorgaben um 60 Prozent unterschritten. Die effizienten Neubauten verbrauchen entsprechend ihres Standards nur wenig Energie, schonen fossile Ressourcen und tragen zur Senkung der CO2-Emissionen bei.
Stromversorgung durch Photovoltaik spielt eine zentrale Rolle
Bei den KfW-Standards steht neben Wärmeeinsparungen, die durch Dämmung und nachhaltige Heiztechnologien erreicht werden, auch die Nachhaltigkeit der Stromversorgung im Fokus. Das gilt vor allem für den höchsten Standard namens 40+, bei dem die Installation einer Photovoltaik-Anlage Pflicht ist. Im Mehrfamilienhaus wird eine Photovoltaik-Anlage zum Mieterstrom-Modell, bei dem der auf dem eigenen Dach erzeugte Strom direkt an die Bewohner im Haus geliefert wird. Um Mieterstrom umzusetzen und die sogenannte Kundenanlage zu betreiben, muss folgendes beachtet werden:
- die Umsetzung des Messkonzepts inklusive Bereitstellung der Messtechnik.
- die Belieferung der Hausbewohner mit Solarstrom sowie Einspeisung des überschüssigen Stroms in das öffentliche Stromnetz.
- die Visualisierung der Ertrags- und Verbrauchsdaten sowie Abrechnung der Verbräuche im Haus.
Der Immobilienbesitzer müsste dementsprechend ein eigenes Unternehmen gründen und die Pflichten eines Energielieferanten erfüllen, um den Mietern den Strom zu verkaufen. Die Abrechnung der Energieflüsse beinhaltet des Weiteren Pflichten wie die Anmeldung im Marktstammdatenregister, jährliche Meldungen an den Verteilnetzbetreiber, das Abführen der Stromsteuer an das Hauptzollamt für die Reststrommengen – um nur einen Teil zu nennen. Die eigenständige Ausführung von Mieterstrom beziehungsweise die eigenständige Erfüllung der Vorgaben des KfW 40+ Standards ist für private Bauherren mit komplexen Anforderungen verbunden und höchst anspruchsvoll. Es bräuchte schließlich einen Dienstleister, der sich als zwischengeschaltetes Bindeglied um die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen kümmert.
Der einfache Weg – ein Dienstleister
Der private Bauherr T. Wachinger aus Ingolstadt suchte 2019 online nach einem Mieterstromanbieter, mit dem er gemeinsam die Auflagen einer KfW40+ Förderung erfüllen könne. Ende Mai 2019 beauftragte er uns mit der Installation sowie Betrieb seiner 15 Kilowatt-Anlage für sein Sieben-Parteien-Gebäude inklusive digitaler Zählertechnologie. Wir installierten digitale Zählertechnologie, Smart Meter, um die KfW40+-Auflage der Visualisierung der Stromflüsse ebenfalls mit abzudecken. Als nachhaltige Heiztechnologie wählte er eine Wärmepumpe, die ebenfalls mit Solarstrom aus der Photovoltaik-Anlage versorgt wird.
Seit der Fertigstellung des KfW40+ geförderten Neubaus im September 2019 sind alle sieben Wohnungen bezogen worden, und alle Mieter entschieden sich für uns als Energieversorger. Auch der Allgemeinstrom, also für zum Beispiel für Flur- und Außenbeleuchtung, wird mit Solarstrom versorgt sowie Ökostrom aus dem Netz, wenn die Sonne nicht oder nicht genügend scheint.
Thomas W. sicherte sich mit der Photovoltaik-Anlage auf seinem Neubau, der Wärmepumpe sowie dem Betrieb der Anlage, dem Stromverkauf durch uns als lizensierten Energieversorger eine Förderung für sein Effizienzgebäude nach KfW40+-Standard. Außerdem wurde für seine Mietern eine einfache Möglichkeit geschaffen, günstigen Solarstrom und transparente Abrechnungen zu beziehen. Die Umwelt ist dabei ohnehin ein Gewinner. Für ihn kamen Kosten für unsere Dienstleistung inklusive der Photovoltaik-Anlage von in etwa 20.000 Euro zustande, die sich nach 14 Jahren amortisieren, da wir ihm für den Betrieb der Anlage eine Pacht zahlen.
Damit wurde ein Mehrparteiengebäude geschaffen, das seit Inbetriebnahme der Photovoltaik-Anlage knapp 10.000 Kilowattstunden sauberen Solarstrom erzeugt hat und das Gebäude zu 25 Prozent energetisch autark macht. Am anderen Ende Deutschlands plant Hamburg als erstes Bundesland eine Photovoltaik-Pflicht für Neubauten ab 2023 – warum dann also nicht einfach und mit wenig eigenem Aufwand direkt nach KfW-Standard bauen und attraktive Förderungen durch zwischengeschaltete Dienstleister sichern?
— Die Autorin Laura Kirst kuratiert den Bereich Kommunikation beim Kölner Energieversorger Einhundert Energie GmbH (www.einhundert-energie.de). Seit fast Stunde 0 begleitet sie den digitalen Mieterstromanbieter vom ersten Pilotprojekt bis zu heutigen Großkunden 4 der größten 10 Wohnungsbaugesellschaften, um die Energiewende in Städten und Ballungszentren voranzutreiben. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Die 10.000 kWh wären in der Anlage auch ohne Mieterstromsubvention erzeugt und anteilig verbraucht worden. Die Allgemeinheit hätte nur nicht noch 3,5 ct/kWh zusätzliche Subvention für den Selbstverbrauch aufbringen müssen. Mieterstrom ist ausschliesslich eine Subventionserhöhung, völlig ohne volkswirtschaftlichen Gesamtnutzen, ganz im Gegenteil. Da hier eine externe Firma den Strom produziert und verkauft, fällt sogar EEG-Umlage in voller Höhe für den Allgemeinstrom und den Strombezug der Eigentümer an, der sonst nur mit 40% belastet worden wäre, denn nun ist sämtlicher Verbrauch dort Lieferung an Dritte. Wenn allerdings Mieterstrom der Weg ist, um 30.000,– € pro Wohneinheit geschenkt zu bekommen, dann muss man halt mehr machen als andere, die auch auf diese Subvention durch die Allgemeinheit, verzichten.
Grüße Sie und vielen Dank für Ihr Interesse an dem Thema.
Es ist jedoch so, dass die Mieterstromförderung ist keine Zusatzförderung ist. Sie war dazu gedacht, die Tatsache auszugleichen, dass bei Mieterstromprojekten keine Befreiung der EEG-Umlage erfolgt. Warum diese Befreiung Mieterstromobjekten nicht gestattet wird, ist für die Marktakteure unklar.
Da die Mieterstromförderung der Degression der EEG-Einspeisevergütung unterliegt, ist sie mittlerweile wesentlich niedriger als 3,5 ct/kWh. In diesem Projekt liegt sie besipielsweise bei unter 1,95 ct/kWh.
Das heißt: Anstelle einer EEG-Umlagebefreiung von 60%, bei welcher die Einnahmen für die öffentlichen Behörden um rund 4 ct/kWh niedriger gewesen wären, werden für dieses Projekt unter 1,85 ct/kWh ausgezahlt. Somit spart die Allgemeinheit über 50% ein im Gegensatz zu einer Logik, in welcher Eigenverbrauch angemeldet worden wäre.
Darüber hinaus hätte sich an diesem Sachverhalt nichts geändert, wenn der Eigentümer das Projekt selber umgesetzt hätte. Solange die Mieter vom günstigen Strom profitieren sollen und teilnehmen dürfen, gilt der beschrieben Sachverhalt. Eigenverbrauch hätte der Eigentümer bestenfalls für die hier verbaute Wärmepumpe anmelden können.
Im Ergebnis ermöglichen wir hier als Dienstleister, trotz regulatorischer Benachteiligung (= keine EEG-Umlagebefreiung bei der Versorgung von Mietern) kostengünstigen Strom vor Ort bereitzustellen. Dem Eigentümer wäre dies angesichts der Komplexität des Modells sonst nie möglich gewesen.
In der Tat würden wir jedoch eine Gleichstellung von Mieterstrom mit Eigenverbrauch und damit auch den Wegfall der Meiterstromförderung sehr begrüßen. Angesichts des Verfalls der EEG-Einspeisevergütung beträgt die Mieterstromförderung in vielen aktuellen Projekten nämlich 0.
Ich hoffe, ich konnte mit dieser Erläuterung ein wenig helfen?
Sonnige Grüße,
Laura Kirst